17. 01. 2022 | Update 23 Uhr | Ohne Zeitverzug haben die Lauterbach-Behörden Robert-Koch-Institut und Paul-Ehrlich-Institut ihre erst am 14.1. per Verordnung zur Änderung der Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung zugewachsene Kompetenz genutzt, ohne Vorankündigung und mit sofortiger Wirkung Grundrechte weiter Teile der Bevölkerung außer Kraft zu setzen.
Willkürliches Regieren ist eines der Merkmale, das dazu führt, dass von Regimen statt von Regierungen gesprochen wird. Das Scholz-Regime erfüllt das Merkmal spätestens jetzt.
Genesen nur noch für zwei Monate
Durch Bekanntgabe des RKI vom 14.1. gilt der Genesenenstatus nun nur noch von 28 Tagen nach Positiv-Testung bis drei Monate nach Testung. Die seit Samstag 15. Januar geltende neue Verordnung macht es möglich, dass eine Behörde per ankündigungsloser Änderung einer Webseite darüber entscheidet, ob Millionen Menschen ihre Grundrechte noch ausüben dürfen oder nicht. Das Parlament will mit solchen Detailentscheidungen nicht mehr behelligt werden. Das RKI behauptet:
„Die Festlegung der Vorgaben erfolgt unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft.“
Was dieser neue Stand der Wissenschaft sein soll, erklärt das RKI weder im Rahmen dieser neuen „fachlichen Vorgaben“, noch in einer Pressekonferenz oder Pressemitteilung.
Es wäre auch schwer zu begründen, denn es ist absurd. Einer Tabelle im neuesten Wochenbericht des RKI (Tabelle 5) kann man mit etwas Mühe entnehmen, dass die „Grundimmunisierung“ mit den zugelassenen Impfstoffen gegen die dominant werdende Omikron-Variante, eine negative Impfeffektivität hat. Der Anteil der „Grundimmunisierten“ an den symptomatischen Omikron-Fällen (59%) und an den hospitalisierten Omikron-Fällen (57%) ist höher als deren Anteil an der relevanten Grundgesamtheit (40%). (Das RKI äußert sich dazu nicht. Es schreibt lediglich, dazu gebe es noch nicht genug Daten.)
Bei den Dezember-Beschlüssen zu 2G+ wurde deshalb der Ausdruck „vollständig geimpft“ ausdrücklich auf Geboosterte beschränkt. Das RKI und das Divi haben in ihrer jüngst veröffentlichten gemeinsamen Statistik der Intensivpatienten nach Impfstatus vor mehr als sechs Monaten Geimpfte als nicht vollständig geimpft klassifiziert.
Dennoch gilt man für die meisten Zwecke als vor mehr als sechs Monaten Geimpfter noch als geimpft. Stattdessen verkürzt die Gesundheitsminister Lauterbach unterstehende Behörde den Genesenenstatus drastisch auf effektiv nur noch zwei Monate, obwohl es in Sachen Immunität von Genesenen keine so katastrophalen neuen Erkenntnisse gab wie bei den Geimpften. Schon die Tatsache, dass der Genesenenstatus bisher mit sechs Monaten kürzer war als der Geimpft-Status, widersprach wissenschaftlichen Erkenntnissen. In der Schweiz wurde auf Basis der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse am 16. November der Genesenenstatus auf ein Jahr verlängert:
Millionen Genesene in Deutschland, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen einen besseren Schutz gegen Corona haben als viele Gimpfte, werden so von einem Tag auf den anderen und ohne nachvollziehbare Begründung wichtiger Grundrechte beraubt.
Die versteckte Mitteilung im Internet erfolgte zum besten Zeitpunkt, wenn man wenig Medienecho haben will, am Freitagnachmittag. Tatsächlich gab es fast kein Echo in den etablierten Medien. Welt.de berichtete am Sonntag. Sonst habe ich auch am Montag-Vormittag auf den Webseiten der etablierten Medien fast nichts über den RKI-Handstreich gefunden.
Janssen-Geimpfte sind plötzlich wieder auszugrenzende Impfverweigerer
Auch das Paul-Ehrlich-Institut wartete nicht, um seine neuen Kompetenzen zum millionenfachen Grundrechteentzug auszuüben. Per Mitteilung im Internet („Stand 15.1.“) verfügte die Behörde, dass ab 15.1.(!) mit einer Dosis Janssen geimpfte Menschen nicht mehr als „grundimmunisiert“ gelten. Ohne jegliche Vorwarnung gilt für diese Menschen, dass sie nicht mehr ohne Test an den Arbeitsplatz dürfen, nicht mehr einkaufen dürfen, nicht mehr ohne PCR-Test fliegen dürfen und ohne Test nicht mehr in den Nahverkehr einsteigen dürfen.
Das ist staatliche Willkür und Schikane im Quadrat. Es ist so offenkundig rechtswidrig wie es nur sein kann. Aber das spielt ja heutzutage keine Rolle mehr. Die Gerichte brauchen ja lang genug, die Rechtswidrigkeit festzustellen und die Politiker halten es inzwischen für einen Ausweis von Raffinesse, die Zeitverzögerung des Rechtsstaats derart auszunutzen, um große Teile der Bevölkerung zu schikanieren. Es ist einfach nur noch widerwärtig.
Wie zum Hohn schreibt das PEI als fett-gedruckten Einblocker dazu:
„Änderungen der Kriterien werden an dieser Stelle mit angemessener Frist bekannt gemacht.“
Das es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis auch Menschen, deren letzte Impfung mehr als sechs Monate her ist, per Behördenbeschluss die meisten ihrer Grundrechte verlieren, deutet das PEI bereits an mit der fettgedruckten Warnung:
„Hinweis: Derzeit sind noch keine Angaben zu Auffrischimpfungen und entsprechenden Intervallzeiten veröffentlicht.“
Die Betonung liegt auf „derzeit“.
Scholz und sein „Corona-Regime“
Der Zweck der überfallartigen Aktion ist offenkundig. Durch die weniger gefährliche, aber besonders ansteckende Omikron-Variante „droht“ eine großer Teil der Bevölkerung ohne (Nach-)Impfung immunisiert zu werden. Das wollen die Regierenden nicht zulassen, denn Kanzler Scholz hat es sich erklärter Maßen zur Berufung gemacht, ein hartes Corona-Regime zu exekutieren, einschließlich Impfzwang und ohne rote Linien. Also wird der Genesenenstatus so stark verkürzt, das er praktisch nichts mehr bringt und man sich unnötiger Weise trotzdem wiederholt impfen lassen muss, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu dürfen.
Und das alles passiert zu einer Zeit, in der die seit einem Monat rückläufige Anzahl der Covid-Patienten auf Intensivstation auf den Tiefststand zwischen zweiter und dritter Welle gefallen ist.
Hinweis zur Grafik: Die in der Grafik abgebildete erste Welle im Frühjahr 2020 ist nicht mit den späteren Zahlen vergleichbar, weil bis 20. Mai das Melderegister erst allmählich ausgebaut wurde.
Das ist Willkürherrschaft. Es hat mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nichts mehr zu tun, und auch mit Gesundheitsschutz nicht.
Das sieht auch das Netzwerk kritischer Richter und Staatsanwälte so, das den Vorgang in einer Analyse als „absolut skandalös“ bezeichnet. Es gibt von dem Netzwerk aber auch eine gute Nachricht. Jede Richterin und jeder Richter, egal welcher Ebene, kann diesen Rechteentzug im Handstreich für ungültig erklären, weil er sich nur auf eine einfache Verordnung stützt.
Update: Landesregierungen von Coup des RKI überrascht
So ankündigungslos und unvermittelt und unerklärt war die handstreichartige sofortige Verkürzung des Genesenenstatus durch das RKI, dass selbst so manche Landesregierung davon überrascht wurde. Auf der Webseite der baden-württembergischen Landesregierung unter dem besonders corona-militanten Grünen Ministerpräsidenten Kretschmann war noch am Montag 17.1. kurz vor Mitternacht in der Fragen-und-Antworten-Sektion zu lesen, dass der Genesenenstatus für sechs Monate gilt, was seit 15.1. überholt war. Im Wortlaut:
„Als genesen im Sinne der Corona-Verordnung des Landes (oder COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV des Bundes)) gelten Sie, wenn Sie innerhalb der letzten 6 Monate positiv mittels PCR, PoC-PCR oder mittels einem anderen Nukleinsäurenachweis auf SARS-CoV-2 getestet wurden und das Testergebnis mindestens 28 Tage zurückliegt. Wenn Ihr Testdatum länger als 6 Monate zurückliegt, gelten Sie nicht mehr als genesene Person im Sinne der SchAusnahmV.“
Es ist kein Wunder, dass man in den Landeshauptstätten mit so etwas nicht gerechnet hatte, hatte doch der Bundesrat gerade erst am 14.1. einem Ablauf des Genesenenstatus nach 180 Tagen zugestimmt.