Der ehemalige Musikproduzent Michael Quinn gründete mit einem ebenfalls irischen Kompagnon auf den Britischen Jungferninseln die Firma Process & Industrial Development (P&ID). Wie das Fachmagazin Global Arbitration Review am 23.10. aus dem Revisionsurteil berichtete, bestach diese Firma eine nigerianische Beamtin, um 2010 den Vertrag über den Bau eines Gaskraftwerks an Land zu ziehen. Ohne ansonsten irgend etwas nennenswertes getan zu haben, klagte das Duo schon 2012 vor einem Investorenschiedsgericht in London auf Schadenersatz. Angeblich hatte der Staat nicht genügend Infrastruktur bereitgestellt, um das Projekt zu realisieren.
Die Schiedsgerichte bestehen in der Regel aus je einem von der Klägerseite und der Beklagtenseite vorgeschlagenen Anwalt einer internationalen Kanzlei und einem vom Träger des Schiedsgerichts bestimmten weiteren Anwalt als Vorsitzendem. Da in der Regel – aber nicht immer – die von den Parteien benannten Schiedsrichter mit diesen stimmen, hängst meist alles daran, wie ernst eine einzelne Person, der Vorsitzende, ihre Aufgabe nimmt und wie sie entscheidet.
Das Schiedsgericht sprach den beiden die absurde Summe von 6,6 Mrd. Dollar „Schadensersatz“ zu. Mit Zinsen, die ebenfalls viel zu hoch angesetzt wurden, wären das inzwischen 11 Mrd. Dollar. Derartige Exzesse gibt es bei diesen Mickey-Maus-Gerichten immer wieder, weil sich eingebürgert hat, mit irgendwelchen Rechenmodellen absurd hohe Gewinne zu ermitteln, die man angeblich hätte erzielen können, um diese dann zur Grundlage des Schadenersatzes zu machen. Ob man – abgesehen von Korruptionszahlungen – irgendwelche Kosten hatte, ist unwichtig.
Mit einer ersten Anfechtung des Urteils scheiterte Nigeria. Dann erfuhr die nigerianische Regierung durch eine glückliche Fügung von unsauberen Machenschaften der Anwälte der Firma während des Schiedsverfahrens und konnte damit eine Wiederaufnahme erreichen. Es stellte sich heraus, dass es Falschaussagen gegeben hatte. Außerdem war es der Anwaltskanzlei der Firma – mutmaßlich durch Bestechung – gelungen, an die internen Unterlagen der nigerianischen Seite in Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren zu kommen. Dadurch hatten sie einen illegitimen Wissensvorsprung.
Abgesehen davon stellte der Richter verklausuliert fest, dass die Berechnung der Schadenshöhe und der Zinsen hanebüchen war, der von Nigeria benannte Schiedsrichter viel zu passiv war und auch der Vorsitzende des Schiedsgerichts die Schadensberechnung nicht ausreichend hinterfragte. Die nigerianische Regierung kümmerte sich praktisch nicht um das Schiedsverfahren. Das wirkt im Nachhinein dumm und inkompetent. Wenn man aber bedenkt, dass sie sich zwei Glücksrittern gegenübersah, die keinerlei Investitionen im Land getätigt hatten, wird es verständlich. Normale Menschen rechnen ja nicht damit, das solche Leute eine „Entschädigung“ in Milliardenhöhe zugesprochen bekommen könnten.
Der Londoner Richter warnte, dass solche Fehler in der etablierten Praxis der Schiedsgerichte angelegt seien und jederzeit wieder passieren können. Er stellt auch fest, dass nicht viel gefehlt hätte, und die beiden kriminellen Glücksritter mit ihren korrupten Londoner Anwälten hätten das größte Land Afrikas um einen Großteil der Steuereinnahmen eines Jahres erleichtert. Bei den beiden Anwälten wären im Erfolgsfall mehrere Milliarden Dollar hängengeblieben.
Fazit
Die Investorenschiedsgerichtsbarkeit ist irreparabel korrumpiert durch Anreize für die Schiedsrichter und Kläger, die dafür gesorgt haben, dass es regelmäßig um viel zu viel Geld geht. Entscheidungen über Schadenersatz bei Enteignungen gehören vor ein ordentliches Gericht.