EU lässt französischen Richter des Internationalen Strafgerichtshofs gegen die USA im Stich

22. 11. 2025 | Die von der EU widerstandslos hingenommenen Sanktionen der USA gegen einen französischen Richter des Internationalen Strafgerichtshofs zeigen, wie gefährlich die alternativlose Digitalisierung ist und was von der Behauptung der EU-Kommission zu halten ist, sie wolle mit dem digitalen Euro Europas Autonomie gegenüber den USA stärken.

Der französische Richter des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, Nicolas Guillou, wurde von den USA mit Sanktionen belegt, nachdem das Gericht Haftbefehle gegen den israelischen Premierminister und den Verteidigungsminister wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit ausgesprochen hatte.

Guillou berichtete der Zeitung Le Monde, all seine Konten bei US-Unternehmen wie Amazon, Airbnb oder PayPal seien geschlossen worden. Online-Buchungen, selbst für Hotels in Frankreich, und Bestellungen über das Internet seien ihm nicht mehr möglich. Zahlungssysteme seien für ihn blockiert, da US-Zahlungsdienstleister über ein Quasi-Monopol in Europa verfügten. Selbst Konten bei europäischen Banken seien teilweise geschlossen worden.

Guillou plädiert dafür, dass Europa mehr Souveränität im Digital- und Bankensektor gewinnen sollte. Dies ist die erklärte Absicht, die die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank mit der angestrebten Einführung eines digitalen Euro verfolgen. Allerdings würde das voraussetzen, dass sie sich über den erklärten Widerstand der USA gegen Bestrebungen hinwegsetzen, deren Sanktionsmacht zu schwächen. Die Fähigkeit oder der Wille dazu, scheinen nicht vorhanden zu sein.

Denn die EU hat bisher, wie Guillou beklagt, eine bestehende Blocking-Regelung nach Verordnung EG Nr. 2271/96 nicht für den Internationalen Strafgerichtshof aktiviert. Diese soll Drittstaaten daran hindern, Sanktionen in der EU durchzusetzen. EU-Unternehmen dürften dann US-Sanktionen nicht mehr befolgen, wenn diese EU-Interessen verletzen. Unternehmen, die dagegen verstoßen, wären dann schadensersatzpflichtig.

Eine EU, die sogar Richter des in der EU ansässigen Internationalen Strafgerichtshofs im Stich lässt, wenn eine auf das internationale Recht pfeifende US-Regierung willkürliche Sanktionen gegen sie beschließt, wird es unmöglich schaffen, einen digitalen Euro so auszugestalten, dass das Quasi-Monopol der US-Zahlungsdienstleister tatsächlich gebrochen und die Sanktionsmacht der USA unterminiert wird.

Hinweis: Über den Beitrag in Le Monde hat auf Deutsch zuerst Heise.de berichtet

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