Heiko Maas und die Aufrüstung Deutschlands im Dienste Trumps

10. 06. 2018 | Heiko Maas hat der Süddeutschen ein Interview gegeben. Da ich Maas als den Mann Washingtons an der Spitze des Außenministeriums klassifiziert habe (hier und hier), bietet es sich an, anhand dieses Interviews meine These zu prüfen, dass das Zerwürfnis mit dem US-Präsidenten, nur ein Trick ist. Deutschland und Europa sollen dazu gebracht werden, den USA einige Weltordnungs- und Kriegsaufgaben abzunehmen. (Das Interview der Bundeskanzlerin bei Anne Will ging in die gleiche Richtung, schreibe ich im Post-Will-Scriptum.)

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Die Mär von der transatlantischen Entfremdung und die Aufrüstung Deutschlands zur Kriegsmacht

6. 06. 2018 | Die Regierung Trump ärgert Deutsche und Europäer wo sie nur kann. Wenn man unsere Politiker und Kommentatoren so hört, könnte man meinen, wir hätten eine Phase der Entfremdung im transatlantischen Verhältnis; Deutschland und Europa könnten sich womöglich freischwimmen vom übermächtigen Einfluss der Schutzmacht. Dabei folgt das alles einem raffinierten Kalkül um durchzusetzen, was Trump schon vor Amtsantritt mit markigen Worten gefordert hat: dass die Deutschen (und Europäer) einen größeren Teil der Kriegsaufgaben übernehmen.

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Revisionsbegründung Teil 6: Unerlaubte richterliche Rechtsfortbildung

Unerlaubte richterliche Rechtsfortbildung

Sowohl das Verwaltungsgericht als auch der Verwaltungsgerichtshof haben – insoweit übereinstimmend – erkennbar die Auffassung vertreten, der Wortlaut des § 14 I S. 2 BBankG bedürfe einer Modifikation durch den Rechtsanwender, da er dem von ihnen gefundenen Ergebnis im Wege steht. Im ersten Rechtszug des vorliegenden Rechtsstreites hat das Verwaltungsgericht – wie dargelegt – zur (dort methodologisch nicht weiter begründeten) Technik der teleologischen Reduktion gegriffen, um die Vorgehensweise des Beklagten für legitim halten zu können. Im zweiten Rechtszug hat der Verwaltungsgerichtshof erklärt, einer teleologischen Reduktion nicht zu bedürfen; er eröffnete dem Beklagten stattdessen die Möglichkeit zur Abweichung von dem Normbefehl des § 14 I S. 2 BBankG dadurch, daß er erklärte, jener Normbefehl stehe im „falschen“ Gesetz, weswegen er nicht die Bedeutung habe, die sich aus seinem Wortlaut zu ergeben scheine. Da beide Entscheidungen sich auf eine positivierte Gesetzesnorm zur Begründung ihrer Rechtserkenntnis nicht berufen konnten, gingen sie offenbar von einer Lücke des Gesetzes aus.

Die Normsetzungsfunktion eines Gerichtes im Lückenbereich ist zwar allgemein anerkannt. Der Rechtsanwender findet in einem solchen Falle für den zu entscheidenden Sachverhalt positivierte Rechtsnormen, unter die er subsummieren kann und die nach den allgemeinen Kriterien der Gesetzesauslegung von ihm angewendet werden müssen. Die nach diesen Methoden auszusprechenden Rechtsfolgen erscheinen ihm jedoch aus schwerwiegenden Gründen als unvertretbar. Die Rechtsanwender – im vorliegenden Falle die entscheidenden Richter des ersten und zweiten Rechtszuges – glaubten daher, das in § 14 I S. 2 BBankG enthaltene Gebot nicht befolgen zu dürfen. Die Vorinstanzen folgten ihrem Zweifel und verließen somit ihre Rolle als gesetzesgebundene Richter. Statt „schlicht“ das Recht fortzubilden, bildeten sie das Recht durch Gesetzesablehnung um.

In der Sache erkennt zwar auch die hier mit der Revision angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichtes tatsächlich nicht eine „Lücke“ des Gesetzes, sondern – in der Sicht des Berufungsgerichtes – eher einen „Fehler“ des Gesetzes. Wird ein Gericht indes in solchen Fällen vom gehorsamen Diener des Gesetzes zu seinem kritischen Korrektor, so bleibt seine Bindung an „Gesetz und Recht“ nach Art. 20 III GG erhalten. Rüthers/Fischer/Birk (Rechtstheorie, 9. Auflage, 2016) führen, dies weiter konkretisierend, zutreffend aus:

„„Allerdings ist die Berichtigung gesetzlicher Gebote an besonders strenge Voraussetzungen gebunden, wenn die verfassungsgesetzliche Gewaltentrennung und der Normsetzungsvorrang der Gesetzgebung vor der Justiz erhalten bleiben sollen. Deshalb sind die Gerichte nach Art. 100 I GG verpflichtet, ein nachkonstitutionelles Gesetz dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, wenn sie es für verfassungswidrig halten. Nach dem Vorstehenden sind drei Funktionsbereiche der Rechtsprechung zu unterscheiden:

– Der erste besteht in der Auslegung und Anwendung vorhandener einschlägiger Gesetzesvorschriften auf die anstehenden Rechtsfälle. Die Gerichte handeln hier in ‚denkendem Gehorsam‘.

– Der zweite betrifft die richterliche Annahme von Gesetzeslücken, die Begründung dieser ‚Lückenfeststellung‘ und die richterliche Ausfüllung der Lücken mit rational nachprüfbaren Argumenten. Soweit der Richter für die Lückenausfüllung Anhaltspunkte im positiven Recht findet, geht es dabei um Rechtsfortbildung. Fehlen solche Anhaltspunkte, so ist er zur Rechtsneubildung aufgerufen. Man spricht auch von Rechtsfortbildung ‚praeter legem‘.

– Der dritte, besonders problematische Bereich betrifft richterliche ‚Gehorsamsverweigerung‘ gegenüber bestehenden Gesetzesvorschriften. Die Gerichte verdrängen und ersetzen gesetzliche Wertungen durch richterliche Eigenwertungen. Man spricht von Richterrecht ‚contra legem‘.“

(Rüthers/Fischer/Birk a. a. O. Rn 827 f.)

Die in der angefochtenen Entscheidung zum Ausdruck kommende Eigenwertung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Gründe allgemeiner Verwaltungspraktikabilität im Massenverkehr dazu nötigten (und normativ legitimierten), einen seinem Wortlaut nach klaren, kategorischen und unbedingten Normbefehl für kraftlos zu erklären, enthalten eine Entfernung des rechtsanwendenden Richters von dem gesetzlichen Befehl.

Je weiter sich ein Rechtsanwender indes von den positivierten Normen eines Gesetzes entfernt, umso mehr ist er verpflichtet, sein Abweichen auch rational zu begründen. Daran fehlt es sowohl der erstinstanzlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes (die ihre teleologische Reduktion – wie dargelegt – methodologisch nicht ansatzweise begründet) als auch – erst recht – der angefochtenen Berufungsentscheidung, die lediglich erklärt, der Normbefehl aus § 14 I S. 2 BBankG stehe in einem „falschen“ Gesetz, ohne zu plausibilisieren, in welchem anderen Gesetz der Gesetzgeber nach Auffassung des Berufungsgerichtes diesen kategorischen Befehl richtigerweise hätte aussprechen müssen, um sicherzustellen, daß er allgemein Beachtung findet.

Wird aber im Rahmen teleologischer Reduktionen zur Lückenfüllung oder gar zu berichtigenden Korrektur eines vermeintlich fehlerhaften Gesetzes rechtsschöpferisch Rechtsfortbildung getrieben, so setzt dies Kenntnis des Rechtsanwenders (vorliegend des Richters) darüber voraus, welches der richtige „Plan“ der Gesetzgebung insgesamt richtigerweise gewesen sei:

„„Ist der Plan der Gesetzgebung maßgebend, dann zielt die Lückenfeststellung und Ausfüllung auf eine Gesetzesergänzung. Je mehr die Definitionskompetenz über die Planwidrigkeit dem Richter zugesprochen wird, umso größer wird dessen Möglichkeit, über den Lückenbegriff das Gesetz zu korrigieren statt zu ergänzen. Die Lückenfeststellung bezeichnet dann den Funktionswandel der Gerichte von der Rechtsanwendung zur richterlichen Gesetzgebung. Die Richter wandeln sich in solchen Fällen von Gehilfen der Gesetzgebung zu Herren der Rechtsordnung durch eigene Normsetzungen.“

(Rüthers/Fischer/Birk a. a. O. Rn 839)

Der Kläger hat nicht nur wiederholt dargelegt, daß Notenbankgeld (Banknoten) und Giralgeld jeweils etwas grundsätzlich anderes darstellen. Er hat auch – wiederholt in der hiesigen Revisionsbegründung – erläutert, aus welchen wohlerwogenen Gründen die einhellige Rechtsmeinung der Fachliteratur ausschließlich Notenbankgeld als das gesetzliche Zahlungsmittel ansieht, nicht aber Zahlungssurrogate oder diverse Leistungen an Erfüllungs statt. Die diesbezüglichen Stimmen der Literatur stehen – wie ebenfalls dargelegt – in Übereinstimmung mit den klaren Wertentscheidungen auch der europäischen Gesetzgebung. Daß das Verwaltungsgericht in der erstinstanzlichen Entscheidung ein Ziel, d. h. ein „télos“ bei der von ihm vorgenommenen teleologischen Reduktion überhaupt nicht definiert hat, ist insoweit bezeichnend. Weder das Verwaltungsgericht, noch auch der Verwaltungsgerichtshof haben argumentativ erwogen, welche geldrechtlichen Konsequenzen sich ergäben, würde man ihrer Auffassung folgen, Giralgeld dem Notenbankgeld simpel gleichzustellen. Daß – beispielsweise – die Zentralbanken Gefahr liefen, die ihnen wesentlich zur Aufgabe gemachte Kontrolle über die Geldmenge zu verlieren, war von dem Kläger bereits ausgeführt worden. Dies gilt insbesondere in Ansehung des Umstandes, daß die ökonomisch besonders gewichtige Frage des Massenzahlungsverkehrs in Ansehung ihrer Volumina besonders geeignet ist, Geldmengenkontrollregularien zu tangieren.

Die angefochtene Berufungsentscheidung hat daher die von ihr thematisierten Wirkzusammenhänge des Geldwesens nicht näherungsweise erfasst und thematisiert. Dies stellt sich als rechtsfehlerhaft dar:

„„Jede Normsetzung, also auch die richterliche Ersatzgesetzgebung im Lückenbereich, hat die vorgegebenen Fakten und Wirkungszusammenhänge des Lebensbereiches zu beachten, die sie regeln will. Tut sie das nicht, so werden die Regelungsziele im Zweifel verfehlt.“

(Rüthers/Fischer/Birk a. a. O. Rn 921)

Alle bislang mit den in Rede stehenden, grundsätzlichen Rechtsfragen befassten Instanzgerichte haben den Gesetzbefehl über den Vorrang des Notenbankrechtes mit mehr oder minder unbestimmten eigenen Erwägungen zur Verwaltungspraktikabilität ausgehebelt. Dies gilt es in dem vorliegenden Rechtsstreit zu berichtigen, andernfalls nur noch der Gesetzgeber das Erodieren der Bedeutung des Bargeldes als dem zentralen Anker der Gesamtrechtsordnung aufhalten könnte:

„„Ein Aufstand gegen das Gesetz findet objektiv auch dort statt, wo ein Gericht eine im geltenden Gesetz nicht vorhandene, vermeintliche ‚verdeckte Regelungslücke‘ erfindet, um in der angeblichen Lücke gesetzeswidrige richterliche Eigenwertungen zur Geltung zu bringen. Die Gesetzgebung muß bisweilen die aus einer solchen Rechtsprechung entstehenden Rechtsunsicherheiten und Fehlsteuerungen durch eine Gesetzesnovelle korrigieren.“

(Rüthers/Fischer/Birk a. a. O. Rn 948)

Revisionsbegründung Teil 5: Literatur und Rechtsprechung

Zum Meinungsstand in der Literatur

Auch nach einhelliger Meinung in der einschlägigen juristischen Fachliteratur folgt aus § 14 I S. 2 BBankG, daß eine jede auf Geldzahlung lautende Verbindlichkeit von dem Schuldner unbeschränkt durch Übergabe von (Euro-)Banknoten an den Gläubiger getilgt werden kann bzw. getilgt werden können muß.

1.) § 14 I S. 2 BBankG begründet damit in weiterer terminologischer Präzisierung der Begrifflichkeiten vom „Zwang“ oder der „Pflicht“ zur Banknotenannahme juristisch exakt eine generelle gesetzliche Obliegenheit eines jeden Zahlungsgläubigers, eine ihm tatsächlich angebotene Bargeldzahlung anzunehmen. Kommt der Zahlungsgläubiger seiner diesbezüglichen Annahmeobliegenheit nicht nach, erleidet er selbst Rechtsnachteile. Insbesondere begründet er durch die unterlassene Annahme der Bargeldzahlung seinen eigenen Annahmeverzug.

2.) Nur Euro-Banknoten sind gesetzliches Zahlungsmittel auch im Sinne des § 14 I S. 2 BBankG. Ein bloßes Surrogat für Banknoten, wie es Buch- bzw. Giralgeld darstellen, ist mangels monetarisierender Widmung durch die alleine hierzu als zuständig berufenen Zentralbanken also gerade nicht gesetzliches Zahlungsmittel:

„„Die Ausgabe von Banknoten setzt zunächst einen Widmungsakt voraus, der einer Sache (z. B. Papierschein, Edelmetall-Münze) die öffentlich-rechtliche Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel verleiht. In dieser sogenannten Monetarisierung manifestiert sich die üblicherweise den Zentralbanken und/oder den Regierungen obliegende Befugnis, die hoheitlich ausgegebenen Scheine oder Münzen mit einem allgemeinen Annahmezwang auszustatten, aus dem die Akzeptanz im Rechtsverkehr als Zahlungsmittel resultiert. Die gesetzlichen Zahlungsmittel gelten daher als Geld im Rechtssinne. Art. 128 I AEUV normiert, ebenso wie Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 974/98, das ausschließliche Recht des ESZB auf Euro lautende Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel zu emittieren. “

[Manger-Nestler in Pechstein/Nowak/Häde (Hrsg.), Frankfurter Kommentar EUV/GRC/AEUV, Tübingen 2017, Art. 128 AEUV, Rd 1 f.]

Giralgeld als bloßes Surrogat des gesetzlichen Zahlungsmittels ist aber gerade nicht zuständigkeitshalber von dem ESZB bzw. der EZB als gesetzliches Zahlungsmittel monetarisiert. Selbst wenn es der förmliche Bundesgesetzgeber einstmals wirksam vermocht hätte, das eigene nationalstaatliche Geldrecht in dieser Weise teilweise zu modifizieren, so ist er doch spätestens mit Inkrafttreten des AEUV und durch das dortige geldrechtliche Verständnis dieses Rechtes verlustig gegangen. Auch Art. 16 S. 3 der Satzung des ESZB und der EZB bestätigt wiederum widerspruchsfrei das auch dortige Verständnis, daß die von der EZB und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten die einzigen Noten sind, die in der Gemeinschaft als gesetzliches Zahlungsmittel gelten können.

3.) Auch Schimansky, Bunte und Lwowski formulieren in ihrem bankrechtlichen Standardwerk wörtlich:

„„Das ausschließliche Recht, die Ausgabe von Banknoten innerhalb der Gemeinschaft zu genehmigen, steht seit dem 1.1.1999 der Europäischen Zentralbank (EZB) zu. Zur Ausgabe sind die EZB und die nationalen Zentralbanken berechtigt. Die von der EZB und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten sind die einzigen Banknoten, die in der Gemeinschaft als gesetzliches Zahlungsmittel gelten. Die EZB bestimmt auch über Art und Umfang der Banknotenausgabe.“

(Herbert Schimansky, Hermann-Josef Bunte, Hans-Jürgen Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band 2, 5. Auflage 2017, § 115, Rd 75 f.)

Weiter heißt es ebendort:

„„Im Hinblick auf die Einführung einer einheitlichen Währung im Zuge der Wirtschafts- und Währungsunion der EU wurde von der Kommission im sogenannten Grünbuch vom Mai 1995 zur Diskussion gestellt, ob die Einführung eine einheitlichen Währung zu Beginn der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion erfordert, von einem in allen Mitgliedsstaaten einheitlichen Begriff des gesetzlichen Zahlungsmittels auszugehen und eine Harmonisierung herbeizuführen. Diese Vorstellungen sind im Rahmen der Schaffung des EU-Währungsrechtes realisiert worden (Art. 10 S. 2, 11, S. 2 Euro-EinführungsVO vom 3. Mai 1998).“

(a. a. O. § 115 Rd 52)

Zur rechtlichen Einordnung von Buchgeld heißt es dort:

„„Die Unterordnung sowohl von Sachgeld [Notenbankgeld] als auch Buchgeld [Giralgeld] unter einen einheitlichen Geldbegriff besagt nicht, daß Sachgeld und Buchgeld rechtlich gleichzubehandeln sind bzw. daß Buchgeld neben Bargeld gesetzliches Zahlungsmittel ist.“

(a. a. O. § 115 Rd 39; Eckklammerzusatz diesseits)

Zu den gesetzlichen Zahlungsmitteln gehören demgemäß „nur die jeweils geltenden Zahlungsmittel“ (a. a. O. § 115 Rd 31):

„„Die unterschiedliche rechtliche Behandlung von Sach- und Buchgeld zeigt sich bei der Erfüllung durch Überweisung. … Nach der bisher herrschenden Auffassung stellt die Überweisung auf ein Bankkonto nicht Erfüllung, sondern Leistung an Erfüllung statt dar.“

(a. a. O. § 115 Rd 43 f.)

In Übereinstimmung mit der vorstehend beschriebenen Normgenese auch auf europarechtlicher Ebene heißt es weiter:

„„Prägend für den Geldbegriff ist die ‚staatliche Theorie des Geldes‘ geworden. Sie stellt den Begriff des Zahlungsmittels in den Vordergrund, welches dem Begriff des Geldes untergeordnet wird. Damit bleibt das Buchgeld ausgeklammert. … Ob Buchgeld die Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel zukommt, wird seit langer Zeit erörtert. … Die Stimmen, welche eine Einordnung von Buchgeld unter den Begriff gesetzliches Zahlungsmittel kritisch gegenüberstehen, begründen dies mit dem Hinweis auf bestehende faktische und rechtliche Unterschiede, insbesondere damit, daß Inhaber von Bankguthaben zusätzlich das Bonitätsrisiko einer individuellen Bank tragen. Trotz Bankenaufsicht, gegebene Haftung von Bankaufsichtsbehörden sowie Einlagensicherung kann auch in einem modernen Kreditwesen Buchgeld und Bargeld nicht einfach gleichgesetzt werden. … Im Bereich der Wirtschafts- und Währungsunion der EU kann eine Entscheidung nur der Europäische Gesetzgeber treffen.“

(a. a. O. § 115 Rdn 5, 11, 13, 14, 15)

Damit wird für das Geldrecht letztlich die auch in der allgemeinen Rechtsordnung naheliegende Erkenntnis ausgesprochen, daß die unmittelbare Sachherrschaft über einen Gegenstand (§ 854 BGB) tatsächlich und rechtlich etwas strukturell anderes ist als ein lediglich auf die Herausgabe dieses betreffenden Gegenstandes gerichteter, schuldrechtlicher Vindikations- oder Verschaffungsanspruch. Nur und ausschließlich der europarechtlichen Legislative wäre es möglich, Buchgeld zu einem weiteren gesetzlichen Zahlungsmittel neben den Banknoten zu bestimmen. Richterrechtliche Rechtsfortbildung scheidet hier als Möglichkeit für eine Rechtsänderung aus.

4.) Auch außerhalb dieser explizit bankenrechtlichen Literatur ist die fehlende Gleichwertigkeit von Notenbankgeld und Giralgeld (Sachgeld und Buchgeld) allgemein als herrschend anerkannt, Giralgeld ist kein gesetzliches Zahlungsmittel:

„„Unter Geld im gegenständlichen Sinn ist Bargeld zu verstehen, d. h. Münzen und Banknoten. Hier kann weiter zwischen Geld im engeren und Geld im weiteren Sinne differenziert werden. Unter Geld im engeren Sinne fallen die gesetzlichen Zahlungsmittel, die jeder Gläubiger einer Geldschuld kraft Gesetzes annehmen muß. Geld im weiteren Sinne, auch Verkehrs-
geld, sind die im Verkehr anerkannten Zahlungsmittel, d. h. neben den gesetzlichen Zahlungsmitteln auch ausländische Münzen und Banknoten. … Für Bargeld besteht ein Annahmezwang. Buchgeld, auch Bankgeld genannt, ist im bargeldlosen Verkehr von Bedeutung. … Anders als beim Bargeld besteht beim Buchgeld nach herrschender Meinung kein Annahmezwang. Dies bedeutet, daß Buchgeld – streng rechtlich gesehen – nur bei entsprechender Vereinbarung zwischen den Parteien Erfüllungsinstrument ist, da eine Gutschrift auf dem Konto des Gläubigers für diesen weniger wert sein kann als Bargeld“

(Nomos-Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Dauner-Lieb/Langen-Bergdolt, 2. Auflage, §§ 244, 245 BGB Rdn 4-7)

Karsten Schmidt fasst zutreffend zusammen:

„„Umstritten ist, ob die zu Gunsten eines Gläubigerkontos erbrachte Leistung Erfüllung (§ 362 I BGB) oder Leistung an Erfüllung statt ist (§ 364 I BGB). Die traditionelle Auffassung tritt für eine Anwendung des § 364 I BGB ein.“

(Karsten Schmidt in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage, 2012, vor § 244 ff. BGB Rd C43 m. w. N.)

Auch Staudinger-Grundmann hatte für die Kommentarbearbeitung des Jahrganges 1997 (a. a. O. §§ 244, 245 BGB, Rd 10) bereits ausgeführt:

„„Das Dilemma liegt darin, daß gerade heute mit dem Buchgeld ein Phänomen dominiert, das nicht auf staatlicher Anerkennung und Definition beruht“

Genau jenes „Dilemma“ ist indes mit Inkrafttreten des Art. 128 I S. 3 AEUV für den Bereich des Euro beendet. Geld ist jenseits aller Versuche, die mitgliedsstaatliche Regelung des § 14 I S. 2 BBankG im Wege der Auslegung ihres Inhaltes anderweitig zu interpretieren schon europarechtlich nur dann gesetzliches Zahlungsmittel, wenn es von der zuständigen Zentralbank monetarisiert ist.

Erörterung der Rechtsfrage in der Rechtsprechung

Die Rechtsprechung hat sich mit dem betreffenden Problemkreis in jüngerer Vergangenheit grundlegend auseinanderzusetzen begonnen.

1.) In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung hat sich das Finanzgericht Münster in einem Beschluß vom 1. Oktober 2015 (7 V 2897/15 AO) zu § 224 IV S. 2 AO einschlägig geäußert und für den dortigen Zusammenhang zutreffend ausgeführt:

„„Die Vorschrift des § 224 IV S. 2 AO gewährleistet, dass am Ort der Steuerkasse weiterhin Bareinzahlungen … möglich sind. Danach können am Ort der Kasse ‚Zweiganstalten‘ der Deutschen Bundesbank ermächtigt werden, für die Kasse Zahlungsmittel gegen Quittung anzunehmen. Falls am Ort der Kasse keine Filiale der Deutschen Bundesbank besteht, kann auch ein anderes Kreditinstitut zur Entgegennahme von Bareinzahlungen … gegen Quittung ermächtigt werden. Damit dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit von Bareinzahlungen durch die Schließung der Kasse nicht gänzlich genommen wird, ist das Ermessen der Finanzbehörde dergestalt reduziert, dass die Ermächtigung im Regelfall auszusprechen ist.“

Das Finanzgericht Münster hat mit dieser Entscheidung klargestellt:

Auch Steuerpflichtigen darf (ebenso wie den Beitragszahlern im vorliegenden Regelungskontext) die Möglichkeit zur Barzahlung einer Steuerschuld durch Schließung der Kasse nicht genommen werden. Denn dies widerspräche – wie vorstehend ausgeführt – der zwingenden Gesetzesregelung des § 14 I S. 2 BBankG. Um eine gesetzmäßige Verwaltung sicherzustellen, ist das Ermessen der Finanzbehörde zur Ermächtigung eines Kreditinstitutes folgerichtig reduziert. Sie hat die Ermächtigung zur Entgegennahme von gesetzlichen Zahlungsmitteln zu erteilen, wenn immer ihr dies nicht aus anderweitigen Gründen zwingend unmöglich ist.

Das Hessische Finanzgericht hat in einem Urteil (11 K 1497/16) vom 12. Dezember 2017 entschieden, § 14 I S. 2 BBankG bewirke im Rahmen der Tilgung von Steuer(geld)schulden, „daß hinsichtlich des Zahlungszeitpunktes wie zuvor bei einer Zahlungsmittelübergabe in der Finanzkasse § 224 II Nr. 1 AO gilt, der die Zahlung … bereits als mit der Übergabe der Zahlungsmittel (an die Bank) zeitlich für bewirkt erklärt.“ Im Widerspruch zu dieser Urteilserwägung führt dieselbe Entscheidung des Hessischen Finanzgerichtes dann allerdings ebenfalls aus, ein Steuerschuldner habe ungeachtet der gesetzlichen Regelung in § 224 IV S. 2 AO „die Gefahr des Verlustes und die Kostentragung bei der Geldübermittlung“ dann zu übernehmen, wenn er „seine Steuerschulden durch Bareinzahlung bei einer Bank auf das Konto der Finanzkasse tilgt“. Das Hessische Finanzgericht übersieht in dieser Argumentation den Widerspruch der eigenen Darlegung. Dieser erweist sich augenfällig dann, wenn ein Steuerschuldner die Tilgung seiner Steuerschuld durch Übergabe von Banknoten an ein ermächtigtes, jedoch vor Gutschrift des Betrages auf einem Konto der Finanzbehörde in Insolvenz fallendes Kreditinstitut bewirken möchte. In diesem Falle wäre (im Sinne der ersten Erwägung des Finanzgerichtes) infolge der Regelung des § 224 IV S. 2 AO „die Zahlung … mit der Übergabe der Zahlungsmittel (an die Bank) … für bewirkt erklärt“. Zugleich aber würde diese Übergabe von Zahlungsmitteln an die ermächtigte Bank (im Sinne der zweiten Erwägung des Finanzgerichtes) „gerade keine Übergabe von Bargeld an die Finanzkasse“ darstellen. Folglich bliebe die Gefahr des Verlustes bei der Geldübermittlung trotz bereits erfolgter Bewirkung der Zahlung das Risiko des Steuerpflichtigen. Dies ist eine unrichtige, weil widersprüchliche Begründung des Hessischen Finanzgerichtes. Der dortige Rechtsstreit ist deswegen inzwischen dem Bundesfinanzhof zur weiteren Klärung überantwortet (VIII B 19/18).

2.) Außerhalb der finanzgerichtlichen Rechtsprechung hat sich auch die Zivilgerichtsbarkeit mit der Qualität von Giralgeld als bargeldersetzendem Zahlungsmittel auseinandergesetzt.

Der Bundesgerichtshof hat seine insoweit seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland konsequent durchgehaltene Rechtsprechung zuletzt wieder mit Urteil (IX ZR 434/14) vom 28. Juli 2015 bestätigt. Jede Geldschuld muß danach „durch Barzahlung des Nennwertbetrages erfüllt werden“ können (a. a. O. Rn 39). Eine Geldschuld ist nach dieser Rechtsprechung nur dadurch im Sinne des Gesetzes zu erfüllen, daß sie unter Einsatz des Bargeldes als gesetzlichem Zahlungsmittel getilgt wird. Jede andere Form der „Geldzahlung“ durch Gutschrift von Giralgeldbeträgen auf einem Konto stellt sich nach dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes lediglich als eine Leistung an Erfüllungs Statt dar, mit der der Zahlungsgläubiger sein von der Gesetzeslage abweichendes privatautonomes Einverständnis erklären muß. Umgekehrt darf keinem Schuldner ohne oder gegen seinen Willen die Möglichkeit verstellt werden, sich von Zahlungsverbindlichkeiten durhc Bargeldzahlung zu befreien. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes, die anderes besagen würde, existiert nicht. Einzelne anders lautende Entscheidungen von Instanzgerichten hat der Bundesgerichtshof damit an dieser Stelle nochmals höchstrichterlich zurückgewiesen.

3.) Da nicht nur der Beklagte alleine, sondern sämtliche Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland sich in jüngerer Vergangenheit allesamt satzungsrechtlich ausbedungen haben, ihre Rundfunkbeiträge von Beitragspflichtigen ausschließlich in der Gestalt von Giralgeldzahlungen entgegennehmen zu wollen, ist auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit mit Prozessen befasst, in denen zu klären steht, inwieweit die bundesgesetzliche Regelung aus § 14 I S. 2 BBankG einer solchen Satzungsbestimmung entgegensteht.

Nachdem erste verwaltungsgerichtliche Entscheidungen in derartigen Verfahren § 14 I S. 2 BBankG zunächst gänzlich übersehen bzw. ohne weitere inhaltliche Erörterung für rechtlich irrelevant erklärt hatten, befasste sich das Oberverwaltungsgericht NRW in einem Beschluß vom 13. Juni 2017 ebenfalls mit der Rechtsfrage. Ohne weitere eingehende Begründung führte auch das Oberverwaltungsgericht NRW dort aus, es habe „Zweifel an der Prämisse“, § 14 I S. 2 BBankG enthalte einen Ausschluß der obligatorischen bargeldlosen Zahlungsverkehre. Im Übrigen sei aber legitim, von § 14 I S. 2 BBankG abzuweichen, da die Erteilung einer Einzugsermächtigung nur zu einer – so wörtlich – „geringen Belastung des Betroffenen“ führe und dies „durch das Ziel der Verwaltungsvereinfachung legitimiert“ werden könne. Im Bereich der „Massenverwaltung“ sei dies zulässig, um den Verwaltungsaufwand gering zu halten.

Die von dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in der hier angefochtenen Entscheidung zitierte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg vom 29. November 2017 setzt sich mit § 14 I S. 2 BBankG überhaupt nicht auseinander.

Das Verwaltungsgericht Sigmaringen entschied in einem Urteil vom 24. April 2017 (5 K 4476/16) § 14 I S. 2 BBankG betreffe „nicht mögliche Regelungen von Zahlungsmodalitäten im Verwaltungsverfahren“. Eine Auslegung des § 14 I S. 2 BBankG ergäbe, „daß der Regelungsbereich der Bestimmung nicht dermaßen weit reicht“ (a. a. O. Rn 19). Daß aber die „Modalität“ einer Zahlung sich gerade auf das Mittel zu ihrer Erbringung, also auf das „Zahlungsmittel“ bezieht, das § 14 I S. 2 BBankG im Kern regelt, verkennt das Verwaltungsgericht Sigmaringen damit.

Das Verwaltungsgericht München befand am 1. Juni 2016 (M 6 K 15.5638), daß § 14 I S. 2 BBankG lediglich klarstellen wolle, „daß auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel sind, also grundsätzlich – anders als Münzen – in unbeschränkter Höhe anzunehmen sind.“

Eine Auseinandersetzung der verwaltungsgerichtlichen Judikatur mit der vorstehend dargestellten Gesetzeshistorie, den gesetzlich angezielten Zwecken, der systematischen Konstellation des Notenbankgeldes innerhalb der Gesamtgeldordnung oder gar der europarechtlichen Grundlagen findet in dieser Judikatur an keiner Stelle statt.

4.) Einzelne rundfunkrechtlich Beitragsverpflichtete haben anläßlich ihrer Streitigkeiten mit Rundfunkanstalten über Fragen der Beitragspflicht ebenfalls von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach verweigerter Barzahlungsannahme durch die Anstalten den streitigen Betrag bei Amtsgerichten für die Behörde erfüllungsersetzend zu hinterlegen. In einer zunächst bei dem Amtsgericht Reutlingen anhängigen Hinterlegungssache war der Antragstellerin von dem Gericht versagt worden, den Schuldbetrag hinterlegen zu können.

Das zwischenzeitlich im Wege des Verfahrens nach § 23 EGGVG mit der Streitsache befasste Oberlandesgericht Stuttgart hat sich mit Beschlüssen vom 8. Juni 2017 und 18. September 2017 (beide zu Aktenzeichen 19 VA 17/16) ebenfalls auf den freies Richterrecht schöpfenden Rechtsstandpunkt gestellt, § 14 I S. 2 BBankG gelte nicht für das verwaltungsrechtliche „Massengeschäft der Beitragseinziehung“. Auf den in diesem Verfahren diskutierten Gesichtspunkt, daß ein den Gesetzeswortlaut aus § 14 I S. 2 BBankG rechtsrelevant einschränkendes negatives Tatbestandsmerkmal des „Massengeschäftes“ methodisch zunächst überhaupt voraussetze, für die Subsumtion zu definieren, was für den Rechtsanwender eine „Masse“ sei, hat der dortige Senat mit weiterem Beschluß erklärt, er müsse „nicht entscheiden und definieren, wo ein Massenverfahren abstrakt beginnt und endet“, da er im Streitfalle „konkret ein solches festgestellt“ habe. Der dortige Rechtsstreit ist inzwischen zu dem Aktenzeichen 2 BvR 2737/17 bei dem Bundesverfassungsgericht anhängig.

e.) Soweit ersichtlich, zeichnet sich nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung und namentlich der jetzigen Befassung auch des Bundesverwaltungsgerichtes mit der streitgegenständlichen Rechtsfrage in dem vorliegenden Rechtsstreit ab, daß eine Befassung des Gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe diskutiert werden könnte.

Revisionsbegründung Teil 2: Sachverhalt und Prozessgeschichte

Der Beklagte hat von der ihm in § 9 I S. 2 Nr. 2 RBeitrStV erteilten Satzungsermächtigung mit Wirkung zum 1. Januar 2013 unter anderem dergestalt Gebrauch gemacht, daß er in § 10 II seiner Satzung über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge unter Ausschluß einer unmittelbaren Schuldtilgung des Schuldners an den Gläubiger durch Bargeld lediglich Zahlungen per „Lastschrifteinzug“, „Einzelüberweisung“ oder „Dauerüberweisung“ annehmen möchte.

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