Die neue Initiative „Deutschland zahlt digital“, über die unter anderem die Commerzbank berichtet, ist keine „Initiative“, sondern ein Kartell. Es besteht aus Commerzbank (Commerz Globalpay), Deutsche Bank, Volks- und Raiffeisenbanken (VR Pay), Mastercard, Visa, Flatpay, Unzer und SumUp. Weitere Kartellmitglieder sind ausdrücklich willkommen. Ziel ist die Verdrängung des Konkurrenten Bargeld und der Bargelddienstleister durch Dumpingpreise. Ob es ein legales Kartell ist, vermag ich nicht zu beurteilen, aber mir erscheint es rechtlich fragwürdig.
Die Kartellmitglieder bieten kleinen Händlern und Unternehmen mit bis zu 50.000 Euro jährlichem Umsatz mit Digitalzahlungen die kostenlose Installation eines Zahlungsterminals und ein Jahr lang dessen gebührenfreie Nutzung und Kostenfreiheit für alle Transaktionen.
Die Kartellmitglieder nehmen Verluste in Kauf, damit Händler einen Anreiz bekommen, ihre Kunden anzuhalten, statt mit Bargeld digital zu bezahlen. Denn Bargeld verursacht Kosten, die zwar für kleine Händler oft niedriger sind als die Kosten für digitale Zahlungen, aber eben nicht null. Das erfüllt die gängige Definition von ruinösem Wettbewerb oder Verdrängungswettbewerb:
„Bezeichnung für ein Marktverhalten von Unternehmen, vor allem auf Märkten mit wenigen, relativ großen Anbietern, bei dem versucht wird, einen oder mehrere Wettbewerber durch Angebote zu Preisen unter den Selbstkosten und ohne Rücksicht auf eigene Verluste vom Markt zu verdrängen.“
Zu Preiskartellen erfährt man im Duden:
„vertragliche Vereinbarung zwischen rechtlich selbstständigen Unternehmen gleicher Produktions- oder Handelsstufe zur Festlegung von Einheits- oder Mindestpreisen für ihre Erzeugnisse und Bestimmung einheitlicher Lieferungs- und Zahlungsbedingungen (z. B. Verkaufsrabatte im Rabattkartell). Die Bildung von Preiskartellen verstößt gegen das Kartellgesetz.“
Zwei Mitglieder dieses Rabattkartells, Visa und Mastercard, sind übrigens treibende Kräfte in der Better Than Cash Alliance, einer Koalition aus Regierungen, Finanz- und IT-Konzernen, die weltweit das Bargeld zurückdrängen will. Sie wird von der Bundesregierung mitfinanziert.
Vielleicht wirft das Bundeskartellamt ja mal einen Blick auf das neue Rabattkartell dominierender Anbieter auf dem deutschen Zahlungsmarkt. Die Bundesbank jedenfalls scheint sich nicht sonderlich für das Treiben ihrer Schützlinge zu interessieren, denn diese sind …
Mitglieder des Bargeldforums der Bundesbank
Commerzbank und Deutsche Bank sind als maßgebliche Mitglieder im Bundesverband Deutscher Banken im Nationalen Bargeldforum der Deutschen Bundesbank vertreten, ebenso wie die Volks- und Raiffeisenbanken über ihren Verband. Das Bargeldforum ist ein im Februar 2024 gegründeter Gesprächskreis, der ein bis zwei Mal im Jahr tagt.
Hauptziel des Forums ist laut Bundesbank „der Erhalt des Bargelds als kostengünstiges und weit verbreitetes Zahlungsmittel in Deutschland.“ Das sei wichtig, weil den Bürgern die Bargeldoption wichtig sei, und nötig, weil durch den Rückgang der Barzahlungen über kurz oder lang die breite Akzeptanz von Bargeld gefährdet sein könnte.
Wie hart Bundesbank, Deutsche Bank und Co. im Forum um den Erhalt des Bargelds ringen, zeigt das Protokoll der zweiten Sitzung des Forums im November 2024. Zum Kernthema „Zugang, Attraktivität und Akzeptanz von Bargeld“ wurde beschlossen:
„Als Ergebnis der Tätigkeit der Arbeitsgruppe 2 wird das Logo und die Landing Page [Eingangsnetzseite] des Nationalen Bargeldforums vorgestellt. Die Veröffentlichung der Webseite wird für den 27. November 2024 vereinbart. Eine Presseerklärung dazu wird durch die Deutsche Bundesbank erarbeitet. Alle Mitglieder werden gebeten, die Landing Page über die gesamte Medienlandschaft bekannt zu machen.“
Sonst nichts. Auf der angesprochenen Netzseite (Landing Page) des Nationalen Bargeldforums findet man eine Videobotschaft zum (angeblichen) Zweck des Bargeldforums, sowie „Wissenswertes rund ums Bargeld“.
Fazit
Offenkundig dient das Nationale Bargeldforum der Bundesbank nur als Alibi, um auf echte Maßnahmen zum Schutz des Bargelds verzichten zu können, wie das Aufstellen von Geldautomaten durch die Notenbank in Österreich, oder ein Recht auf Barzahlung wie in Schweden und Norwegen. Den Teilnehmern dient sie als Deckung, hinter der sie ungehindert von der Bundesbank ihre Aktivitäten zur Verdrängung des Bargelds vorantreiben können. Die Europäische Zentralbank hat schon etwas früher eine nicht minder heuchlerische Arbeitsgruppe zum Schutz des Bargelds eingerichtet, dominiert von Banken und Zahlungsdienstleistern, die intensiv an der Verdrängung des Bargelds arbeiten. Vertreter der Bargeldbranche haben sich daraus verabschiedet, weil die Aktivitäten der Banken zur Bargeldverdrängung kein Thema sein durften.