Die vorgeschlagene Bargeldverordnung von 2023 steht in Zusammenhang mit der geplanten Einführung eines digitalen Euro, zu dem die Kommission ebenfalls 2023 einen Verordnungsentwurf vorgelegt hat. Die kürzliche Stellungnahme des gleichen Berichterstatters, Fernando Navarrete Rojas, zur Verordnung zum digitalen Euro habe ich bereits kritisch kommentiert.
Wie schon beim digitalen Euro scheint es Navarrete auch bei der Bargeldverordnung vor allem darum zu gehen, die Interessen der privaten Finanzbranche zu wahren. Das äußert sich allgemein im bargeldfeindlichen Geist seiner Stellungnahme und konkret in der Forderung, dass „Finanzintermediäre“ von den Regierungen für zusätzliche Kosten entschädigt werden müssen, wenn diese Maßnahmen zur Gewährleistung der Bargeldversorgung von Bevölkerung und Unternehmen ergreifen.
Wie bereits 2023 kritisch berichtet, wäre der von der EU vorgeschlagene rechtliche Status des Bargelds viel schwächer als der des digitalen Euro. Beim Bargeld soll es dabei bleiben, dass Geschäfte und Dienstleister durch einseitige Erklärung die Annahme von Bargeld ausschließen können. Das soll beim digitalen Euro nicht möglich sein, mit Ausnahmen nur für sehr kleine Unternehmen. Eine Petition gegen diese Benachteiligung des Bargelds an das EU-Parlament haben bereits mehr als 250.000 Menschen unterzeichnet.
Die Kommission hat allerdings eine (schwache) Sicherung dagegen vorgeschlagen, dass die Bargeldverweigerung zur Norm wird: Die Mitgliedstaaten sollen verpflichtet werden zu beobachten, ob die Verbreitung einseitigen Bargeldausschlusses so groß ist, dass das Grundprinzip der verpflichtenden Bargeldannahme ausgehöhlt wird. Sollten sie das feststellen, sind sie nach dem Kommissionsvorschlag gehalten, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Dasselbe gilt für die Bargeldversorgung. Auch sie sollen die Regierungen beobachten und bei Bedarf Maßnahmen zur Sicherstellung ergreifen.
In beiderlei Hinsicht will der Berichterstatter des Parlaments den Schutz des Bargelds und der Barzahler noch weiter einschränken. Er will jeweils eingefügt sehen, dass die Regierungen bei ihrer Entscheidung, ob Gegenmaßnahmen notwendig sind, „die effektive Nachfrage der Bürger nach Bargeld und die Bezahlgewohnheiten berücksichtigen, die von Veränderungen ihrer Vorlieben und der technologischen Entwicklung herrühren“.
Mit anderen Worten: Wenn kaum noch bar bezahlt wird, ist auch keine Gewährleistung einer guten Bargeldversorgung nötig, und es muss auch nicht sichergestellt werden, dass Bargeld im allgemeinen akzeptiert wird.
Das wäre absehbar das Ende des Bargelds. Denn, wie auf diesem Blog vielfach dokumentiert, sind es nicht vor allem Präferenzänderungen der Nutzer und technologische Neuerungen, die das Bargeld bedrohen, sondern ein Krieg gegen das Bargeld, den Steuerbehörden, Regulierer, Verkehrs- und Digitalisierungsminister, die EU-Kommission und nicht zuletzt die Finanzbranche führen. Sie haben eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt und treiben sie weiter an, bei der Bargeld immer weniger akzeptiert wird, immer weniger bar bezahlt und die Bargeldinfrastruktur immer schlechter und teurer wird, weshalb Händler und Dienstleister immer weniger mit Bargeld umgehen wollen.
Wer diese Abwärtsspirale desinformierend allein auf geänderte Vorlieben und Technik zurückführt und deshalb darauf verzichten will, sie zu unterbrechen, der will den Kriegern gegen das Bargeld den Sieg garantieren.