Wie sich DPA, APA und AFP von den Regierenden für die Gleichrichtung der Medien bezahlen lassen

20. 05. 2024 | Die großen Nachrichtenagenturen entscheiden, was die Mehrheit der Bevölkerung erfährt und mit welcher Einkleidung. Um so wichtiger wäre es, dass sie unabhängig von den Regierenden und deren Agenda agieren. Stattdessen lassen sie sich dafür bezahlen, in deren Sinne zu definieren, was die eigenen Journalisten und andere Medien als wahr und als nachrichtenwürdig zu betrachten haben. Sie sind der Dreh- und Angelpunkt für die willfährige Gleichrichtung der Berichterstattung bei Themen wie Corona, Klima und Geopolitik.

Stellen Sie sich vor, sie sind für die Medienpolitik einer Regierung zuständig, die möchte, dass die großen Medien Themen, die der Regierung wichtig, aber in der Gesellschaft umstritten sind, eine regierungsgefällige Nachrichtenauswahl treffen und das Narrativ der Regierung stützen. Was brauchen Sie, wenn Sie nicht offen zensieren und eine bestimmte Berichterstattung vorschreiben können?

  1. Eine vermeintlich unabhängige Instanz, die allen mitteilt, was wahr und was die richtige Sichtweise ist
  2. Anreize und Restriktionen, die dafür sorgen, dass diese Festlegungen übernommen werden.

Im folgenden will ich ein real existierendes Arrangement vorstellen das dies gewährleistet.

GADMO

Für die mediale Gleichrichtung im deutschsprachigen EU-Raum finanziert die EU-Kommission das im November 2022 gegründete German-Austrian Digital Media Obeservatory, kurz GADMO, also eine deutsch-österreichische Digitalmedien-Beobachtungsstelle.

Mitglieder sind die in diesem Raum dominierenden Nachrichtenagenturen DPA, APA und AFP, sowie das regierungsnahe und -finanzierte Recherchekollektiv Correctiv.

Die Journalismus- und Statistik-Spezialisten der TU Dortmund, die gemeinsam ein Zentrum für datengestützte Medienanalyse betreiben, kümmern sich um die Datenauswertung. Für die digitaltechnischen Aspekte der Überwachung der Online-Medien sind das Austrian Institute of Technology und das Athens Technology Center (ATC) zuständig. Das ATC koordiniert auch das SOMA-Projekt der EU, die „Sozialbeobachtungsstelle für Desinformation und Analyse der sozialen Medien“.

Wie bereits berichtet, hat die EU ihrer Beobachtungsstelle für Desinformation mit SOMA eine Abkürzung gegeben, die Leser von Aldous Huxleys dystopischem Roman „Schöne neue Welt“ als die Bezeichnung der Droge kennen, mit der die Regierenden dort die Bevölkerung ruhig und gefügig halten. Das Programm vernetzt und unterstützt obrigkeitstreue Faktenchecker mit den jeweils passenden, bereits ausformulierten Narrativen zu allem Möglichen. Außerdem wendet es sich an Medienhäuser, Social Media Innovatoren, Forscher und politische Entscheider.

Zur Mission von GADMO heißt es auf deren Netzseite:

„Desinformation und manipulierte Informationen bedrohen demokratische Gesellschaften. Sie untergraben das Vertrauen in demokratische Institutionen, fachen gesellschaftliche Konflikte an und (…) können sich auch auf anstehende Wahlen auswirken. Bei GADMO arbeiten Faktencheck- und Forschungsteams aus Deutschland und Österreich zusammen, um potenziell schädlichen Desinformationskampagnen in den Medien, sozialen Netzwerken und auf Messenger-Plattformen entgegenzuwirken. (…) GADMO ist unabhängig, überparteilich und frei von kommerziellen Interessen.“

Die drei Nachrichtenagenturen DPA, APA und AFP haben jeweils eigene Faktenchecker-Teams, mit denen sie an GADMO beteiligt sind. Damit wollen Sie erklärtermaßen der Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken, also eine einheitliche Sicht auf die Welt befördern. Entsprechend sind die Faktenchecker auch nicht dafür da, wie im traditionellen Journalismusverständnis Berichte der Agenturen auf Korrektheit zu prüfen, bevor sie veröffentlicht werden.

Vielmehr nehmen sich die Faktenchecker bevorzugt viel gelesene oder -gesehene Nachrichten und Meinungen auf den sozialen Medien vor, die ein Narrativ der Regierenden konterkarieren, und diskreditieren diese mit Labels wie „falsch“, „teilweise falsch“ oder „fehlender Kontext“. Wie einseitig und unseriös die sogenannten Faktenchecker dabei zu Werke gehen, habe ich in vielen Beiträgen analysiert. Ein negatives Label führt dann dazu, dass die betreffenden Beiträge auf den Medienplattformen gelöscht oder ausgebremst werden. Correctiv vergibt diese Labels gegen Bezahlung für Facebooks, AFP für Facebook, WhatsApp und TikTok.

Von wegen unabhängig

Das mit der behaupteten Unabhängigkeit und Freiheit von kommerziellen Interessen ist etwas fragwürdig, wenn man bedenkt:

  • Das Projekt wird von der EU finanziert.
  • Eines der Mitglieder koordiniert ein anderes EU-finanziertes, verwandtes Medienbeobachtungsprojekt.
  • Die beteiligten Faktencheckerorganisationen hängen für ihr Geschäftsmodell davon ab, dass die EU Druck auf die Plattformen macht und diese nötigt, externe Faktenchecker anzuheuern, die festlegen, was gesperrt oder ausgebremst zu werden hat.
  • Die Bundesregierung verkündete den Start von GADMO stolz in einer eigenen langen Mitteilung.

Aber es kommt noch viel schlimmer.

Plattformaufsicht für die EU

GADMO und seine Mitglieder haben sich auch von der EU beauftragen lassen, die Umsetzung des von der EU den Plattformen aufgenötigen Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation zu überprüfen. Sie werden also von der EU noch dafür bezahlt, dass sie selbst den Plattformen ein schlechtes Zeugnis ausstellen dürfen, von denen sie Geld für Zensurdienstleistungen bekommen. Das sind massivste Interessenkonflikte im Quadrat, die alle darauf hinwirken, den Zensurdruck auf die Plattformen zu erhöhen.

Wenn Sie etwa versuchen, diesen Beitrag über Facebook zu teilen, wird ihnen mit ziemlicher Sicherheit mitgeteilt werden, dass ihr Post wegen des Verdachts von Gewaltdarstellungen oder extremen Inhalten ausgebremst wurde. Das hat für Facebook den Vorteil, dass die Statistik seiner Gegenmaßnahmen gegen Gewaltdarstellungen besser wird, und für die Regierenden, dass ein kritischer Bericht weniger gelesen wird.

Es kommt aber noch schlimmer.

GADMO hat ein Advisory Board, einen Beirat, der angeblich „aus unabhängigen Expertinnen und Experten“  zusammengesetzt ist, die „Orientierungshilfen für strategische Entscheidungen geben und die Einhaltung wichtiger Richtlinien und Grundsätze durch die Projektleitung.überwachen“.

Medienaufsichtsbehörden als GADMO-Aufseher

Kein Interessenkonflikt, aber bezeichnend, ist die Präsenz von Josef Holnburger, von Cemas, einem „wissenschaftlichen“ Institut, das sich darauf spezialisiert hat, Kritiker der Mächtigen in pseudowissenschaftlicher Blähsprache als Antisemiten und Verschwörungstheoretiker zu verunglimpfen.

Dann ist da aber auch noch eine Vertreterin der Landesanstalt für Medien NRW. Diese ist gesetzlich mit der Beaufsichtigung von Internet- und Rundfunkangeboten betraut. Mit dabei auch ein Vertreter der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, die als Geschäftsstelle der Regulierungsbehörde KommAustria fungiert.

Es sind also Vertreter der Medienaufsichtsbehörden Deutschlands und Österreichs, die diesem „unabhängigen“, von der EU bezahlten Projekt Orientierung geben und die Projektleitung überwachen.

Das US-Militär als Aufseher

Der Clou ist aber die letzte im Bunde der Aufseher: SJ Terp, die in den USA lebt und arbeitet. Ihr Vorname wird abgekürzt, möglicherweise damit man sie schwerer findet. Von ihr heißt es:

„SJ Terp hat das DISARM-Framework (ehemals AMITT) mit entwickelt, das Ansätze der Cybersicherheit im Kampf gegen Desinformation anwendet, und ist Chief Scientist der DISARM Foundation. Sie hat weltweit Reaktionssysteme für wahl- und gesundheitsbezogene Cognitive Security eingerichtet, Unternehmen beim Risikomanagement von Desinformation beraten und eine Reihe von Tools für den Betrieb von Operationszentren für Cognitive Security entwickelt. SJ lehrt Cybersicherheit und Cognitive Security an der University of Maryland sowie an der Columbia University und ist Senior Fellow beim Atlantic Council.“

Der Atlantic Council ist eine Nato-Vorfeldorganisation. Dass sie im Beirat von GADMO sitzt, ergibt nur Sinn, wenn das genannte „DISARM-Framework“ (Entwaffnungs-Rahmenwerk) bei GADMO Anwendung findet. Beschrieben wird es als ein „Master-Rahmenwerk zur Bekämpfung von Desinformation durch Austausch von Daten und Analysen und Koordination effektiver Aktion“. Das wäre ziemlich bedenklich, denn auf der Netzseite der Disarm-Foundation heißt es auch (übersetzt) über das DISARM-Framework:

„Es ist deskriptiv, nicht präskriptiv. Wir geben den Nutzern keine Anweisungen, wie sie es verwenden sollen. Der Satz von Verteidigungsmaßnahmen des Rahmenwerks (..) enthält Aktionen, die in Ländern mit unterschiedlichen ethischen Werten beobachtet werden (wie etwa „Zensur“, eine Aktion, die in Ländern mit autoritären Regierungen beobachtet wird). Wir werden diesen „blauen“ Workshop-Output weiterhin zur Verfügung stellen, während wir eine Alternative entwickeln, die auf demokratischen Werten und ethischen Grundsätzen basiert.“

Entwickelt worden sei dieses Rahmenwerk zwischen 2017 und 2019 von einer Credibitlty Coalition.

Diese hat zwar eine Netzseite. Dort gibt es aber nur Floskeln darüber, wer zu dieser Koalition gehört und was sie tut. Sie geben Zuschüsse, aber es bleibt völlig im Dunkeln, woher sie selbst ihr Geld bekommen.

Aufklärung gibt ein Artikel in einem Fachmagazin aus dem Jahr 2018, in dem großzügige Zuschüsse verkündet werden von „Google News Lab, the Facebook Journalism Project, Craig Newmark Philanthropies und weiteren privaten Spendern“ für die Finanzierung der Anstrengungen zur Entwicklung von Glaubwürdigkeits-Indikatoren, die dann Forschern, der Öffentlichkeit und den großen Plattformen zur Verfügung gestellt werden sollen.

Die vielen Erwähnungen von Security im Zitat oben und die Geheimniskrämerei um die Credibility Coalition deuten auf einen geheimdienstlichen oder militärischen Hintergrund hin.

Dieser Verdacht bestätigt sich schließlich durch einen Artikel des Magazins Wired aus dem Jahr 2020 über GADMO-Aufseherin Sara-Jayne Terp, die DISARM entwickelt hat, offenbar für die Credibitlity Coaliton.

Damals hat man noch keine so große Scheu, die militärischen Ursprünge der Anti-Desinformationskampagne offenzulegen wie heute. Mutmaßlich liegt das daran, dass es damals noch nicht die vielen Regeln und Institutionen zur Manipulation und Zensur der Internet-Medien gab, die seither eingeführt wurden.

Damals konnte man noch glaubwürdig so tun, als wolle man wirklich nur Desinformationsangriffe von außen abwehren. Dabei ist schon der erste Absatz des Artikels verräterisch, denn es geht um eine Übung für eine eigene Desinformationskampagne der US-Regierung:

„An einem Tag Anfang Juni 2018 flog Sara-Jayne Terp, eine britische Datenwissenschaftlerin, von ihrem Wohnort in Oregon nach Tampa, Florida, um an einer Übung teilzunehmen, die das US-Militär veranstaltete. Am Jahrestag des D-Day versammelte das US Special Operations Command eine Gruppe von Experten und Soldaten für ein Gedankenexperiment: Wie würde die Invasion in der Normandie aussehen, wenn sie heute stattfinden würde? Die Operation von 1944 war vor allem deshalb so erfolgreich, weil die Alliierten fast ein Jahr lang falsche Informationen verbreiteten, die Deutschen davon überzeugten, dass sie Truppen an Orten aufstellten, an denen dies nicht der Fall war, falsche Funksprüche sendeten und sogar Panzerattrappen an Schlüsselstellen aufstellten. Wie würde man den Feind mit den heutigen Mitteln täuschen?“

Kern von DISARM ist ein Katalog von möglichen Manipulationsmaßnahmen. Gesprochen wird nur von Abwehr, so wie so ziemlich alle Militärminister der Welt sich „Verteidigungsminister“ nennen, aber trotzdem jede Menge Angriffskriege beginnen.

Es liegt in der Natur der Sache, dass dieser Katalog auch als Handlungsanleitung für eigene Manipulationen genutzt werden kann. Mein Eindruck ist, dass das auch sehr ausgiebig geschieht. Im Wire-Artikel über Terp, die ihre Laufbahn als Verteidigungsanalystin für die britische Regierung begonnen habe, geht es weiter mit:

„Kurze Zeit später half Terp dabei, eine internationale Gruppe von Sicherheitsexperten, Akademikern, Journalisten und Regierungsforschern zusammenzubringen, um an dem zu arbeiten, was sie „misinfosec“ nannte. (…) Die Misinfosec-Gruppe entwickelte schließlich eine Struktur zur Katalogisierung von Fehlinformationstechniken, die auf dem ATT&CK Framework basiert. In Übereinstimmung mit der Toleranz für Akronyme in diesem Bereich nannten sie es AMITT (Adversarial Misinformation and Influence Tactics and Techniques). Bisher haben sie mehr als 60 Techniken identifiziert, die sie den Phasen eines Angriffs zuordnen. (…) Je mehr es genutzt wird, desto effektiver wird AMITT sein, sagt Terp und fügt hinzu, dass ihre Gruppe mit der NATO, der EU und dem Ministerium für Innere Sicherheit zusammenarbeitet, um das System zu testen.“

AMITT wurde später in DISARM umbenannt.

Die EU arbeitet also mit der Nato und den US-Geheimdiensten zusammen, um das System zu erproben und heute, vier Jahre später, offenbar auch anzuwenden. Dieser Satz, und die Rolle von Terp als Aufseherin von GADMO legen den Schluss nahe, dass im Rahmen dieses Projekts die großen Nachrichtenagenturen  zusammengeschaltet werden, um für eine den US-Diensten (Homeland Security), der Nato und der EU gefällige Berichterstattung in den Medien des deutschsprachigen EU-Raums zu sorgen.

Schon 2018 erklärte die EU den Meinungskampf zum militärischen Aktionsfeld und „Desinformation“, mit der sogenannte hybride Akteure versuchten, die Gesellschaft zu spalten und die öffentlichen Meinung zu beeinflussen, zum Gegner. Die EU verkündete, gegen hybride Bedrohungen, einschließlich „Desinformation“ aktiver zu werden und gründete gemeinsam mit der Nato ein „Zentrum für hybride Bedrohungen“ in Helsinki.

Dafür, dass Netzseiten, die „Desinformation“, wie von den Faktencheckern definiert, betreiben, sich nicht über Werbung finanzieren können, sorgt eine aus Geheimdienstkreisen gegründet und neben staatsnahen Stiftungen auch von Regierungen finanzierte Organisation in den USA namens Global Disinformation Index.

Belohnung inklusive

Wie die Bundesregierung im März 2024 verkündete, bekommt die DPA von der Regierung eine Million Euro für das Projekt „Jahr der Nachricht“. Bei dieser Image-Werbekampagne für die etablierten Medien und gegen alternative Nachrichtenkanäle arbeitet DPA mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und einigen der wichtigsten privaten Medienkonzerne des Landes zusammen.

Bundesregierung spendiert Nachrichtenagentur dpa eine Million Euro für Werbung und Kundenbindung
19. 03. 2024 | Die Ministerin für Inneres und Heimat, Nancy Faser (SPD), bezahlt Deutschlands mit Abstand wichtigster Nachrichtenagentur und deren Partnern bis zu einer Million Euro Steuergeld um Werbung für die etablierten Medien zu machen und die regierungskritischere, unabhängige Konkurrenz („Desinformation“) zu bekämpfen.

Mitgesellschafter der für das Projekt gegründeten GmbH #UseTheNews, an die die Regierungsmillion fließt, ist das Hans-Bredow-Institut für Medienforschung in Hamburg. Zufällig ist ein Vertreter dieses Instituts im Beirat von GADMO vertreten.

Ein Netz über ganz Europa

Mit der Überwachung und Manipulation des Gedanken- und Informationsaustauschs im Internet auf deutsch geben sich EU, USA und Nato natürlich nicht zufrieden. So heißt es bei GADMO stolz:

„GADMO ist Teil des europaweiten Netzwerks des European Digital Media Observatory (EDMO). Die EU-geförderte Initiative koordiniert ein Netzwerk aus 14 Hubs, die in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union aktiv sind. EDMO bringt Faktencheck-Teams, Medienfachleute und Forschende zusammen, um ein Netzwerk zu schaffen, das in der Lage ist, Desinformationskampagnen aufzudecken und zu analysieren…“

Der Zweck von EDMO und seinen 14 „Hubs“ in der EU wird auf der Netzseite treffend beschrieben:

„EDMO soll als Referenzpunkt für Daten und Strategien zu Desinformation, öffentlichem Vertrauen, Medienkompetenz und Informationsqualität dienen.“

Mit anderen Worten. Bei EDMO erfahren Medienvertreter was aus offizieller Sicht wahr und was falsch ist.

Faktenchecker an einer Leine aus den USA

Über ein anderes Arrangement, das dafür sorgt, dass die offiziösen Faktenchecker in Deutschland und Europa die aus US-Sicht richtigen Narrative stüzten und die falschen diskreditieren, habe ich bereits geschrieben.

DPA zur Gesundheitsdiktatur: Peinliche Faktenchecks mit verräterischen Fäden zu den Hintermännern
18. 12. 2022 | In den letzten Monaten habe ich mehrmals zur drohenden WHO-Gesundheitsdiktatur geschrieben. Die Nachrichtenagentur dpa hat dem Thema einige selbst für ihre Verhältnisse sehr dünne Faktenchecks gewidmet. Das hat mich inspiriert, den dort ausgelegten Fäden zu den Hinterleuten der internationalen Faktenchecker-Mafia zu folgen.

Die öffiziösen Faktenchecker-Organisationen in Europa haben in der Regel ein Siegel des International Fact Checking Network (IFCN) am Poynter Institut in Florida, einer informellen Genehmigungsbehörde und Geldgeberin für sogenannte Faktenchecker. Lustigerweise verdankt die DPA ihr Siegel einer Überprüfung für das IFCN durch einen Mitarbeiter des Instituts für Journalismus der TU Dortmund, das Institut, mit der die DPA nun GADMO betreibt.

Eine IFCN-Datenbank bietet mehr als 10.000 „Faktenchecks“ zu COVID-19-bezogenen „Fehlinformationen“ als Ressource für Faktenchecker, Journalisten, Forscher und Nutzer an, pries etwa die WHO. Wer also einen Faktencheck zu schreiben hat, findet ziemlich sicher schon etwas passendes bei IFCN und weiß dann zumindest, in welche Richtung er zu recherchieren und zu schreiben hat.

IFCN verbindet die offiziösen Faktenchecker miteinander und stellt ihnen die passenden offiziellen Informationen zur Verfügung, um abweichenden Informationen entgegenzuwirken. Es subventioniert die von ihm lizenzierten Faktenchecker und hat einen Unterstützungsfonds für Faktenchecker, die es mit dem Diskreditieren ihrer Opfer zu weit getrieben haben und deshalb verklagt werden.

Um Verträge mit sozialen Medienplattformen wie Facebook über Faktenüberprüfungen abzuschließen, müssen Faktenprüfer vom IFCN lizenziert werden. Die IFCN hat Richtlinien darüber, welche Arten von Nachrichten und Nachrichtenquellen eine Überprüfung wert sind. Der Schwerpunkt liegt dabei sehr stark auf den Nicht-Mainstream-Medien. I

Das Netzwerk selbst wird unter anderem finanziert vom US-Außenministerium, der National Endowment for Democracy (NED), der Omidyar Network Foundation, der Bill & Melinda Gates Foundation, Open Society Foundations, Google und Facebook.

Der Mechanismus der Gleichrichtung

Mit diesen Zutaten haben wir ein teilautomatisiertes System der Gleichrichtung der europäischen Medien beisammen. In den USA werden die wichtigen Themen und zugehörigen Wahrheiten definiert. Die dortigen Faktenchecker arbeiten diese Wahrheiten in ihren Beiträgen aus und stellen sie allen europäischen Faktencheckern zur Verfügung. Diese wissen dadurch, bei welchen Themen es offizielle Wahrheiten zu verbreiten und zu verteidigen gibt, und wie diese lauten.

Die von der EU finanzierten Faktencheckernetzwerke filtern die für Europa und die jeweiligen Länder relevanten Themen heraus und passen die Faktenchecks an die hiesigen Gegebenheiten an. Diese Faktenchecks werden wiederum der Öffentlichkeit und allen europäischen Faktencheckern zur Verfügung gestellt. Letztere nehmen sie zur Basis für eigene Faktenchecks.

Die Wirkungsweise ist folgende: Soweit die Faktenchecker selbst Teil von Medienhäusern sind, wie bei AP, AFP, DPA, APA, ARD etc., bewirken die Faktenchecks direkt, dass alle Journalisten in diesen Medien auf die offiziellen Wahrheiten geeicht werden. Denn wer in seinen Berichten Thesen vertritt, die von den eigenen Faktencheckern als falsch und meist auch als moralisch verderbt dargestellt werden, fördert seine Karriere nicht gerade. Das würde von Kritikern unweigerlich aufgespießt und gegen das jeweilige Medienhaus verwendet.

Damit ist schon gewährleistet, dass die Agenturberichte, mit denen die meisten Zeitungen und Online-Medien einen Großteil ihrer Berichterstattung betreiben, dem vorgegebenen Narrativ folgen. Dasselbe gilt für die Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

Einen abschreckenden Effekt auf potentielle Abweichler dürften die Faktenchecks auch auf Journalisten anderer Häuser haben, soweit diese unabhängig von den Nachrichtenagenturen Berichte schreiben. Wer will sich schon als Verschwörungstheoretiker oder Schwurbler outen. Sollte er in Einzelfällen nicht ausreichen, bieten die Faktenchecks den Chefredaktionen eine bequeme Möglichkeit für Willfährigkeit zu sorgen, ohne die eigenen Journalisten offen in ihrer Meinungs- und Recherchefreiheit einzuschränken. Sie können einfach darauf verweisen, dass ein Faktencheck die These des unbotmäßigen Schreiberlings als falsch entlarvt hat.

Dafür ist natürlich notwendig, dass die Chefredaktionen dies zu ihrem Anliegen machen. Oft ist das gegeben. Bei den Medien des „transatlantischen Medienhauses“ Axel Springer werden die Journalisten per Arbeitsvertrag auf transatlantische Bündnistreue festgelegt. Bei anderen Häusern geschieht das etwas weniger explizit. Wenn es also um Themen von geopolitisch-militärischer Relevanz geht, dürfte die Bereitschaft der Chefredaktionen gegeben sein, unauffällig für Narrativtreue zu sorgen. Wir haben ja gesehen, welche Rolle das Militär bei GADMO und allgemein beim Kampf gegen „Desinformation“ spielt.

Es gibt auch eine starke gegenseitige Abhängigkeit von Regierungen und Presseorganen. Denn diese werden reihum mit exklusiven Informationen versorgt und zu informellen Unterrichtungen eingeladen, aber nur solange sie bei den besonders wichtigen Themen auf Linie bleiben. Wer aus diesem Kreis ausgeschlossen wird, hat es schwer, bei seinen Lesern oder Zuschauern einen gut informierten Eindruck zu vermitteln.

In seltenen Fällen, wenn es mit der Linientreue hakt, enthalten die Faktenchecks auch mal direkte Ansagen an die Journalistenkollegen, wie sie (nicht) berichten sollen. So etwa bei einem Faktencheck der ARD über Fotos und Berichte über hohe Materialverluste der zum Wendepunkt hochstilisierten Sommeroffensive der Ukraine 2023. Darin durfte eine Analystin des Institute for Strategic Dialogue (ISD)  den deutschen Journalisten ins Gewissen reden:

„Mit vorschnellen Schlagzeilen über vermeintliche Misserfolge der Ukraine würden die Medien der russischen Propaganda in die Hände spielen, sagt Smirnova. „Die russischen Medien versuchen, die ukrainische Offensive als gescheitert darzustellen. Vor allem mit Blick auf die angebliche Zerstörung westlicher Technik wird versucht, die westliche Hilfe für die Ukraine sinnlos und vergeblich erscheinen zu lassen.“ (…) .Deutsche Medienberichte, die die Gegenoffensive als erfolglos bezeichnen, würden von prorussischen Propagandisten bereitwillig aufgenommen und verbreitet werden, so Smirnova. In mehreren prorussischen Telegramkanälen sind beispielsweise Collagen von deutschen Schlagzeilen geteilt worden.“

Das ISD habe ich in einem Beitrag von 2020 folgendermaßen beschrieben: „Im Vorstand sitzen Leute wie der ehemalige Verteidigungsminister zu Guttenberg, Springer-Chef Matthias Döpfner und ganz viele britische Adlige, von denen man annehmen darf, dass für sie der Extremismus beginnt, wo der Bückling des Dieners zu wünschen übrig lässt. Berater des Instituts sind unter anderem der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger und der ehemalige deutsche Geheimdienstchef August Hanning.“

Andere bündnisnahe Analysten versicherten, dass es nur wenige Panzer seien, die zerstört wurden, und dass die Tatsache, dass sie „immobil“ zurückgelassen wurden, nicht unbedingt bedeute, dass sie dauerhaft kaputt seien. Und die Panzerfahrer würden noch leben.

Nur elf Tage später, am 18. Juli veröffentlichte das Wall Street Journal einen Bericht, wonach die Ukraine ihre Angriffsziele verfehlt habe und wegen ihrer Verluste an Panzern und anderem Kriegsgerät auf eine „langsame Herangehensweise“ an ihre Gegenoffensive umschalte. Mitte Oktober erfuhren die deutschen Fernsehzuschauer im ZDF, dass die Offensive gescheitert war, bei anderen großen Medien dauerte es noch deutlich länger.

Fazit

Eine aus den USA koordinierte, von der EU bezahlte und der Bundesregierung unterstützte Faktencheckerszene sorgt dafür, dass alle Medien zu wichtigen Themen mit narrativ-treuen Agenturberichten versorgt werden, die sie weiterverbreiten, und in eigenen Berichten und Kommentaren dem von oben vorgegebenen Narrativ treu bleiben.

Aus diesem Blickwinkel erklärt sich auch, warum die Faktenchecks oft so offen tendenziös und die Argumente grenzdebil sind, wie etwa bei den Beiträgen der ARD-Faktenerfinder. Es geht gar nicht in erster Linie darum, mit diesen Faktenchecks jemand zu überzeugen. Ihre Hauptfunktion liegt darin, der Medienlandschaft zu verkünden, was die Themen sind, zu denen es ein Narrativ zu respektieren gilt und wie dieses Narrativ lautet.

So erkläre ich mir beispielsweise, warum es zu den seit drei Jahren andauernden Verhandlungen über ein WHO-Pandemieabkommen und die Verschärfung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR) bis vor Kurzem fast nur Faktenchecks (von DPA, Ccorrectiv, APA, BR, ZDF und Deutsche Welle), aber fast keine eigenen Berichte der Nachrichtenagenturen und Presseorgane gab. Die Faktenchecks machten deutlich, dass Kritik an den Vertragswerken von hoher Stelle unerwünscht war und als abseitig zu gelten hatte („Verschwörungstheorien“, „Geschwurbel“), jedenfalls soweit sich die Kritik gegen den vorgesehenen Machtzuwachs der WHO richtete. Da es in den relevanten Kreisen keine Debatte um diese Verträge gab, solange die etablierten Medien nicht berichteten, war Beschweigen die einfachste Möglichkeit ein Narrativ zu respektieren, das ausdrücklich zu verteidigen kaum überzeugend möglich ist.

Verneigung: Ich wurde über einen Beitrag auf tkp.at auf GADMO aufmerksam.

Nachtrag (28.9.): Christian Welzel hat die Informationen aus diesem Beitrag und weiteren Beiträgen zum Thema in eine grafische Darstellung des Beziehungsgeflechts der Mediengleichrichtung umgesetzt. Mit einem Klick können Sie diese als PDF herunterladen und unverändert unter Nennung des Autoren und Fundorts frei verwenden.

Grafik von Christian Welzel. Frei zur unveränderten Verbreitung unter Nennung des Autors und des Mediums der Erstpublikation

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