Über 100.000 Bürger unterschreiben Petition zum Schutz des Bargelds

9. 01. 2025 | Einem Appell an das EU-Parlament zur bargeldfreundlichen Änderung der geplanten EU-Bargeldverordnung haben sich bereits über 100.000 Menschen aus dem deutschsprachigen Raum angeschlossen. Der Verordnungsentwurf der EU-Kommission sieht nur sehr schwache Maßnahmen zur Bewahrung der Möglichkeit vor, mit Bargeld zu bezahlen. Dagegen soll es einen Zwang für Geschäfte geben, den geplanten digitalen Euro zu akzeptieren.

Der EU-Ministerrat und das EU-Parlament diskutieren derzeit einen Gesetzesvorschlag zur Rolle von Bargeld als Zahlungsmittel. Der Entwurf der EU-Kommission sieht keinen konsequenten Annahmezwang für Bargeld vor. Stattdessen würden die Euroländer verpflichtet, den Umfang der Ablehnung von Bargeld nach bisher unbekannten Kriterien der EU-Kommission zu beobachten. Erst bei festgestellter zu niedriger Akzeptanz müssten die Staaten Gegenmaßnahmen ergreifen. Die Verordnung macht keine Vorgaben, ob in diesem Fall alle Unternehmen oder nur bestimmte wie Apotheken und Supermärkte auf die Annahme von Bargeld zu verpflichten wären. Für den geplanten digitalen Euro sieht Brüssel dagegen eine unmittelbare Akzeptanzpflicht mit Sanktionen vor.

Die Unterzeichner der Petition fordern das Europa-Parlament auf, Bargeld mit dem digitalen Euro mindestens gleichzustellen und die Ausdünnung des Geldautomaten- und Bankfilialnetzes aufzuhalten. Außerdem sollen die Gesetzgeber in der EU, aber auch in Deutschland, die Akzeptanz von Bargeld in öffentlichen Verkehrsmitteln, auf Behörden und in den Läden sicherstellen. Initiiert wurde die Petiton von dem Finanzberater Hansjörg Stützle, der auch die Netzseite Bargeldverbot.info betreibt, und dem freien Journalisten Hakon von Holst. Im MDR-Fernsehen stellte Initiator Stützle heraus, dass ein schleichender Verlust von Bargeld als Zahlungsmittel soziale Krisen verschärft: In Studien habe sich gezeigt, dass man »viel besser mit Geld umgehen« könne, wenn man bar zahle. Die Jugendverschuldung nehme rasant zu, so Stützle.

Auch der bekannte Neurowissenschaftler und Autor des Buches „Digitale Demenz“ Manfred Spitzer gehört zu den Unterzeichnern der Petition. Der Universitätsprofessor bemerkt:

„Mit Bargeld bezahlen ist etwas sehr Menschliches: Man tauscht es im Rahmen einer direkten Begegnung gegen Ware oder eine Dienstleistung. Ökonomisch ist eine Buchung das Gleiche, psychologisch nicht.«

Der Bürger verliert schleichend an vielen Orten die Option, anonym mit Banknoten und Münzen zu bezahlen. Die Verkehrsbetriebe in Düsseldorf wollen Bargeld bis 2027 vollständig abschaffen, wie erstmals die Rheinische Post am 5. Januar berichtete. Die Deutsche Bahn stellte im September 2024 im Raum Dresden erste Fahrscheinautomaten auf bargeldlosen Betrieb um. Bereits seit Ende 2023 sind Sparpreisangebote bundesweit nicht mehr am Automat verfügbar. In Rostock und Leipzig ersetzen die Nahverkehrsbetriebe aktuell alle Ticketdrucker in Bus und Straßenbahn durch bargeldlose Modelle; Förderung für die Umstellung kommt vom Bundesverkehrsministerium. Kritisch äußern sich unter anderem die Verbraucherzentralen, die Diakonie und Interessenvertretungen von Senioren und Behinderten.

Neben Schwimmbädern, Bäckereien, Hotels und Cafés lehnen auch Bürgerämter zunehmend das bisher noch einzige staatliche Zahlungsmittel ab: Düsseldorf verabschiedete sich zum 1. November 2024 vom Bargeld. Nach einer Befragung der Deutschen Bundesbank sieht sich die Bevölkerung inzwischen in 50 Prozent ihrer Behördenangelegenheiten gezwungen, digital zu bezahlen. Zwei Jahre zuvor waren es 37 Prozent. Probleme drohen auch von anderer Seite: Ende Oktober 2024 warnte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Handelsverbands, Stefan Genth, der Umgang mit Bargeld werde für die Unternehmen durch den Abbau von Bankzweigstellen zunehmend kostenintensiver. Wenn »immer mehr Bankfilialen schließen, droht der Bargeldkreislauf zusammenzubrechen«, so Genth. Zwischen 2017 und 2023 haben die Geldinstitute jede dritte Zweigstelle geschlossen.

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