Seit mindestens Oktober 2022 gibt es das Global Listening Projekt. Die Öffentlichkeitsarbeit ist ziemlich zurückhaltend. Zwischen mindestens 15. Februar und 30. März gab es eine Netzseite des Projekts. An diesen Tagen hat das Web-Archiv die Seite zum ersten und zum letzten Mal archiviert. Auf meine Anfrage vom 23.5. antwortete Projektgründerin Prof. Heidi Larson am 26.5., die Netzseite sei auf https://global-listening.org umgezogen und es habe ein paar Tage gedauert, sie bei Google zu listen.
Wie schon zu Jahresanfang heißt es auf der noch etwas rudimentären Seite immer noch: „Bleiben Sie dran für unsere vollständige Website, die in Kürze erscheint.“
Im Oktober 2022 sagte die Gründerin Heidi Larson in einem Podcast-Interview mit dem Center for Strategic and International Studies (CSIS) in Washington D.C., im Frühjahr 2023 werde man einen Bericht über die Ergebnisse des Projekts veröffentlichen. Auf Anfrage heißt es nun, der Bericht werde im Frühjahr 2024 veröffentlicht. Bis dahin werde es ggf. anlassbezogen einzelne Podcasts oder Postings geben.
Das Ziel
In dem Podcast „Pandemic Planet“ von CSIS sagte Larson, es gehe ihr darum, herauszufinden, wie man das Vertrauen in die Regierungen wiederherstellen kann. Sie verwies auf einen Bericht des Weltwirtschaftsforums zum stark beeinträchtigten sozialen Zusammenhalt. Sie wolle „Emotionen, Stimmungen und Einsichten“ der Menschen auf der ganzen Welt einfangen.
Im Podcast Pandemic Planet geht es nach Eigenbeschreibung darum, „wie die USA am besten die Anstrengungen zur Gesundheitssicherheit im Ausland anführen können“.
Für das Projekt wurden Fokusgruppen in New York, Paris, Delhi, Bangkok, Sao Paulo und Abuja abgehalten. Daraus sollen „Schlüsselthemen“ ermittelt werden, die weltweit Resonanz finden. Auf dieser Basis will man dann eine globale Befragung konzipieren, aus der ein „Societal Preparedness Index“ für die einzelnen Länder erstellt wird.
Mein Übersetzungsversuch: Durch eine regelmäßige, globale Umfrage, die durch die Fokusgruppen vorab aufwendig validiert wird, soll künftig laufend feststellbar sein, in welchem Maß die Gesellschaft verschiedener Länder bereit ist, sich bei der nächsten vermeintlichen oder tatsächlichen Gesundheitskrise dem Diktat einer zentralen Organisation, also der WHO, zu unterwerfen. So können Länder identifiziert werden, deren Bevölkerungen noch bearbeitet werden müssen.
Um dann die Lehren aus dem Projekt an die Politik zu vermitteln, sollen die Verantwortlichen auf regionaler oder globaler Ebene an einen Tisch gebracht werden.
Das Personal
Heidi Larson ist Senior Associate am CSIS. Das Institut wurde ausgezeichnet mit dem Titel Bester Think Tank für Verteidigung und Nationale Sicherheit. Und sie ist Professorin in Seattle und Antwerpen. Hauptsächlich aber ist sie Leiterin des Vaccine Confidence Project (Impfvertrauensprojekt) an der London School of Hygiene & Tropical Medicine (LSHTM). Sie ist verheiratet mit Peter Piot, dem Direktor der LSHTM und Corona-Berater von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Bevor sie nach London ging, war Larson Leiterin der globalen Impfwerbung bei Unicef und bei der maßgeblich von der Gates-Stiftung finanzierten Impf-Allianz Gavi. In einem Portrait im New Yorker wird sie Impf-Anthropologin genannt. Anthropologie ist nämlich ihr gelerntes Fach. Sie kennt sich also nicht so sehr mit Impfungen aus, sondern mehr damit, wie man eine Botschaft in verschiedenen Kulturen an Mann und Frau bringt.
Im Rahmen ihres 2010 gegründeten Vaccine Conficence Project überwacht ein großes Team von Experten für digitale Medien, Politikwissenschaft, künstliche Intelligenz, Psychologie, Statistik, Epidemiologie und Computerwissenschaften Nachrichten- und soziale Medien in über 100 Sprachen. Sponsoren sind die üblichen Verdächtigen, also Pharmakonzerne, Weltwirtschaftsforum, Gates-Stiftung, UK-AID, Meta, Youtube, Edelman Trust Institute.
Wer diesen Blog verfolgt, wird sich erinnern, dass auch die Leiterin des Zentrums für Internationalen Gesundheitsschutz des Robert-Koch-Instituts (RKI), Johanna Hanefeld, von der Londoner LSHTM nach Berlin kam und zwar mit Gates-Zuschüssen im Gepäck. Sie war in London Stellvertreterin von Larsons Ehemann Piot.
Hanefeld ist Larsons Global Listening Projekt als Mitglied des Internationalen Beirats verbunden, zusammen mit Charbel El Bcheraoui, der im von Hanefeld geführten RKI-Zentrum eine Führungsebene unter ihr angesiedelt ist.
Das Geld
Die Netzseite nennt bisher nur „Gründungssponsoren“. Das sind die MacArthur Foundation und der Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSk). Ein Blick über die Liste der Beiratsmitglieder lässt vermuten, dass das Projekt inzwischen auch von anderen der üblichen Verdächtigen Geld bekommt oder mindestens bekommen möchte. Im Beirat sind u.a. Vertreter der Pharmakonzerne bzw. -stiftungen Novartis Foundation, Novo Nordisk Foundation; Moderna (2x), GSK (5x).
Weitere freigiebige Sponsoren mit Beirat sind die Bill & Melinda Gates Foundation und die Rockefeller Foundation.
Meine Nachfrage nach neu hinzugekommenen Sponsoren jenseits der Gründungssponsoren wurde nicht beantwortet.
Die Partner
Interessant sind auch ein paar weitere mit Vertretern im Beirat vertretene Organisationen wie das Edelman Trust Institute, das man nicht nur von der Vaccine Confidence Initiative kennt, sondern auch von Pandemieübungen wie Event 201, das vom ebenfalls im Beirat des Listening Prroject vertretenen Johns Hopkins Center for Health Security mitorganisiert wurde. Edelman ist die weltweit führende Kommunikationsagentur.
Außerdem im Beirat vertreten, der Council on Foreign Relations, und besonders interessant, gleich zweimal das Global Internet Forum to Counter Terrorism (GIFCT).
Das GIFCT ist ein Konsortium von Unternehmen, das eine Zensurdatenbank von Inhalten mit terroristischem Hintergrund pflegt. Zu den Mitgliedern gehören u.a. Microsoft, Meta (Facebook, Instagram und WhatsApp), YouTube, Twitter, Dropbox, LinkedIn, Amazon, Tumblr, WordPress.com und Zoom.
Zuhören oder Aushorchen und Zensieren
Ein derartiges Projekt, um jenseits von Wahlergebnissen und Umfragen herauszufinden, was die Menschen umtreibt, kann ein löbliches Unterfangen sein. Wenn das allerdings gleich auf globaler Ebene geschieht, legt das nahe, dass es nicht darum geht, eine bürgernahe, an den Wünschen der Menschen orientierte Politik zu machen. Denn das ist auf globaler Ebene kaum möglich. Das müsste auf nationaler oder noch dezentralerer Ebene geschehen. Auf globaler Eben riecht es danach, dass eine globale Politik regional angepasst verkauft werden soll, oder dass eine zentrale Stelle erfahren möchte, wo es Probleme gibt und sie eingreifen muss, zum Beispiel indem sie einflussreiche „Botschafter“ anheuert, also Schleichwerber, oder durch Zensur.
In letztere Richtung deutet die Präsenz von zwei Vertreter des Zensurkonsortiums GIFCT. Dieses Konsortium beschäftigt sich mit technischen Fragen, wie man zu zensierende Inhalte plattformübergreifend löscht und deren erneute Publikation verhindert. Es ist schwer ersichtlich, welchen Beitrag dieses Konsortium bei der Beratung eines Projekts leisten könnte, dem es nur darum geht, herauszufinden, wie die Menschen denken und fühlen, und das nicht einmal am Rande etwas mit Terrorismus zu tun hat.
Auch die Assoziation der Leiterin des Projekts mit CSIS, einer Denkfabrik für Verteidigung und nationale Sicherheit der USA, und die Tatsache, dass Heidi Larson, soweit mir ersichtlich, nur auf der CSIS-Plattform die Ziele des Projekts erläutert hat, lässt einen hinsichtlich des wahren Charakters des Projekts ins Grübeln kommen.
Eine Bitte um Stellungnahme hierzu wurde von Professor Larson nicht beantwortet.