Wohlwollend kritischer Leserinnenbrief zu meiner ausufernden Corona-Kommentierung und meine Antwort

20. 11. 2021 | Eine treue Leserin meines Blogs reagiert auf meinen Beitrag zur Frage, ob ich Eulen nach Athen trage, mit der Kritik, ich würde die Belange der Risikogruppen nicht genug berücksichtigen. Darauf antworte ich und nenne auch die Gründe, warum ich Corona, scheinbar entgegen der ursprünglichen Ausrichtung dieses Blogs, so breiten Raum gebe. 

Sehr geehrter Hr. Dr. Häring!

Zunächst einmal möchte auch ich sagen, dass ich Ihren Blog wichtig finde, und die ganze heikle Entwicklung der letzten Jahre wird viel zu sehr verharmlost. Es ist auch absurd, das für eine Verschwörungstheorie zu halten-diese Typen sagen ja ganz klar, was sie wollen und vorhaben. Es ist eher absurd, dass das nicht ernst genommen wird, und spricht bereits für eine gewisse Gehirnwäsche.

Es ist allerdings so, dass ich auch den Eindruck bekomme, dass Ihr Blog in letzter Zeit immer mehr eine gewisse Richtung annimmt bzw. holzschnittartig eine gewisse Richtung vertritt, also „Eulen nach Athen trägt“.

Was mir fehlt, ist die Differenzierung in dieser völlig verfahrenen Situation, die zweite Seite-und damit meine ich nicht die „Obrigkeit“. Personen, die sich nicht impfen lassen sind Repressionen ausgesetzt. Freiheiten werden beschnitten. So weit, so schlecht. Was für mich völlig unter den Tisch fällt ist die Tatsache, dass die Wiederherstellung dieser Freiheiten (kein Impfen, keine Restriktionen) unweigerlich bedeutet, dass wiederum eine andere Gruppe ihre Freiheit verliert, und zwar total.

Die „Risikofälle“ nämlich. Die erleben dann den totalen Freiheitsentzug, den die euphemistische, um nicht zu sagen, scheinheilige Formulierung, man müsse diese Leute halt „schützen“ bedeutet nichts anderes, als sie abzusondern. Eine härtere Form des Freiheitsentzugs gibt es wohl nicht. Sie können nicht mehr normal am Leben teilnehmen, ohne ernste Folgen zu riskieren.

Das ist so lange noch halbwegs stimmig, als man voraussetzt, dass

  • a) Corona gar nicht so schlimm und alles nur erfunden wäre bzw.
  • b) das alles nur das Problem einer winzigen Minderheit von Greisen und Schwerkranken wäre, die eh nicht mehr lange haben.

Das stimmt so nicht-nicht nur, dass die Betroffenen oft viel jünger sind und es nicht nur ums Sterben sondern um gesundheitliche Schäden geht, diese Personen haben auch Angehörige, die sich genauso absondern müssten, um nicht selbst den Angehörigen zu infizieren. Sie haben Berufe. Die betroffene Gruppe ist also weit größer.

(Und diejenigen, die die Pandemie für ihre Zwecke nutzen mögen, sind sicher nicht so blöde, ein eh für fast alle harmloses Virus zu als Aufhänger zu nehmen)

Und ich möchte wissen, wie viele dieser Kämpfer für Freiheit es interessiert, dass halt dann die Freiheit der anderen draufgeht. Würden die sich mit den Problemen der anderen auseinandersetzen (das gilt umgekehrt übrigens auch), dann wären wir schon weiter.

Aus meiner Sicht gibt es nur eine Lösung: die jeweils andere Gruppe ins Boot holen, Gemeinsamkeiten voranstellen, sich nicht spalten lassen-anstatt irgendwelche Schwarz/Weiß-Haltungen einzunehmen und die Probleme der anderen völlig auszublenden, weil das bequemer ist. Das ist halt jetzt leider im Vormarsch.

Sehr geehrte Frau E.,

vielen Dank für Ihre nachdenkliche Zuschrift. Sie stellen holzschnittartige Argumentation bei mir fest, und dass ich mich nicht genug um die Belange der Gruppe der besonders von Covid Bedrohten kümmere. Dahinter vermuten Sie zwei Grundannahmen, die jedoch nicht meine sind. Anders als sie unterstellen,

  • a) gehe ich nicht davon aus, dass die Krankheit harmlos oder erfunden  ist, auch wenn ich schon denke, und sich auch nachweisen lässt, dass sie nicht so außergewöhnlich viel schlimmer ist als andere verbreitete und schlimme Krankheiten, wie uns das eingeredet wird, und
  • b) gehe ich auch nicht davon aus, dass nur eine sehr kleine Minderheit mit geringer Lebenserwartung besonders im Risiko steht.

Grundlage meiner Kommentierung und Berichterstattung ist vielmehr die Einstellung, dass möglichst effektive Maßnahmen mit möglichst geringer Eingriffsintensität unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gewählt werden sollten, um den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und insbesondere der besonders verletzlichen Teile der Bevölkerung zu gewährleisten. Anders als Sie gehe ich ganz und gar nicht davon aus, dass die Bewahrung der Menschenrechte derer, die sich nicht Impfen lassen, „unweigerlich bedeutet, dass wiederum eine andere Gruppe ihre Freiheit verliert, und zwar total.“ Das eine hat mit dem anderen allenfalls am Rande etwas zu tun.

Die Diskriminierung und Drangsalierung der Impfunwilligen, um sie zum Impfenlassen zu nötigen, dient den Risikogruppen allenfalls marginal, weil inzwischen wissenschaftlich belegt und weithin anerkannt ist, dass die Impfung vor allem den Selbstschutz vor schweren Krankheitsverläufen dient, dagegen sehr wenig der Dämpfung des Infektionsgeschehens. Auch in Ländern, in denen fast alle geimpft sind, die geimpft werden können, wurde das Virus nicht besiegt und gibt es noch viele Neuinfektionen. Irland, mit einer Impfquote von 90 Prozent, ist gerade von der Bundesregierung als Hochrisikogebiet eingestuft worden.

Unter diesem Umständen ist das Abstempeln einer Minderheit, die die Impfung für sich zu riskant oder unnötig betrachtet, zum Sündenbock und deren Ausgrenzung und Drangsalierung in keiner Weise gerechtfertigt und verhältnismäßig.

Es gibt sehr viel wirksamere Maßnahmen, um den Schutz der Risikogruppen zu verbessern, die keinesfalls notwendig mit deren völliger Absonderung einhergehen. Sie bieten nur begrenzt Schutz, aber mindestens soviel wie der Impfdruck auf Unwillige. Dazu gehören:

  • Verzicht auf die massive Stilllegung von Behandlungskapazitäten, die während der Pandemie stattgefunden hat,
  • stattdessen Stärkung des Gesundheits- und Pflegesektors
  • spezielle Angebote für Risikogruppen, wie Taxigutscheine, gute Schutzmasken, Tests derer, die mit ihnen zu tun haben.

Ihren Vorschlag, Brücken zwischen den Gruppen zu bauen, würde ich gern aufgreifen, wenn er einen Hinweis enthielte, wie das gehen könnte. Bis dahin denke, ich, dass eine Gruppe, die diskriminiert, ausgegrenzt und in die Ecke getrieben wird, vor allem Solidarität und Unterstützung braucht, nicht Brücken, über die man sie doch nicht gehen lässt, weil sie als zu gefährlich, egoistisch und durchgeknallt gebrandmarkt wurden.

Das erklärt auch schon zum großen Teil, warum ich so viel rund um Corona schreibe, wobei ich weiterhin versuche dem Prinzip treu zu bleiben, nicht über Sachverhalte oder Argumente zu schreiben, die man mit größerer Verbreitung auch anderswo lesen kann. Die Empörung lässt mich das manchmal vergessen, gebe ich zu.

Der andere Teil der Erklärung liegt in meiner Analyse, dass gerade ein gezielter Umbau unserer Gesellschaft zur autoritären, demokratiefernen Überwachungsgesellschaft stattfindet. Vor diesen Bestrebungen warne ich schon seit etwa 2015, im Zusammenhang mit der großen Koalition von Silicon Valley, Finanzbranche und Regierungen, die an der Abschaffung des Bargelds arbeitet. Die gleichen Hauptspieler sind auch jetzt im Hintergrund aktiv und haben über WHO, Weltbank, IWF und US-Regierung großen koordinierenden Einfluss auf die Corona-Politik, namentlich Weltwirtschaftsforum, Gates Stiftung, Omidyar Network, Rockefeller Stiftung, Microsoft und andere große Konzerne der IT- und Finanzbranche und deren Stiftungen. Der Zusammenhang mit „Geld und mehr“ ist also durchaus gegeben.

Das Tempo, in dem dieser Umbau derzeit voranschreitet, ist mir zu atemberaubend, um mich zurückzulehnen, in Ruhe über andere Themen zu schreiben, und zu warten, bis es vorbei ist. Es gibt außer mir nicht viele, die über diese Initiativen und Verflechtungen im Hintergrund aufklären.

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