Endspiel um den Rundfunkbeitrag: Justiziarin füttert Presse mit irreführenden Aussagen

Es muss schlimm stehen um die Reputation der Rundfunkanstalten und ihres Rundfunkbeitrags, wenn man sieht, welche Mittel sie in der Presssearbeit anwenden, um das zu überdecken. Sie behaupten vor der versammelten Presse das Gegenteil dessen, was sie tun.

 Nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen von der Vorstellung des Geschäftsberichts des Beitragsservice der Rundfunkanstalten für 2015 sagte Eva-Maria Michel, Justitiarin und stellvertretende Intendantin des WDR, sowie Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit des Beitragsservice, über den Bargeld-Widerstand, es gebe da noch die Einzelkämpfer, die mit erstaunlichem Furor gegen den Beitrag kämpfen und etwa zur Barzahlung aufrufen, um den Eintreibern möglichst viel Aufwand zu bescheren. Man habe extra Barzahlungsmöglichkeiten geschaffen, „Keiner ist gekommen“, sagte Eva-Maria Michel dem Beitrag zufolge.

Wie das mit den Einzelkämpfern zu verstehen ist bei 1,4 Millionen beantragten Zwangsvollstreckungen pro Jahr, weiß wohl nur Frau Michel. Und wenn der Rundfunk wirklich so gelassen wäre, wäre das schön. Dann würde ich nicht ständig unflätige Briefe vom Justiziar des Hessischen Rundfunks bekommen, mit denen dieser versucht, mich davon abzubringen, mein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt weiterzuverfolgen – etwas, was er nach Verwaltungsproessrecht nicht tun sollte. Wir wollen beides hier nicht vertiefen. Es soll vielmehr um den letzten Teil der Aussage gehen: Man habe extra Barzahlungsmöglichkeiten geschaffen, aber keiner sei gekommen.

Die Chefjuristin des Westdeutschen Rundfunks und Pressechefin des Beitragsservice sagt das ganz ungeniert der Presse. Sie sagt es, während der Beitragsservice mir und vielen Tausenden ausdrücklich verwehrt, bar zu zahlen und der Hessische Rundfunk sich sogar noch vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt gegen mein Ansinnen wehrt. Sie sagt es, während der WDR sogar gegen Beitragspflichtige in Köln Vollstreckung in die Wege leitet, weil sie den Rundfunk nur bar bezahlen wollen, aber nicht dürfen.

Worauf also bezieht sie sich? Zugegeben: Ein Leser aus Mainz hat mir, wie ich bereits berichtet habe, jüngst einen Brief des Beitragsservice zukommen lassen, in dem dieser ihm anbietet, nach Köln zu fahren. Dort könne er bei der Zentrale des Beitragsservice bar bezahlen. Zugegeben: Unter der Hand darf man tatsächlich in Köln beim Beitragsservice bar zahlen. Man muss es nur wissen. Aber es ist doch mehr als Chuzpe, zu sagen „Keiner ist gekommen“, wenn der  Beitragsservice nicht etwa einlädt zu kommen, sondern zehntausendfach Briefe herausschickt, in denen Barzahlungsanbietern erklärt wird, dass Barzahlung rechtlich nicht möglich sei, weil die Rundfunkbeitragssatzung das ausschließe. Es ist mehr als Chuzpe, zu sagen „Keiner ist gekommen“, wenn die Barzahlung nur an einem Ort in Köln und nur Leuten angeboten wird, die in mindestens 100 km Entfernung von Köln wohnen.

Die Verzweiflung muss groß sein. Angesichts der immer mehr um sich greifenden Empörung über den Rundfunkbeitrag und seine Eintreiber ist das auch kein Wunder. Der vorangegangene Beitrag auf diesem Blog zum Rundfunkbeitrag der aus den Fugen gerät, war der innerhalb der ersten 24 Stunden bisher meistgeklickte auf diesem Blog (knapp 20.000 Klicks, was etwa 13.000 Lesern entspricht). Es gibt ziemlich viele Einzelkämpfer.

Zum Abschluss noch ein wenig O-Ton aus der FAZ. So hört sich pfeifen im Walde an:

„Vor den lautstarken Beitragsverweigerern fürchtet man sich jedenfalls nicht. Im vergangenen Jahr seien gerade einmal 3800 Klagen eingereicht worden, „absolut überschaubar“. Dass da eine Millionen-Bewegung entstehe, wie angesichts einer beachtlichen Nichtzahlerquote von 10,9 Prozent schon geschrieben wurde, hält man für Unsinn. Mit den Vertretern der Alternative für Deutschland, die für die Privatisierung von ARD und ZDF eintritt, zugleich aber für einen steuerfinanzierten „Staatsrundfunk“, werde man sich gerne in den Rundfunkräten auseinandersetzen. Da seien schon die Piraten gezähmt worden.“

Zu Letzterem muss man wissen, dass man im Rundfunkrat des WDR als eines der rund 50 Mitglieder schon fast Tausend Euro im Monat bekommt, wenn man nur dabei ist, da muss man noch keinen Strich dafür tun und es sind wenige, die etwas tun. Sogar die Stellvertreter, von denen jedes Mitglied seinen eigenen hat, werden gut für ihre Nicht-Arbeit entlohnt. Da zähmt es sich leicht. Denn Mitglieder, die auf Fundamentalopposition machen, werden vom Landtag höchstens en Mal berufen. Und ausrichten können sie als kleine Minderheit eh nichts.

Stellungnahme der WDR-Justiziarin

Änderungshinweis 23.6.2016: Auf freundliches Bitten der WDR-Justiziarin habe ich den Titel geändert.

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