Was Alexis Tsipras als offizielles Einigungsdokument iauf dem EU-Gipfel akzeptiert hat, ist viel schlechter für Griechenland (und Deutschland und Europa) als alles was Tsipras vorher „angeboten“ worden war. Dass er es jetzt plötzlich akzeptierte lässt sich mit dem was in dem Dokument steht und was uns von den Verhandlungen erzählt wird, nicht schlüssig erklären. Es muss ein formelles oder informelles, geheimes Zusatzprotokoll geben. Der Versuch einer Annäherung.
Dem Abkommen von Montag zufolge muss die griechische Regierung die Rentenkürzungen, Mehrwertsteuererhöhungen und Abbau von Arbeitnehmerrechten durchziehen, gegen die sich das griechische Volk in dem Referendum in Einklang mit Tsipras Empfehlung mit großer Mehrheit ausgesprochen hat. Nun kommt noch hinzu, dass Griechenland große Teile des Staatseigentums an einen Fonds unter Aufsicht der Gläubiger, also Schäubles, abgeben muss und das Meiste des bisherigen Regierungshandelns rückgängig machen muss. So gut wie alle künftigen Gesetzesvorhaben brauchen die vorherige Zustimmung der Gläubiger. Griechenland wird mit Tsipras Zustimmung offiziell unter Zwangsverwaltung gestellt. (Siehe Vereinbarung unten)
Es ist nicht schlüssig zu erklären, warum Tsipras dem zugestimmt haben sollte, nachdem er bei einer milderen Variante vorher die Verhandlungen abgebrochen und das Volk befragt hat, das dann tatsächlich mit „Nein“ gestimmt hat.
Zunächst ohne Rücksicht auf die Wahrscheinlichkeit will ich die fünf möglichen Erklärungen auflisten.
1. Tsipras ist geistig zusammengebrochen.
2. Tsipras wurden persönliche Vorteile versprochen, wenn er zustimmt.
3. Tsipras wurde mit persönlichen Nachteilen bedroht, wenn er nicht zustimmt.
4. Tsipras wurden massive Nachteile für Griechenland angedroht, wenn er ablehnt, zum Beispiel Grexit ohne jede Hilfe und unter Entzug aller EU-Zahlungen an Griechenland wegen Vertragsverletzung.
5. Tsipras wurden erhebliche Vorteile für Griechenland in einer Nebenabsprache versprochen, die aus Rücksicht auf die Stimmung deutscher Parlamentarier verheimlicht wurde.
Eine Kombination aus Erklärung 4. und 5. will ich näher beleuchten, weil sie am Interessantesten und für mich plausibelsten ist:
Was in Brüssel beschlossen wurde, war nicht die Abwehr eines Grexit, sondern die heimliche Vorbereitung eines kooperativen Grexit. Auf diese Möglichkeit bringt mich, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nach Informationen des Handelsblatts die Ausgabe von Schuldscheinen durch die Athener Regierung als „Brückenfinanzierung“ ins Spiel gebracht hat. Dadurch solle diese in den kommenden Wochen einem Teil ihrer inländischen Zahlungsverpflichtungen nachkommen können.
Das eröffnet, wenn man einmal wild spekulieren will, folgendes Szenario. Die Parlamente, die zustimmen müssen, stimmen einer neuerlichen Umschuldung zu, bei der die zur Begleichung anstehenden Schulden bei EZB und IWF auf den Rettungsfonds ESM verlagert werden, sodass Griechenland nicht unmittelbar zum Pleiteland wird. Wirklich kosten tut das wenig bis nichts, weil Griechenland ohnehin nicht zahlen kann. Neues Geld fließt entgegen dem, was berichtet wird, wenig oder keines.
Die Zahlungsverkehrsbeschränkungen bleiben bestehen, sodass Griechenland keine zusätzlichen Euros erhält. Stattdessen gibt die Regierung Schuldscheine aus, die zwar auf Euro lauten, mit denen man aber im Ausland nichts bekommt.
Es wird die Fiktion aufrechterhalten, dass diese Schuldscheine, wie das in Kalifornien auch der Fall war, später durch echte Euros abgelöst werden.
Tatsächlich stellt sich aber heraus, dass die unmöglich zu erfüllenden Bedingungen der Gläubiger nicht erfüllt werden (50 MRD: Euro Privatisierungserlöse; automatische Kürzungen der Ausgaben, wenn die Wirtschaft wie absehbar noch weiter in die Rezession abgleitet), sodass man sich irgendwann einigt, dass es unvermeidlich und besser ist, wenn Griechenland den Euro verlässt.
Wenn das die Nebenabsprache wäre, hätte Tispras vielleicht Recht, dass er das beste Erreichbare für sein Land herausgeholt hat. Denn ein kooperativer Grexit ist mit Sicherheit besser als einer in Gegnerschaft zum gesamten Rest der EU.
In diesem Szenario würde Schäuble genau das bekommen, was er wollte, ausweislich seines Aufsehen erregenden Grexit-Papiers vom Wochenende, nur dass es mit Rücksicht auf Hollande und Renzi nicht offen zugegeben wird.
Der Preis den Tsipras zahlen müsste, wäre, die Schuld für den letztendlichen Grexit auf sich und damit von den Schultern Schäubles, Merkels, Gabriels, Hollandes und Renzis zu nehmen. Kein sehr hoher Preis.
P.S. (14.7.) „Es gibt einige in der Bundesregierung, die durchaus der Meinung sind, dass das (Grexit) die bessere Lösung für die Menschen in Griechenland wäre. Aber natürlich unter der Voraussetzung (…), dass Griechenland das selbst entscheidet„, sagte Schäuble am Dienstag nach dem Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel. Die Voraussetzungen sind durch Schäubles rastloses Wirken hervorragend, dass Greichenland das demnächst „selbst entscheidet“.
P.S.II (14.7.) Der Vorschlag eines temporären Ausscheidens Griechenlands aus der Eurozone stellt nach Einschätzung führender Ratingagenturen keine Gefahr für den Währungsraum dar. Griechenland sei das einzige Land, dem das Verlassen der Euro-Zone drohe, bekräftigen die drei wichtigsten Ratingagenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch. Übersetzung: Die US-Regierung hat, wie bereits an ihrem fehlenden Widerstand erkennbar war, nicht grundlegendes gegen einen Grexit einzuwenden.
P.S. III (14.7) Frances Coppola vertritt in Forbes unter dem Titel „Dr. Schseuble’s Materplan“ die gleiche These: „So for Dr. Schaueble, the master plan is proceeding well. The Greeks will either be forced to leave because they failed to comply with program requirements (in which case it is their fault), or the whole program will fail because the IMF refuses to contribute. Either way, he will achieve his objective of eliminating Greece from the Eurozone. And – importantly – Germany will escape blame. Sie verweis dabei auf einen Artikel in den Deutschen Wirtschaftsnachrichten.
Hier der Text des Abkommens des EU-Rats mit Griechenland von Montag:
„Der Eurogipfel betont, dass als Voraussetzung für eine mögliche künftige Vereinbarung über ein neues ESM-Programm das Vertrauen in die griechische Regierung unbedingt wiederhergestellt werden muss. In diesem Zusammenhang ist die Eigenverantwortung der griechischen Regierung von ausschlaggebender Bedeutung, und auf politische Verpflichtungen sollte eine erfolgreiche Umsetzung folgen.
Von einem Mitgliedstaat des Euro-Währungsgebiets, der um eine Finanzhilfe durch den ESM ersucht, wird erwartet, dass er, wann immer dies möglich ist, ein ähnliches Ersuchen an den IWF richtet (Fußnote: ESM-Vertrag, Erwägungsgrund 8). Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass die Euro-Gruppe einem neuen ESM-Programm zustimmt. Griechenland wird daher fortgesetzte Unterstützung durch den IWF (Überwachung und Finanzierung) ab März 2016 beantragen.
Angesichts der Notwendigkeit, das Vertrauen in Griechenland wiederherzustellen, begrüßt der Euro-Gipfel die Zusage der griechischen Regierung, unverzüglich die Rechtsvorschriften für ein erstes Maßnahmenpaket zu erlassen. Diese Maßnahmen, die mit den Institutionen im Vorhinein vollständig abzustimmen sind, umfassen:
bis zum 15. Juli 2015 * die Straffung des Mehrwertsteuersystems und die Ausweitung der Steuerbemessungsgrundlage, um die Einnahmen zu erhöhen; * sofortige Maßnahmen zur Verbesserung der langfristigen Tragfähigkeit des Rentensystems als Teil eines umfassenden Programms zur Rentenreform; * die Sicherstellung der vollen rechtlichen Unabhängigkeit des griechischen statistischen Amtes ELSTAT; * die vollständige Umsetzung der maßgeblichen Bestimmungen des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion, indem insbesondere dafür gesorgt wird, dass der Fiskalrat vor Fertigstellung der Vereinbarung seine Tätigkeit aufnehmen kann und indem bei Abweichungen von ehrgeizigen Primärüberschusszielen nach Konsultation des Fiskalrates und vorbehaltlich der vorherigen Zustimmung der Institutionen quasi-automatische Ausgabenkürzungen eingeführt werden;
bis zum 22. Juli 2015 * die Annahme der Zivilprozessordnung, wobei es sich um eine grundlegende Revision der Verfahren und Regelungen für das Zivilrechtssystem handelt, die eine Beschleunigung der Gerichtsverfahren und Kostensenkungen in erheblichem Maße ermöglicht; * die Umsetzung der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten mit Unterstützung der Europäischen Kommission.
Erst im Anschluss an die rechtliche Umsetzung der ersten vier der obengenannten Maßnahmen sowie an die Billigung aller in diesem Dokument enthaltenen Verpflichtungen durch das griechische Parlament, überprüft durch die Institutionen und die Euro-Gruppe, kann unverzüglich der Beschluss gefasst werden, die Institutionen mit der Aushandlung einer Vereinbarung zu beauftragen. Dieser Beschluss würde unter dem Vorbehalt gefasst, dass die nationalen Verfahren abgeschlossen sind und die Voraussetzungen nach Artikel 13 des ESM-Vertrags auf der Grundlage der in Artikel 13 Absatz 1 genannten Bewertung erfüllt sind.
Damit sie die Grundlage für einen erfolgreichen Abschluss der Vereinbarung bilden können, müssen die von Griechenland vorgeschlagenen Reformmaßnahmen erheblich ausgeweitet werden, um der deutlichen Verschlechterung der Wirtschafts- und Haushaltslage des Landes im vergangenen Jahr Rechnung zu tragen. Die griechische Regierung muss sich förmlich dazu verpflichten, ihre Vorschläge in einer Reihe von Bereichen, die von den Institutionen benannt wurden, nachzubessern, und diese mit einem ausreichend klaren Zeitplan für den Erlass von Rechtsvorschriften und deren Umsetzung einschließlich Strukturindikatoren, Etappenzielen und quantitativen Benchmarks unterlegen, so dass Klarheit über die mittelfristige Ausrichtung der Politik besteht. Insbesondere müssen im Einvernehmen mit den Institutionen folgende Maßnahmen ergriffen werden:
* Durchführung ehrgeiziger Reformen des Rentensystems und Festlegung politischer Maßnahmen, um die Auswirkungen des Urteils des Verfassungsgerichts zu der Rentenreform von 2012 auf den Haushalt vollständig auszugleichen und die Klausel über ein Nulldefizit oder einvernehmlich vereinbarte alternative Maßnahmen bis Oktober 2015 umzusetzen;
* Verabschiedung ehrgeizigerer Produktmarktreformen zusammen mit einem klaren Zeitplan für die Durchführung sämtlicher im Rahmen des OECD-Instrumentariums (Teil I) ausgesprochener Empfehlungen, unter anderem zu verkaufsoffenen Sonntagen, Schlussverkaufsperioden, Eigentum an Apotheken, Milch und Bäckereien, mit Ausnahme nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel, die in einem nächsten Schritt umgesetzt werden, sowie zur Öffnung von makroökonomisch relevanten geschlossenen Berufen (z.B. Fährbetrieb). Im Rahmen der Folgemaßnahmen zu dem OECD-Instrumentarium (Teil II) ist die Produktion in die vorbereitenden Maßnahmen aufzunehmen;
* in Bezug auf die Energiemärkte Privatisierung des Stromübertragungsnetzbetreibers (ADMIE), es sei denn, im Benehmen mit den Institutionen können Ersatzmaßnahmen mit gleichwertiger Wirkung auf den Wettbewerb ermittelt werden;
* auf den Arbeitsmärkten eine tiefgreifende Überprüfung und Modernisierung der Verfahren für Tarifverhandlungen, Arbeitskampfmaßnahmen und, im Einklang mit den einschlägigen Richtlinien und bewährten Verfahren der EU, Massenentlassungen nach dem mit den Institutionen vereinbarten Zeitplan und Ansatz. Auf der Grundlage dieser Überprüfungen sollte die Arbeitsmarktpolitik an bewährte internationale und europäische Verfahren angepasst werden und nicht zu einer Rückkehr zur bisherigen Politikgestaltung führen, die mit den Zielen der Förderung eines nachhaltigen und integrativen Wachstums nicht vereinbar ist;
* Annahme der erforderlichen Maßnahmen zur Stärkung des Finanzsektors einschließlich entschlossener Maßnahmen in Bezug auf notleidende Kredite und Maßnahmen zur Verbesserung der Steuerung des HFSF und der Banken, vor allem durch die Beseitigung sämtlicher Möglichkeiten zur politischen Einflussnahme, insbesondere bei Ernennungsverfahren.
Darüber hinaus ergreift die griechische Regierung die folgenden Maßnahmen:
* Ausarbeitung eines deutlich nachgebesserten Programms für die Privatisierung mit verbesserter Steuerung; Transfer von hohen griechischen Vermögenswerten an einen unabhängigen Fonds, der die Vermögenswerte durch Privatisierungen und andere Wege monetarisiert. Die Monetarisierung der Vermögenswerte wird eine Quelle für die vereinbarte Rückzahlung des neuen ESM-Darlehen sein und soll während der Laufzeit des neuen Darlehens einen angestrebten Gesamtwert in Höhe von 50 Mrd. EUR erzielen, wovon 25 Mrd. EUR für die Rückzahlung der Rekapitalisierung von Banken und anderen Vermögenswerten verwendet werden und 50 % jedes verbleibenden Euro (d.h. 50 % von 25 Mrd. EUR) für die Verringerung der Schuldenquote und die übrigen 50 % für Investitionen genutzt werden.
Dieser Fonds würde in Griechenland eingerichtet und von den griechischen Behörden unter Aufsicht der maßgeblichen europäischen Organe und Einrichtungen verwaltet werden. In Abstimmung mit den Institutionen und aufbauend auf bewährten internationalen Verfahren sollte ein Rechtsrahmen angenommen werden, um gemäß den Grundsätzen und Standards der OECD in Bezug auf die Verwaltung staatseigener Unternehmen transparente Verfahren und eine angemessene Preisbildung für die Veräußerung von Vermögenswerten sicherzustellen;
* Modernisierung und deutliche Stärkung der griechischen Verwaltung im Einklang mit den Zielsetzungen der griechischen Regierung sowie – unter Federführung der Europäischen Kommission – die Einleitung eines Programms zum Aufbau von Kapazitäten und zur Entpolitisierung der griechischen Verwaltung. Ein erster Vorschlag sollte nach Beratungen mit den Institutionen bis zum 20. Juli 2015 vorgelegt werden. Die griechische Regierung verpflichtet sich, die Kosten der griechischen Verwaltung gemäß einem mit den Institutionen vereinbarten Zeitplan weiter zu senken;
* vollständige Normalisierung der Verfahren zur Arbeit mit den Institutionen einschließlich der erforderlichen Arbeiten vor Ort in Athen sowie Verbesserung der Programm-Durchführung und -Überwachung. Die Regierung muss die Institutionen zu sämtlichen Gesetzesentwürfen in relevanten Bereichen mit angemessenem Vorlauf konsultieren und sich mit ihnen abstimmen, ehe eine öffentliche Konsultation durchgeführt oder das Parlament befasst wird. Der Euro-Gipfel betont erneut, dass die Umsetzung von zentraler Bedeutung ist, und begrüßt in diesem Zusammenhang die Absicht der griechischen Regierung, bis zum 20. Juli 2015 ein Hilfeersuchen um technische Unterstützung an die Institutionen und die Mitgliedstaaten zu richten, und er ersucht die Europäische Kommission, diese Unterstützung durch Europa zu koordinieren;
* Die griechische Regierung wird mit Ausnahme des Gesetzes über die humanitäre Krise die Rechtsvorschriften überprüfen, um die Rechtsvorschriften zu ändern, die im Widerspruch zu der Vereinbarung vom 20. Februar eingeführt wurden und Rückschritte gegenüber früheren Programmauflagen darstellen, oder sie wird klare Ausgleichsäquivalente für die erworbenen Rechte ermitteln, die im Nachhinein geschaffen wurden.
Die oben aufgeführten Verpflichtungen sind Mindestanforderungen für die Aufnahme der Verhandlungen mit der griechischen Regierung. Der Euro-Gipfel hat jedoch unmissverständlich klargestellt, dass die Aufnahme von Verhandlungen einer etwaigen endgültigen Vereinbarung über ein neues ESM-Programm, das in jedem Fall auf einen Beschluss über das Gesamtpaket (einschließlich des Finanzierungsbedarfs, der Schuldentragfähigkeit und einer etwaigen Überbrückungsfinanzierung) gestützt sein muss, keinesfalls vorgreift.
Der Euro-Gipfel nimmt zur Kenntnis, dass nach Einschätzung der Institutionen der mögliche Programmfinanzierungsbedarf zwischen 82 und 86 Mrd. EUR beträgt. Er ersucht die Institutionen, Möglichkeiten einer Verringerung des Finanzierungsrahmens – durch einen alternativen Konsolidierungspfad oder höhere Einnahmen aus Privatisierungen – zu prüfen. Die Wiederherstellung des Marktzugangs, die Ziel eines jeden Finanzhilfeprogramms ist, verringert die Notwendigkeit einer Inanspruchnahme des gesamten Finanzrahmens.
Der Euro-Gipfel nimmt Kenntnis vom dringenden Finanzierungsbedarf Griechenlands, der verdeutlicht, dass äußerst zügig Fortschritte im Hinblick auf einen Beschluss über eine neue Vereinbarung erzielt werden müssen: Dieser Finanzierungsbedarf wird auf einen Betrag von 7 Mrd. EUR bis zum 20. Juli und auf einen weiteren Betrag von 5 Mrd. EUR bis Mitte August veranschlagt.
Der Euro-Gipfel stellt fest, wie wichtig es ist, dass der griechische Staat seine Zahlungsrückstände gegenüber dem IWF und der Bank von Griechenland ausgleichen und in den kommenden Wochen seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann, um die Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen Abschluss der Verhandlungen zu schaffen. Das Risiko eines nicht zügigen Abschlusses der Verhandlungen liegt vollständig bei Griechenland. Der Euro-Gipfel ersucht die Euro-Gruppe, diese Aspekte vordringlich zu erörtern.
In Anbetracht der akuten Herausforderungen, mit denen der griechische Finanzsektor konfrontiert ist, müsste der Gesamtrahmen eines etwaigen neuen ESM-Programms die Schaffung eines Puffers von 10 bis 25 Mrd. EUR für den Bankensektor umfassen, um einen potenziellen Banken-Rekapitalisierungsbedarf und etwaige Bankenabwicklungskosten zu decken, wovon 10 Mrd. EUR unmittelbar über ein Sonderkonto beim ESM bereitgestellt würden. Der Euro-Gipfel ist sich bewusst, dass eine rasche Entscheidung über ein neues Programm eine Voraussetzung dafür ist, dass die Banken wieder öffnen können und somit eine Erhöhung des Gesamtfinanzierungsrahmens vermieden wird. Die EZB/der SSM wird nach dem Sommer eine umfassende Bewertung vornehmen. Der Gesamtpuffer wird Vorkehrungen für eine mögliche Kapitalknappheit im Anschluss an die umfassende Bewertung nach der Anwendung des Rechtsrahmens einschließen.
Es bestehen ernste Bedenken hinsichtlich der Tragfähigkeit der griechischen Schulden. Dies ist auf eine Lockerung der politischen Maßnahmen in den letzten zwölf Monaten zurückzuführen, die zu der jüngsten Verschlechterung des makroökonomischen und finanziellen Umfelds im Inland geführt hat. Der Euro-Gipfel weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Reihe von Maßnahmen zur Unterstützung der Schuldentragfähigkeit Griechenlands getroffen haben, die den Schuldentilgungspfad Griechenlands erleichtert und die Kosten erheblich verringert haben.
Vor diesem Hintergrund ist die Euro-Gruppe bereit, im Zusammenhang mit einem möglichen künftigen ESM-Programm und im Geiste der Erklärung der Euro-Gruppe vom November 2012 erforderlichenfalls mögliche zusätzliche Maßnahmen (möglicher längerer Tilgungsaufschub und mögliche längere Zurückzahlungsfristen) zu erwägen, um sicherzustellen, dass der Bruttofinanzierungsbedarf auf einem tragfähigen Niveau bleibt. Diese Maßnahmen hängen davon ab, dass die in einem etwaigen neuen Programm festzulegenden Maßnahmen vollständig umgesetzt werden, und sie werden nach einem ersten positiven Abschluss der Überprüfung in Betracht gezogen.
Der Euro-Gipfel betont, dass ein nominaler Schuldenschnitt nicht durchgeführt werden kann.
Die griechische Regierung erneuert ihre unabänderliche Zusage, dass sie allen ihren finanziellen Verpflichtungen gegenüber allen ihren Gläubigern vollständig und rechtzeitig nachkommt.
Sofern alle in diesem Dokument aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind, können die Euro-Gruppe und der ESM-Gouverneursrat gemäß Artikel 13 Absatz 2 des ESM-Vertrags die Institutionen beauftragen, ein neues ESM-Programm auszuhandeln, falls die Voraussetzungen nach Artikel 13 des ESM-Vertrags auf der Grundlage der in Artikel 13 Absatz 1 genannten Bewertung erfüllt sind.
Zur Unterstützung von Wachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen in Griechenland (in den kommenden 3 bis 5 Jahren) wird die Kommission eng mit der griechischen Regierung zusammenarbeiten, um bis zu 35 Mrd. EUR (im Rahmen verschiedener Programme der EU) zur Finanzierung von Investitionen und der Wirtschaftstätigkeit, einschließlich von KMU, zu mobilisieren. Die Kommission wird als eine Ausnahmemaßnahme aufgrund der einzigartigen Lage Griechenlands den Gesetzgebungsorganen der EU vorschlagen, die Höhe der Vorfinanzierung um 1 Mrd. EUR aufzustocken, um einen sofortigen Anschub für Investitionen zu geben. Auch der Investitionsplan für Europa wird Finanzierungsmöglichkeiten für Griechenland vorsehen.“