So täuscht man mit Umfragen: Bioethanolverband stellt überwältigende Unterstützung in der Bevölkerung fest

Knapp 70 Prozent der befragten EU-Bürger sind für den verstärkten Einsatz von Biokraftstoffen aus Ackerpflanzen. Das behauptet der Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe)in einer Presseerklärung. Die Umfrage bei immerhin gut 11.000 Teilnehmern ist als Schulbeispiel dafür geeignet, wie man mit sehr einfachen Mitteln eine Umfrage massiv verfälschen und so die Öffentlichkeit täuschen kann. Trau keiner Umfrage, bei der Du nicht mindestens alle Fragen gelesen und deren Reihenfolge festgestellt hast!

Der überraschend hohe Zustimmungswert kommt zustande, indem die Teilnehmer zunächst – getarnt als Frage – über die (angeblichen) Vorteile von Biokraftstoffen aufgeklärt werden. „Welches der folgenden sind Ihrer Meinung nach Vorteile von Biokraftstoffen …?“ lautet die Frage. Hätte ein neutraler Wissenschaftler die Umfrage gestaltet, und nicht ein Interessenverband, wäre diese manipulative „Frage“ unterblieben oder mindestens ergänzt worden um einen zweiten Teil, der etwa lauten würde: „… bzw. welches der folgenden sind Ihrer Meinung nach Nachteile …?“

Wetten dass, wenn dort die Aussage zur Auswahl gestanden hätte:

„Wenn Ackerflächen in großem Maßstab für die Produktion von Ackerpflanzen für Treibstoff belegt werden, bleibt weniger Fläche für die Nahrungsmittelproduktion und die Preise von Nahrungsmitteln steigen, mit der Folge einer zunehmenden Anzahl von Hungertoten und von unterernährten Kindern“,

dann wäre die Unterstützung ganz erheblich geringer ausgefallen.

Die Tatsache, dass in Deutschland nur 61 Prozent für den verstärkten Einsatz waren, werten die Lobbyisten als Beleg für mangelnde Aufklärung über die Vorteile. Das Gegenteil dürfte zutreffen. Denn in Deutschland gab es eine kritische Diskussion um den Einsatz von Biokraftstoffen. Den Deutschen dürften daher die von den Umfrageorganisatoren unterschlagenen Nachteile von Biokraftstoffen etwas besser bekannt sein als Bürgern anderer Länder, wo es diese breite öffentliche Diskussion nicht gab.  [27.2.17]

 

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