Die Vollversion des Beitrags ist auf Bargeldverbot.info erschienen. Ich will hier eine Kurzfassung bieten, mit einigen kleinen Ergänzungen durch mich, markiert durch Einschluss in //. Dabei will ich mich – anders als in der Vollversion – auf bundesweit antretende Parteien beschränken.
Die Fragen zum Wahlprüfstein lauteten:
- Befürworten Sie Maßnahmen, die sicherstellen, dass in allen Cafés, Restaurants, Hotels, Schwimmbädern und Läden des Einzelhandels bar bezahlt werden kann?
- Befürworten Sie Maßnahmen, die sicherstellen, dass wieder alle Menschen in Behördenangelegenheiten bar bezahlen können (etwa auf Bürgerämtern, bei Kfz-Stellen)?
- Setzen Sie sich dafür ein, dass der Bürger im Nah- und Fernverkehr die Möglichkeit behält, am Ort des Fahrtantritts oder im Verkehrsmittel ein Ticket gegen Bargeld zu erwerben?
- Setzen Sie sich dafür ein, die finanzielle Benachteiligung von Barzahlern im Nah- und Fernverkehr zu stoppen?
- Inzwischen empfindet mehr als jeder siebte Bundesbürger den Zugang zu Bargeld als schwierig oder sehr schwierig. Wird Ihre Partei Maßnahmen ergreifen, damit der Bürger an genügend Orten Bargeld in ausreichender Menge beziehen kann?
- Soll jeder Inhaber eines Girokontos Anspruch auf kostenlosen Zugang zu Bargeld in Wohnortnähe besitzen, gestaltet als gesetzliches Freikontingent von vier Auszahlungen im Monat?
- Wird Ihre Partei Maßnahmen ergreifen, um eine preiswerte Versorgung der Unternehmen des Einzelhandels mit Bargelddienstleistungen sicherzustellen?
- Setzen Sie sich dafür ein, dass die Bundesbank alle vorhandenen Standorte aufrechterhält?
- Das EU-Recht zwingt Deutschland, in den kommenden Jahren eine Barzahlungsobergrenze einzuführen. Das Verbot kann bei 500 Euro ansetzen wie heute in Griechenland, darf aber nicht lockerer sein als 10.000 Euro. Lehnt Ihre Partei eine Bargeldobergrenze unter 10.000 Euro ab?
Von Union, SPD und Grünen kam eine bemerkenswerte Absage. Sie teilten mit, die Generalsekretäre von Union, SPD, Grünen, FDP und Linke hätten gemeinsam beschlossen, nur einer kleinen Gruppe von (wohlmeinenden) Organisationen Fragen zu Wahlprüfsteinen zu beantworten. FDP und Linke hielten sich, was den Bargeld-Wahlprüfstein angeht, aber nicht an diese Vereinbarung und antworteten auf die Fragen von von Holst. .
Viele der kleinen Parteien hatten – anders als die mit viel Steuergeld ausgestatteten großen Altparteien – Zeit, die Fragen zu beantworten. Um Union, SPD und Grüne sich nicht wegstehlen zu lassen, beurteilte von Holst deren Haltung zum Bargeld anhand ihrer Worte und vor allem Taten.
Zusammenfassend ergibt sich folgendes Ergebnis:
- Union, SPD,und Grüne sind bargeldfeindlich,
- die FDP ist zwiespältig, die Linke ebenso,
- AfD, BSW und viele der Kleinparteien sind bargeldfreundlich eingestellt
Die bargeldfeindlichen Altparteien
CDU/CSU
Die Union ist selten um wohlklingende Worte zugunsten der Barzahler verlegen. Besonders gilt das für die CSU. Der Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern in Bayern ist der erste in Deutschland, in dem sich Parteien darauf verständigen, die Akzeptanz und Verfügbarkeit von Bargeld zu erhalten. Konkrete Maßnahmen wurden aber bisher nicht ergriffen. Im Wahlprogramm der Union heißt es, man wolle, dass jeder selbst entscheiden könne, wie er „bei Geschäften des Alltags“ bezahle. //Man beachte die Verleugnung der Tatsache, dass den Bürgern die Entscheidung mit Bargeld zu bezahlen von Seiten der staatlichen Regulierer immer schwerer gemacht wird. Denn diese machen es für Banken und Geschäfte immer aufwändiger, mit Bargeld umzugehen und staatliche Stellen verweigern immer öfter die Annahme von Bargeld.//
Ein CSU-Politiker versorgte als Entwicklungshilfeminister die Better Than Cash Alliance zwischen 2016 und 2021 aus seinem Etat mit Millionenzuschüssen. Dabei handelt es sich um eine internationale Allianz von US-Regierung, IT-Branche und Finanzbranche, die ausdrücklich die weltweite Zurückdrängung des Bargelds betreibt. //Aus der Selbstbeschreibung: „Die Better Than Cash Alliance ist eine Partnerschaft von Regierungen, Unternehmen und Internationalen Organisationen, die den Übergang von Bargeld zu verantwortlungsvollen digitalen Zahlungsverfahren beschleunigt.“//
Der damalige CDU-Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble forderte 2016 von der EU-Kommission, eine EU-weite Bargeldobergrenze zu prüfen. Diese wurde inzwischen zur Norm. In meinem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof um das Recht auf Barzahlung hoheitlicher Abgaben, hat sich die schwarz-rote Bundesregierung 2020 mit geradezu absurden Argumenten auf den Standpunkt gestellt, der Staat dürfe die Annahme des gesetzlichen Zahlungsmittels nach Belieben ausschließen.//
CDU/CSU stimmten im Bundestag 2021 für ein zusammen mit der SPD initiiertes Gesetz, das Nahverkehrsunternehmen Ablehnung von Bargeld im Verkehrsmittel und an den Haltestellen ausdrücklich erlaubt. CDU/CSU stimmten 2021 gegen einen FDP-Antrag, mit dem die (CDU-geführte) Bundesregierung aufgefordert wurde, sich auf EU-Ebene gegen Bargeldobergrenzen einzusetzen und ein Gesetz zur Sicherstellung eingeführtder Bargeldakzeptanz bei staatlichen Stellen vorzulegen. Im EU-Parlament stimmten die Abgeordneten der CDU im April 2024 für die „Geldwäscheverordnung“. Das Gesetz zwingt die EU-Länder dazu, bis im Jahr 2027 eine Bargeldobergrenze einzuführen, die nicht oberhalb von 10.000 Euro liegen darf.
SPD
Die SPD macht etwas weniger Hehl aus ihrer Bargeldfeindlichkeit als die Union. Das Einzige, was sich im „Regierungsprogramm der SPD für die Bundestagswahl 2025“ zu Bargeld findet, ist, dass es gelte, Umsatzsteuerbetrug vor allem in bargeldintensiven Branchen weiter zurückzudrängen. Ihre Bundestagsfraktion hat schon 2016 eine Barzahlungsobergrenze von 5000 Euro und eine Abschaffung des 500-Euro-Scheins gefordert (bald darauf von der Zentralbank beschlossen). Sie beschloss wie erwähnt mit der Union 2021 eine Gesetzesänderung, die Nahverkehrsunternehmen die Nichtannahme von Bargeld erlaubt. Die Förderung der Better Than Cash Alliance mit deutschem Steuergeld wurde unter einer SPD-Ministerin nahtlos fortgesetzt.
Derzeit verhandelt SPD-Finanzminister Jörg Kukies, ehemals Goldman Sachs, mit seinen Amtskollegen auf EU-Ebene über die geplante EU-Bargeld-Verordnung. Der digitale Euro, an dem auf EU-Ebene derzeit gearbeitet wird, soll neben Bargeld zum zweiten gesetzlichen Zahlungsmittel werden. Für Banknoten und Münzen sieht die EU-Kommission keinen strikten Annahmezwang im Einzelhandel vor, beim digitalen Euro jedoch soll es ihn geben. Wie von Holst von einem an den vertraulichen Verhandlungen Beteiligten erfahren hat, tritt die Bundesregierung dabei entschieden als Gegnerin einer Annahmepflicht für Bargeld auf, während sie den vorgesehenen Annahmezwang für den digitalen Euro befürwortet. //Die Tatsache, dass das Finanzministerium nicht einmal eine Richtungsaussage dazu machen will, wie es zu einer Bargeldannahmeverpflichtung steht, stützt die Aussage der anonymen Quelle.//
Grüne
Auch die Grünen machen wenig Hehl aus ihrer Bargeldfeindlichkeit. In ihrem „Regierungsprogramm 2025“ heißt es, man wolle bargeldloses Bezahlen einfacher und günstiger machen. Im Bundestag stimmten sie 2021 für das Gesetz der schwarz-roten Bundesregierung, das Nahverkehrsunternehmen die Abschaffung von Bargeld erlaubt. Im EU-Parlament stimmten die Grünen im April 2024 für eine EU-weite Bargeldobergrenze von 10.000 Euro. Sie müssen sich auch das derzeitige Eintreten der Bundesregierung gegen eine Bargeld-Annahmeverpflichtung auf EU-Ebene anrechnen lassen.
FDP
Die FDP redet und agiert sehr zwiespältig. Sie hat die Fragen zum Bargeld beantwortet. Danach betrachtet sie Unternehmer und Verbraucher als Marktteilnehmer auf Augenhöhe. Ihnen solle freigestellt bleiben, welche Bezahlmethoden sie miteinander vereinbaren. Das gelte auch beim Ticketverkauf durch Nah- und Fernverkehrsunternehmen. Sollte sich der Trend verstärken, dass Bürger den Zugang zu Bargeld als schwierig empfinden, und sollte die Bargeldversorgung tatsächlich abnehmen, müssten geeignete Maßnahmen geprüft werden. Man mache von den Ergebnissen des Nationalen Bargeldforums der Bundesbank abhängig, ob politische Schritte erforderlich seien. Wenn der Rückzug der Bundesbank aus der Fläche eine Verschlechterung der Bargeldversorgung nach sich ziehe, müsse die Bundesbank dies angehen. Eine Obergrenze für Bargeld habe man immer abgelehnt.
Die FDP beantragte 2021 in der Opposition, die Bundesregierung möge sich auf EU-Ebene gegen eine Bargeldobergrenze einsetzen. Außerdem solle sie ein Gesetz vorlegen, um öffentliche Stellen auf die Akzeptanz von Bargeld zu verpflichten. Im EU-Parlament stimmte die FDP allerdings mit Enthaltung, als die große Mehrheit der Abgeordneten im April 2024 für eine EU-weite Bargeldobergrenze votierte. Nach Aussage von FDP-Finanzminister Christian Lindner hat Deutschland sich im EU-Ministerrat auf sein Betreiben hin enthalten. Eine Rolle für das Ergebnis spielte das nicht.
Andererseits trieb ab Herbst 2021 ein FDP-Digital- und Verkehrsminister Digitalzwang und Bargeldabschaffung massiv voran. Sein Ministerium fördert Verkehrsbetriebe und -verbünde, die Barzahlung abschaffen. Die Bahn, für die er zuständig ist, beschloss, die Bahncard nur noch digital und zum bargeldlosen Erwerb verfügbar zu machen. Sparpreistickets wurden aus den Automaten genommen. Da ausgerechnet er nach dem Ende der Ampel als Parteiloser im Amt gehalten wurde, muss sich der SPD-Kanzler dessen massiv gegen das Bargeld und die Privatsphäre gerichtetes Handeln zurechnen lassen.
Linke
Die Linke antwortete wohlklingend, aber ohne die konkreten Maßnahmen, nach denen gefragt wurde, explizit zu unterstützen. Barzahlung müsse selbstverständlich möglich und seine Verfügbarkeit flächendeckend gegeben sein. In Dörfern und Bahnhöfen wolle man soziale und kulturelle Zentren schaffen, in denen auch Bargeld angeboten werden würde. Selbstverständlich sollte man am Bahnhof oder im Zug »ein günstiges Ticket auch in bar bekommen« können. Die Linke verlange einen kostenlosen Nahverkehr und bis dahin müsse jedermann unkompliziert ein Ticket erhalten. Ein Recht auf anonymes Bezahlen bei kleineren Beträgen“ gehöre ins Gesetz.
Im EU-Parlament stimmten die Abgeordneten der Linken für die Barzahlungsobergrenze. //Während der Regierungsbeteiligung der Linken im Berliner Senat wurde dort die Barzahlungsmöglichkeit in Bussen abgeschafft.//
Regierungsparteien in Land, Kreis und Kommune
//Alle etablierten Parteien müssen sich die um sich greifende Bargeldverweigerung auf Ämtern und in öffentlichen Einrichtungen von Kommunen und Landkreisen anrechnen lassen, denn dort regieren in aller Regel Union, SPD, Grüne, FDP und Linke. Beschlüsse der Parteiführungen, die sich gegen so etwas aussprechen, gibt es nicht. Keine der Bundestagsparteien störte sich 2019/2020 daran, dass die IT-Lobby beauftragt wurde, mit einer „Studie“ und einer Anhörung von handverlesenen, bargeldfeindlichen Experten die Abgeordneten auf eine „Welt ohne Bargeld“ vorzubereiten und einzuschwören.//
Die neueren und kleinen Parteien
AfD
Die Alternative für Deutschland spricht sich in ihrer Antwort für einen Bargeld-Annahmezwang aus – mit wenigen Ausnahmen, etwa im virtuellen Online-Handel. Dass staatliche Stellen Bargeld annehmen sollten, stehe sogar im Wahlprogramm. Man befürworte auch die Akzeptanz im Nah- und Fernverkehr. Vorschriften für Banken, wie die Bargeldversorgung der Bürger und Unternehmen auszusehen hat, lehnt die Partei dagegen ab. Die Nachfrage nach Bargeld solle das Angebot an Bargelddienstleistungen herstellen. Für eine rege Nachfrage brauche es den Anreiz, Bargeld zu nutzen. Das sei nicht gegeben, wenn Kartenzahler durch Rabatte belohnt würden. Im Moment benachteilige der Staat das Bargeld durch bestimmte Regulationen oder Maßnahmen. Barzahlungsobergrenzen lehnt die AfD ab.
Im Bundestag hat die AfD in den vergangenen Jahren bargeldfreundliche Vorschläge eingebracht. 2019: Die Bereitstellung von Bargeld durch die Sparkassen explizit ins Kreditwesengesetz schreiben, sowie einen grundgesetzlichen Schutz der Bargeldnutzung. 2023: Eine Aufforderung an die Bundesregierung, die Finanzierung der Better Than Cash Alliance zu unterlassen. Ende 2024: Eine Aufforderung an die Bundesregierung, sich angesichts der Inflation gegenüber der Europäischen Zentralbank für die Wiedereinführung des 500-Euro-Scheins und die Neueinführung eines Tausenders einzusetzen. Die AfD stimmte 2021 gegen das Gesetz, das den Nahverkehrsunternehmen die Abschaffung des Bargelds explizit erlaubte. Die AfD unterstützte 2021 einen FDP-Antrag, mit dem die Bundesregierung unter anderem aufgefordert worden wäre, ein Gesetz für strikte Bargeldannahme durch öffentliche Stellen vorzulegen.
BSW
Das Bündnis Sahra Wagenknecht teilte mit, die zwingende Akzeptanz von Bargeld „bei normalen Alltagstransaktionen“ sei wichtig. Sonst würden bestimmte Bevölkerungsgruppen vom Zahlungssystem ausgeschlossen und „die Marktmacht der digitalen Oligopolisten“ würde gestärkt. Bei staatlichen Stellen müsse die Akzeptanz von Bargeld immer gegeben sein und grundsätzlich auch im Nah- und Fernverkehr, und zwar ohne Diskriminierung von Barzahlern (zum Beispiel durch Vorenthalten von Rabatten). Politische Maßnahmen für eine gute Bargeldversorgung von Bürgern und Unternehmen unterstützt die Partei. Zu Bargeldobergrenzen gebe es noch keine Position innerhalb der Partei.
//Im Bundestagswahlprogramm des BSW heißt es, die Möglichkeit, Bargeld zu nutzen, sei wichtig für den Erhalt unserer finanziellen und allgemeinen Privatsphäre und ein selbstbestimmtes Leben. „Wir wollen das Bargeld erhalten und Einschränkungen seiner Nutzung zurücknehmen.“ Deshalb dränge das BSW auf ein Gesetz, das alle deutschen Ämter und Behörden verpflichtet, diskriminierungsfrei Bargeld anzunehmen. Dasselbe solle für alle Unternehmen gelten, die in öffentlichem Auftrag Dienstleistungen erbringen. Im europäischen Rahmen sollte die Bundesregierung sich dafür einsetzen, dass Restriktionen für den Gebrauch von Bargeld wieder gelockert werden und Bargeldnutzer nicht mehr schon bei bescheidenen Summen unter Generalverdacht gestellt werden.//
Bündnis Deutschland
Die Partei spricht sich gegen Bargeldobergrenzen aus. Das dürfe auch ins Grundgesetz, teilt der Bundesvorsitzende Steffen Große mit. Verpflichtungen aber lehne man als freiheitliche Partei ab. Das betrifft Maßnahmen für eine Akzeptanz von Bargeld in der Wirtschaft und die Bereitstellung von Bargeld durch die Privatbanken.
Freie Wähler
Die Freien Wähler hätten sich immer für den Erhalt von Bargeld ausgesprochen, antwortete die Partei. Sie setze sich für den gleichberechtigten Einsatz von Bargeld als Zahlungsmittel ein. Eine Bargeldobergrenze ist nach Ansicht der Partei der „Einstieg in den Ausstieg aus dem Bargeld“. Man lehne entsprechende Pläne ab. Bei der Abstimmung im EU-Parlament im April 2024 zu einer Bargeldobergrenze stimmte von den beiden gewählten Parteivertretern einer für die Verordnung und einer dagegen. Der bargeldfreundliche Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern in Bayern, hat – wie erwähnt – bisher noch keine konkreten Aktionen gezeitigt.
Resümee
//Unter den Parteien mit Aussicht auf Einzug in den Bundestag sind vor allem die AfD und – mit leichten Abstrichen – das BSW bargeldfreundlich. FDP, Freie Wähler und Linke sind zwiespältig, Union, SPD und Grüne sind ihren Taten nach zu urteilen sehr bargeldfeindlich eingestellt.//
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