Der Umgang der ARD-Sender mit Fehlern ist unterirdisch

Mit Nachtrag 28. 09. 2024 | Sieben Tage nach Ausstrahlung und zwei Tage nachdem er die fehlerhafte Sequenz stillschweigend aus einer Sendung in der Mediathek geschnitten hatte, hat der ARD-Sender MDR einen Korrekturhinweis zu einer Falschbehauptung im Magazin Brisant veröffentlicht. Zensur und Verdunkelung haben beim MDR System. Ein Landtags-Untersuchungsausschuss sollte dem nachgehen. Der NDR beharrt unterdessen darauf, dass nachträgliche Änderungen von Artikeln des ARD-Faktenfinders keiner Korrektur- oder Änderungshinweise bedürfen und auch Tagesschau.de pflegt eine lausige Fehlerkultur.

Der Korrekturhinweis des MDR auf seiner Korrekturenseite vom 27.9. lautet:

„Am Freitag, 20. September 2024, hat BRISANT einen Beitrag über vergessene Heldinnen gesendet. Darin ging es um eine Ehrung für Programmiererinnen, Ingenieurinnen und Mathematikerinnen, die maßgeblich am Erfolg der NASA-Mondmission Anfang der 1960er Jahre beteiligt waren. In dem Beitrag aus dem ARD-Studio Washington heißt es, dass John Glenn „als erster Mensch die Erde umkreiste“. Das ist falsch. Richtig ist, dass Juri Gagarin der erste Mensch war, der die Erde umkreiste. Den Beitrag haben wir deshalb aus der ARD-Mediathek entfernt.“

Es ist schwer zu glauben – und wäre ein Armutszeugnis – wenn der Fehler auch nach Ausstrahlung niemand bei der ARD aufgefallen wäre, sodass eine eigenintiative Fehlerkorrektur nicht möglich war. Am 24. September spießte das in Deutschland (nicht sehr effektiv) gesperrte Nachrichtenportal RT Deutsch den Fehler auf. Um die Mittagszeit des 25. September war der kurze Beitrag dann aus der Mediathek verschwunden. Er war aus der dort abrufbaren Brisant-Folge vom 20. September herausgeschnitten worden, ohne einen Hinweis. Am gleichen Tag berichtete ich über diese heimliche Manipulation. Dann dauerte es nochmal zwei Tage, bis zum Mittag des 27. September, bis auf der Korrekturenseite des MDR, der Brisant produziert, der Korrektur- und Löschhinweis erschien. Offenbar hoffte man erst darauf, dass niemand den Fehler bemerken bzw. aufspießen würde, dann darauf, dass niemand die heimliche Löschung bemerken bzw. aufspießen würde und reagierte erst mit Löschung und mit Herstellung von ein bisschen Transparenz, als sich diese Hoffnungen nicht erfüllten.

Wer die Brisant-Folge in der Mediathek aufsucht, was noch ein Jahr lang möglich ist, der bekommt keinerlei Hinweis auf die nachträglich Änderung, weder dort, wo der Beitrag zuvor in Sendung verortet war, noch im Abspann, noch im Text unter dem Videobeitrag. Wer etwa über alternative Medien (der Mainstream berichtet nicht) auf den Vorgang aufmerksam wird, und ihn in der Brisant-Folge sucht, wird ihn nicht finden, und nicht wissen warum. Der schöne Effekt für den Sender: Der Schatten des Zweifels fällt auf die, die darüber schrieben, und fast niemand wird den an ganz anderer Stelle versteckten Hinweis auf den Fehler des Senders finden.

Der MDR ist schnell dabei sich die Wirklichkeit zurecht zu zensieren. So hat er einen bei den Regierenden nicht gut aufgenommenen Beitrag zu mutmaßlichen Schadstoffen in Corona-Impfstoffen aus der Mediathek gelöscht und die verantwortlichen Redakteure öffentlich mit dem nicht weiter begründeten Vorwurf überzogen, sie hätten unsauber gearbeitet. Der MDR-Programmausschuss hat zwar mit gehöriger Verzögerung festgestellt, dass das nicht stimmt, aber der Beitrag bleibt trotzdem zensiert. Einen weiteren Fall von Zensur beim MDR, durch intransparentes nachträgliches Umschreiben eines Artikels mit nicht genehmen Wahrheiten zur „Pandemie der Ungeimpften“ habe ich in einem Beitrag von Dezember 2023 nachgezeichnet und will das hier nicht wiederholen.

Das sind nur einige Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit, wie der MDR seinen Informationsauftrag grob verletzt. In Anbetracht der berechtigten Diskussion darum, ob die Öffentlichkeit für die Milliarden, mit denen sie die Sender finanzieren muss, auch das bekommt, worauf sie einen Anspruch hat, wäre ein Untersuchungsausschuss des Parlaments in Thüringen oder Sachsen zu dieser Frage keine schlechte Idee. Die Rundfunkräte leisten die Aufgabe, das sicherzustellen, ganz offensichtlich nicht. Ein solcher Ausschuss könnte sich auch mit den Hintergründen und der Rechtfertigung dafür auseinandersetzen, dass der MDR seine Journalisten vor den Landtagswahlen im September vom Verfassungsschutz instruieren ließ.

Offenlegung: Ich bin Unterstützer des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)

ARD-Faktenerfinder dürfen alles

Nicht weniger verlottert sind die Sitten beim ARD-Sender NDR, der für den ARD-Faktenfinder zuständig ist. Dieser hatte – wie berichtet – In einer als Faktencheck aufgemachten Kampfschrift gegen das Bündnis Sahra Wagenknecht vom 30. August unterschlagen, dass die Quelle einer angeblichen Falschbehauptung von Wagenknecht die Bundesregierung war. Außerdem hatte er ihr eine Behauptung unterstellt, die sie so nicht getätigt hatte. Der Beitrag wurde als Aufmacher auf die Startseite von Tagesschau.de platziert. Eineinhalb Tage später hat die ARD den Beitrag stillschweigend geändert, aber ohne jeden Änderungshinweis. Der geänderte Beitrag mit neuem Datum wurde nicht einmal auf die Startseite von Tagesschau.de platziert, sodass ihn nur ein winziger Bruchteil der Leser des falschen Aufmacher-Beitrags bemerkt haben dürfte.

Auf eine Beschwerde hin verstieg sich der Chefredakteur von ARD aktuell zu einer absurden Rechtfertigung der stillschweigenden Korrekturen bzw. Ergänzungen:

„Die Ergänzung im faktenfinder-Artikel wurde dadurch kenntlich gemacht, dass der Zeitstempel aktualisiert wurde. Ein Korrekturhinweis ist nur dann notwendig, wenn falsche Informationen im Artikel korrigiert werden. Das war hier nicht gegeben. Die Aussagen Wagenknechts, Deutschland habe einen Rüstungshaushalt von 90 Milliarden Euro beziehungsweise würde 90 Milliarden Euro für Waffen ausgeben, bleiben faktisch falsch.“

Das neue Datum (Zeitstempel) über dem Artikel schafft keine Transparenz, sondern noch mehr Intransparenz. Das Datum der Erstveröffentlichung wird nämlich nicht mit angeführt, sodass der Eindruck entsteht, diese Version sei die erste und einzige Version des Artikels. Dass man Wagenknecht schlecht, wie im Faktenfinder-Artikel geschehen, russische Propaganda unterstellen kann, weil sie Zahlen der Bundesregierung zu den Rüstungsausgaben wiedergibt, ist eigentlich offensichtlich. Dass der Faktenfinder die Zahlen der Bundesregierung für falsch hält, ändert daran nichts. Auf die Korrektur der falschen Wiedergabe einer Aussage Wagenknechts ging der Chefredakteur wohlweislich nicht ein.

Der NDR-Intendant hat nun in Reaktion auf eine Programmbeschwerde der Initiative Ständige Publikumskonferenz ebenfalls geantwortet, allerdings nur durch unkommentierte Weiterleitung einer sehr langen und aufgeblähten Stellungnahme der Faktenfinder-Redaktion. Diese schreibt:

„Die zusätzlichen Informationen dienen lediglich dem Verständnis, woher die Zahl von 90 Mrd. Euro stammt, die Wagenknecht anführt.“

Doch genau das ist der Punkt. Wagenknecht hat die Zahl nicht von russischen Einflüsterern, sondern von der Bundesregierung. Das ist außerordentlich wichtiger Kontext. Ohne ihn wird es grob irreführend, wenn der Faktenfinder die Nennung der Zahl als Beispiel russischer Narrative anführt. Wenn wichtiger Kontext nachgetragen wird, ist das nach vorherrschenden journalistischen Grundsätzen – auch denen von öffentlich rechtlichen Sendern – kenntlich zu machen.

Die Korrektur der falsch wiedergegebenen Aussage Wagenknechts wird als Korrektur einer sprachlichen Ungenauigkeit bezeichnet, die keinen Korrekturhinweis erfordere, weil „sie den Kern der Kritik an der Aussage Wagenknechts nicht verändert“. Das ist ein sehr eigenwilliges Verständnis von transparenter Fehlerkultur. Wenn Redaktionen darauf verzichten dürften, Fehlerkorrekturen transparent zu machen, wenn der – wie auch immer definierte – Kern ihres Artikels oder einer Behauptung nicht verändert wird, dann könnten die allermeisten Korrekturhinweise entfallen. Dass ausgerechnet eine angebliche Faktencheckerredaktion, deren Job es ist, anderen Falschinformation vorzuwerfen, bei eigenen Fehlern einen derart schludrigen Umgang mit Transparenzregeln pflegt und pflegen darf, ist ein Skandal.

Die Faktenfinder-Redaktion nimmt zwar ausdrücklich zur Kenntnis, dass die Beschwerdeführerin die zur Rechtfertigung angeführte Aussage gerügt hat, dass mit dem geänderten Zeitstempel die Änderung des Artikels kenntlich gemacht worden sei. Sie lassen diesen Kritikpunkt in ihrem aufgeblähten Antwortschreiben allerdings einfach unter den Tisch fallen. Es ist ja auch schwer, diese absurde These des Chefredakteurs von ARD aktuell zu rechtfertigen.

Das Verschleiern von Fehlern hat beim Faktenfinder System. Ein weiteres Beispiel ist ein Beitrag über Antisemitismus in dem am 21. Oktober 2023 stand:

„Antisemitische Straftaten werden nach Angaben des Bundesinnenministeriums hauptsächlich aus dem rechtsextremen Spektrum begangen. Im Jahr 2022 gab es demnach 2.641 antisemitische Straftaten, von denen mehr als 80 Prozent dem rechten Spektrum zugeordnet wurden.“

Dann bekam der Autor mit, dass die FAZ am Tag vorher darüber geschrieben hatte, dass diese Statistik grob irreführend war, weil antisemitische Straftaten standardmäßig als „rechts“ klassifiziert wurden. So wurde der Artikel mit einem neuen Datum versehen und stillschweigend um den nicht als Korrektur erkennbaren, viel zu schwammigen Hinweis ergänzt:

„Allerdings gibt es an der Kategorisierung der Straftaten bereits seit Jahren Kritik. Nach Angaben der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ will Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Daten daher zukünftig differenzierter erfassen.“

In einen Beitrag vom 23. Juli 2024 über die Veröffentlichung ungeschwärzter RKI-Protokolle fügte der Faktenfinder am Folgetag ohne Änderungshinweis eine Stellungnahme des RKI ein. Am 19.8. korrigierte er, wieder ohne Hinweis aber mit erneut aktualisiertem Artikeldatum, einen Fehler im Untertitel. Dass diese Vorgehensweise nicht nur verschleiernd, sondern auch unsinnig ist, zeigte sich daran, das Zeitbezüge wie „heute“ in dem Artikel durch das neue, irreführende Datum völlig falsch wurden.

Im Mai 2021 hatte die Faktenfinder-Fehlerverschleierungskultur bei der ARD eine noch buntere Blüte getrieben. Nachdem ich berichtet hatte, dass ein Beitrag auf Tagesschau.de über den von einer Bundesbehörde festgestellten Nutzen von Vitamin-D gegen Covid den ARD-Faktenchecker bloßstellte, der diese Behauptung als gefährliche Desinformation gebrandmarkt hatte, wurde promt der Tagesschau-Beitrag entfernt. Der Link auf diesen wurde auf den älteren Faktenfinder-Beitrag umgeleitet. Im Internet Archiv lässt sich der Beitrag noch aufrufen. Der Beitrag des Faktenfinders blieb unkorrigiert und ist weiter zugänglich. Die Tagesschau-Redaktion ging sogar soweit, beim Bundesinstitut, das die Aussagen zum Nutzen von Vitamin-D getätigt hatte, spitzfindige Bemerkungen einzuholen, die so klangen, als habe es seine Meinung zu Vitamin-D doch nicht geändert, obwohl fast die gesamte deutsche Presse das berichtet hatte. Der Tagesschau-Beitrag hierüber ist nur noch über das Internet-Archiv aufrufbar.

Tagesschau.de verzichtet auch manchmal auf die Änderung des Datumsstempels, wenn ein Artikel stillschweigend korrigiert wird. Am 3. Mai berichtete der Sender darüber, dass Innenministerin Faeser durch eine „Kalifatsdemo“ unter Zugzwang komme. Der Artikel war weitgehend eine Übernahme von der Nachrichtenagentur DPA, ohne dass dies kenntlich gemacht worden wäre. Zunächst wurden darin Forderungen auf der Demo nach einem Kalifat ohne Angaben einer Quelle dadurch heruntergespielt, dass sich die Forderungen nur auf islamische Länder bezogen hätten. Das wurde wenige Stunden später durch ein „angeblich“ relativiert, wieder ohne Quellenangabe. Einen Änderungshinweis gab und gibt es nicht. Der Zeitstempel blieb unverändert. Mutmaßlich war die Redaktion nicht in der Lage, die Änderung zu begründen, da sie die fragliche unbelegte Behauptung von einer Nachrichtenagentur übernommen hatte, ohne dies kenntlich zu machen. Mutmaßlich tut man sich bei der ARD schwer damit, Artikelübernahmen von Agenturen kenntlich zu machen, weil dann sofort die Frage aufkommt, ob man wirklich Milliarden Euro aus Rundfunkbeiträgen braucht, wenn man ohnehin nur weiterverbreitet, was die Nachrichtenagenturen liefern.

Die Ständige Publikumskonferenz kommentierte das Rechtfertigungsschreiben des Faktenfinders, das der NDR-Intendant sich stillschweigen zu eigen gemacht hat, so:

„Im Eingangsschreiben wurde angesichts der redaktionellen Änderungen/Ergänzungen des Faktenfinder-Beitrages lediglich die transparente Kenntlichmachung von Korrekturen oder Ergänzungen an vergleichbarer Position gefordert. Onlinemedien versehen inhaltlich veränderte bzw. korrigierte Artikel in der Regel mit einem entsprechenden Vermerk. Ein veränderter Zeitstempel bietet keinen Ersatz für die transparente Kenntlichmachung inhaltlicher Änderungen. Wo genau das große Problem der Redaktion liegt, ein solches allgemein gängiges Prozedere auch dem hauseigenen Faktenfinder zuzumuten, bleibt wohl weiterhin im Dunklen.“

Die Erklärung dafür ist nicht schwer zu finden. Der Faktenfinder legt bei den von ihm kritisierten regierungskritischen Meinungen und Nachrichten einen sehr hohen Standard für Korrektheit an. Oft werden Spitzfindigkeiten bemüht, um einen Artikel mit dem Urteil „falsch“, „teilweise falsch“ oder „fehlender Kontext“ abzuqualifzieren. Würde man einen nur annähernd so strengen Standard an die Behauptungen des Faktenfinders anlegen, wäre kaum ein Beitrag fehlerfrei. Würde der Faktenfinder diese Fehler transparent korrigieren, würde das offensichtlich und seine Rolle als Kettenhund der Obrigkeit zur Einhegung von Kritik in sozialen Medien, wäre nicht mehr glaubwürdig auszufüllen.

Fazit

Solange die ARD sich nicht durchringen kann, bei ihrem Faktenfinder die üblichen Standards im Umgang mit Fehlern (der Faktenfinder hat keine eigenen publiziert) einzuhalten, darf man die dortige Redaktion getrost als unseriöse Kampftruppe im Meinungskampf gegen der Obrigkeit nicht genehme Äußerungen betrachten und bezeichnen. Da die Zugehörigkeit zu einem solchen Trupp nicht gerade das Karriereziel von Journalisten ist, die sich ihre Arbeitsstelle aussuchen können, muss sich die ARD nicht wundern, dass Fehler und Schludrigkeiten im Faktenfinder eher die Regel als die Ausnahme sind.

Nachtrag (22:15 Uhr): „Fakt ist“, dass der MDR die Zuschauer irreführt

Am 23.9. lieferte der MDR mit der Sendung „Fakt ist“ weiteren Stoff für einen von mir befürworteten Untersuchungsausschuss.  Diskutiert wurde über die Unvereinbarkeitsbeschlüsse der CDU, abwechselnd mit Experten und mit Menschen aus der Bevölkerung, die MDR Fragt ausgesucht hatte. Der erste, der ab Minute 4:19 seine Meinung zur Frage sagen durfte, war Jens Friedrich, von dem die Zuschauer auch nicht erfuhren, dass er für die SPD im Stadtrat Kahla sitzt. Die nächste war Ramona Wuttig aus Erfurt. Was zu ihr nicht gesagt wurde: Sie war Sprecherin des Kreisverbands Erfurt und kandidierte für die Grünen für den Erfurter Stadtrat. Später demonstrierte der Moderator dann, dass er durchaus über die Lebensläufe der Eingeladenen Bescheid wusste. Denn als ab Minute 34 Ronny Hartmann seine Meinung zur Brandmauer sagen durfte, wurde er als jemand vorgestellt, der bei der AfD war und ausgetreten sei. Recherchiert hat die Parteihintergründe @critical_cat.

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