Die Clearingstelle Medienkompetenz ist eine Schande für die Deutsche Bischofskonferenz

21. 05. 2023 | Von einer christlichen Organisation erwartet man eigentlich nicht, dass sie den Menschen ein Online-Portal empfiehlt, in dem der nationalsozialistische Gräuel verharmlost wird, in dem Menschen mit anderen politischen Ansichten routinemäßig als Nazis beschimpft werden, gehetzt und gelogen wird, dass sich die Balken biegen. Doch die Clearingstelle Medienkompetenz der Deutschen Bischofskonferenz tut es.

In einem Beitrag vom 4. Mai 2023 präsentiert die Clearingstelle Medienkompetenz ihre „Favoriten, die sich in vielen Veranstaltungen bewährt haben“, die „dabei helfen, Fake News zu erkennen“. Unter Recherchenetzwerke/Faktenchecks wird das Portal Volksverpetzer empfohlen.

Screenshot vom 19,5.2023

Was man da zu lesen bekommt, ist – gelinde gesagt – gewöhnungsbedürftig. Das dürfte auch der Grund dafür sein, dass die Vorliebe der Clearingstelle für dieses Portal nicht von vielen Menschen geteilt wird. Es gibt auf der Startseite des Volksverpetzers eine Liste der „beliebtesten Artikel“. Die fünf dort aufgelisteten Artikel der Kategorie „Aktuelles“ haben (Stand 21.5., 19 Uhr) zwischen 80 und 7.700 Aufrufe. Die fünf Beiträge der Rubrik „Faktenchecks“ haben zwischen 10 und 10.700 Aufrufe, davon die meisten näher an 10.

Ein bisschen sieht es so aus, als hätte die Person, die diese Empfehlung für die Clearingstelle schreiben musste, das mit ziemlich spitzen Fingern getan. Denn sie zitiert nach der zweideutigen Kurzinfo, dass es sich hier „nicht um einen klassischen Faktenchecker“ handele, nur kommentarlos die Selbstbeschreibung der Betreiber des Portals, wonach diese „auch mal emotional, mal satirisch, mal sachlich die Narrative und Behauptungen von Extremist:innen und Verschwörungsideolog:innen entlarven“.

Man ist also gleich Extremist oder Verschwörungsideologe, wenn man auf diesem Portal kritisiert wird. Drunter macht es der Volksverpetzer nicht.

Dass die Autoren des Portals routinemäßig Menschen, deren Meinung ihnen nicht zusagt, Nazis, Faschisten und ähnliches nennen, fällt wohl unter „emotional“. So etwa in einem Artikel vom 22. April über das Social-Media-Portal Twitter und die Tatsache, dass dessen neuer Eigentümer Elon Musk für acht Euro im Monat einen blauen Haken neben dem Namen für verifizierte Accounts anbietet, statt diesen wie früher Kunden mit einer gewissen Bekanntheit umsonst zu geben.

Dafür nennt der Volksverpetzer Musk mehrfach einen Faschistenförderer. Der Titel des Beitrags lautet: „Twitter Blut: Die blauen Haken: Mörder, Kriegsverbrecher, Nazis, auch solche Leute zahlen für Twitter Blue“. Zuerst genannt werden unter dieser Überschrift (Zitat):

  • „der Putin-freundliche Pseudo-Experte Daniele Ganser.
  • der bekannte, radikale Querdenker Markus Haintz
  • der Corona-Verharmloser Paul Brandenburg, bei dem das SEK auch schon eine Razzia wegen Verdacht auf illegalen Waffenbesitz durchgeführt hatte,
  • der Klimawandelleugner und Fake-Verbreiter Markus Krall

Erst danach geht es  mit einigen anrüchigen US-Accounts weiter, für die die Volksverpetzer auf Berichte anderer Medien zurückgreifen. Dazu gehört „ein Account namens “N*ggerstank” [Name von der Redaktion zensiert], dem der Haken wieder aberkannt wurde“, Außerdem der Account “Racial Consciousness“, der sich selbst als der “größte offen neonazistische Account auf Twitter” bezeichnet“.

Der Account “Racial Consciousness“ ist wohl zwischenzeitlich auch gelöscht worden. Jedenfalls kann ich ihn nicht finden. Noch da sind aber die vier zuerst genannten deutschenAccounts, schön in einen Kontext gestellt, der den Eindruck erweckt, sie seien Mörder, Nazis oder Kriegsverbrecher, oder hätten mindestens viel mit solchen Leuten gemein.

Der Volksverpetzer erweckt den Eindruck selbst recherchiert zu haben, aber seine Leistung besteht nur darin, vier deutsche Accounts, die er nicht mag, in einen Kontext von Mördern und Kriegsverbrechern zu stellen, mit dem sie nichts zu tun haben.

Das ist Hetze übelster Sorte. Sie wird nicht besser, sondern schlimmer dadurch, dass die Volksverpetzer gut genug juristisch beraten sind, um sich hart an der Grenze dessen zu bewegen, wofür man noch nicht wegen übler Nachrede belangt werden kann. Man hat ja nicht ausdrücklich gesagt, Ganser sei ein Mörder oder  Brandenburg ein Kriegsverbrecher. Dieses perfide Vorgehen ist eher die Regel als die Ausnahme auf diesem Portal.

Dabei scheut der Volksverpetzer nicht vor Irreführung zurück, um Menschen in ein schlechtes Licht zu rücken. So gab es bei Paul Brandenburg zwar tatsächlich eine Hausdurchsuchung, die eher mit seiner kritischen publizistischen Tätigkeit zu tun gehabt haben dürfte, und es wurden dabei auch Waffen gefunden, allerdings nur angemeldete. Denn Brandenburg ist Jäger und Sportschütze. Dass sich laut Staatsanwaltschaft der Verdacht des unerlaubten Waffenbesitzes nicht bestätigt hat, verraten die Volksverpetzer nicht.

Mehr als fragwürdige Faktenchecks

Schaut man sich die „Faktenchecks“ des Volksverpetzers an, wundert man sich erst recht nicht, warum diese offenbar kaum jemand liest, aber um so mehr, warum die Clearingstelle Medienkompetenz der Bischofskonferenz so etwas empfiehlt.

Besonders angetan hat es dem Volksverpetzer der Ökonom und Corona-Maßnahmenkritiker Stefan Homburg. In einem „Faktencheck“ von August 2022 wird diesem vorgeworfen: „Stefan Homburg schwindelt zu neuen Coronaregeln“. Doch die Einzigen, die schwindeln, sind die Volksverpetzer.

Gezeigt wird ein Tweet, in dem Homburg schreibt:

„FDP-Twitterer jubeln, Lockdowns seien vom Tisch. Im Kabinettsbeschluss tauchen sie in der Tat nicht auf. Der Trick: §28a Infektionsschutzgesetz wurde nur geändert. Die nicht geänderten Teile (Lockdowns) bleiben.“

Der Volksverpetzer „überführt“ ihn dann der angeblichen Schwindelei, indem er ausgesprochen wortreich feststellt, dass für einen Lockdown erst der Bundestag eine epidemische Notlage nationaler Tragweite beschließen müsse. Das ist etwas, was Homburg mit keinem Wort bestritten hat. Er hat nur gesagt, dass die rechtliche Basis für die Verhängung eines Lockdowns auch nach Änderung des Infektionsschutzgesetzes noch da ist. Schon weil der Volksverpetzer hier das verniedlichende Wort „schwindelt“ nutzt, weiß man, dass er sich dessen durchaus bewusst ist. Er hat nämlich gar kein Problem damit, Lügen und Schlimmeres zu unterstellen.

Homburg wurde ein halbes Jahr vorher schon mit „Der große Homburg-Faktencheck“ bedacht, Untertitel:: „Warum ihr Homburg kein Wort glauben solltet.“

Nach längeren Ausführungen zur Charakterdemontage, in denen Homburg allerlei niedere Motive unterstellt werden und er mit Leuten in Zusammenhang gestellt wird, mit denen er vermutlich wenig oder nichts zu tun hat, werden darin verschiedene seiner Aussagen als Fake-News entlarvt, um zu beweisen, „dass er fast durchgängig lügt, manipuliert oder daneben liegt“.

Schon der erste „Beweis“ baut jedoch auf einer eigenen Falschbehauptung der Volksverpetzer auf. Homburgs korrekte Feststellung, dass der berüchtigte R-Wert schon vor Beginn des ersten Lockdowns seit fast zwei Wochen rückläufig war, wird zwar nicht bestritten. Aber aus seiner Schlussfolgerung, dass man deshalb das Sinken des R-Werts nicht DIESER Maßnahme (dem Lockdown) zuschreiben könne, macht der Volksverpetzer die „Implikation“, es habe vor dem 23. März keinerlei Maßnahmen gegeben und der Rückgang sei „von allein“ passiert“. „Von allein“ meint aber in Homburgs Kontext klar „ohne Lockdown“. Aus der angeblichen „Implikation“, macht der Volksverpetzer dann später sogar „Homburgs entscheidende Behauptung („Es gab keine Maßnahmen vor dem 23. März“)“. Deshalb sei seine – ebenfalls vom Volksverpetzer erfundene Schlussfolgerung („Maßnahmen waren unnötig“) falsch und manipulativ.

Die Manipulation ist erkennbar absichtsvoll. Der Volksverpetzer verweist auf einen Faktencheck von Correctiv und tut so, als ob das, was er schreibt, dort stünde und belegt werde. Dort steht aber, dass Homburg mit seiner Feststellung, dass die Reproduktionszahl auch ohne Lockdown schon gesunken ist, Recht habe. Das greife allerdings zu kurz, weil der R-Wert auch ohne Lockdown hätte sinken können, weil der R-Wert nicht der einzige wichtige Indikator sei und weil es auch vorher schon Empfehlungen zur Kontaktbeschränktung gegeben habe.

Will die Deutsche Bischofskonferenz tatsächlich den deutschen Katholiken empfehlen, sie sollen sich bei einem Portal, das den Umgang mit der Wahrheit derart locker angeht, darüber informieren, wer bei gesellschaftlichen Streitthemen Recht hat und wer nicht. Denn darum geht es meistens, nicht um wahr oder falsch.

Hetze gegen eine Minderheit

Der Volksverpetzer hat immer wieder und sehr aggressiv gegen Menschen gehetzt, die der Notwendigkeit und Wirksamkeit einer Impfung mit den neuartigen, im Schnellverfahren zugelassenen Impfstoffen nicht vertraut haben. So zum Beispiel in dem Artikel „Liebe Ungeimpfte: Unsere Geduld ist aufgebraucht“, für den gleich das ganze Team verantwortlich zeichnete (obwohl er in Ich-Form geschrieben ist). Darin wird in zynisch-aggressivem Tonfall ein Lockdown für „Ungeimpfte“ gefordert, weil diese allein dafür verantwortlich seien, dass die Pandemie noch nicht zu Ende sei („Eure Pandemie“, eine böswillige und falsche Unterstellung) und der Großteil der Patienten auf den Intensivstationen „Ungeimpfte“ seien (was sich als Falschbehauptung von Politikern herausstellen sollte). Gerade die jüngeren „Ungeimpften“ blockierten mutwillig Intensivbetten und seien daher schuld daran, wenn andere und das Team des Volksverpetzers dort lebensnotwendige Behandlungen nicht bekommen könne. Kaum verhohlen wird nahegelegt, dass „Ungeimpfte“ nicht mehr behandelt werden sollten.

Passt das zur Nächstenliebe die mir dereinst als ein Wesenselement des Christentums nahegebracht wurde? Muss man Christen so etwas wirklich als vorbildlich empfehlen?

Statt dass die Volksverpetzer sich irgendwann korrigiert und entschuldigt hätten, klagen sie nun gegen denjenigen, der ihnen vorwirft, sie hätten sich mit ihrer Hetze mitschuldig gemacht für die schwere gesundheitliche Schädigung mancher junger Menschen, die sich wegen der Schikanen und Hetze haben impfen lassen, obwohl sie die Impfung nicht brauchten und sich das Fremdschutzargument als sehr stark überzogen herausgestellt hat. Die Impfung sei hochwirksam und sicher. Mit diesem Mantra beharren die Volksverpetzer auch heute noch steif und fest darauf, mit ihrer Hetze gegen „Ungeimpfte“ Recht gehabt zu haben, selbst im Lichte der bekannt gewordenen vielen Impfschäden, die es nicht hätte geben dürfen.

Alles Nazis, Nazis, Nazis und Faschisten

In einem aktuellen Beitrag über die dümmliche Anfrage eines AfD-Landtagsabgeordneten zu sogenannten Chemtrails bringt Volksverpetzer-Gründer Thomas Laschyk gleich vier Mal das Wort Nazis unter und einmal Faschist. Wenn man die Gräuel der Nazis nicht gleich leugnen will, kann man sie kaum mehr verharmlosen, als dass man sie mit dem Glauben eines Landtags-Hinterbänklers an die Möglichkeit einer Chemtrail-Verschwörung gleichsetzt.

Ist das der Stil und die Botschaft, die die Deutsche Bischofskonferenz gut findet?

Über die sonderbare Anfrage des AfD-Rechtsaußens in Sachsen schreibt die Volksstimme ebenfalls einen längeren, kritischen  Artikel, der ohne das Wort Nazi auskommt und ohne – wie der Volksverpetzer – der gesamten AfD und ihren Wählern zu unterstellen, dass sie an eine Chemtrail-Verschwörung glauben, weil ein einzelner Landtags-Hinterbänkler es offenbar tut. Die Volksstimme beweist damit, dass man genug Kritikwürdiges an AfD-Positionen und -Personal aufspießen kann, ohne auf das unterirdische Argumentationsniveau des Volksverpetzers zu sinken.

Die Deutsche Bischofskonferenz und ihre Clearingstelle sollten nochmal neu nachdenken, wenn sie empfehlen wollen.

Nachtrag (27.5.): Irrtümer nicht zugegeben und nicht korrigiert

Eine weitere unrühmliche Spezialität der „Faktenverchecker“ vom Volksverpetzer ist, dass sie ihre vielen Fehlurteile nachträglich nicht offen einräumen und nicht korrigieren. Hier Beispiele von negativen Beiträgen über den schwedischen Weg, deren harsches Urteil sich als falsch herausgestellt hat und die nicht korrigiert wurden.

Zusammengestellt von Prof. Freedom (via Twitter)

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