Warum Barzahlung des Rundfunkbeitrags die demokratische Grundordnung gefährdet: Revisionserwiderung des HR

In meinem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, wo ich in dritter Instanz auf das Recht zur Barzahlung des Rundfunkbeitrags klage, hat der Hessische Rundfunk (HR) auf unsere Revisionsbegründung geantwortet. Wenn es nach dem HR geht, wäre die demokratische Grundordnung in Gefahr, wenn ich meinen Beitrag bar entrichten dürfte. Ich übertreibe nicht!

Die Vorschrift von §14 Bundesbankgesetz, wonach „auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel sind“, lässt sich nach Ansicht des HR nicht so weit auslegen, dass daraus folge, dass jeder Bargeld zur Tilgung einer Geldschuld annehmen müsse, soweit nicht vorher etwas anderes vereinbart worden ist. Das ergebe sich sowohl aus der genauen Wortlautauslegung als auch aus der Analyse des Willens des Gesetzgebers.

Dabei wird der schwache Punkt der HR-Argumentation unmittelbar deutlich. Denn in den eineinhalb Seiten, in denen sie diese zehn Wörter auslegen, „vergessen“ die Juristen des HR völlig das entscheidende Wort „unbeschränkt“.

Das erreichen sie, indem sie statt des zentralen Satzes den Rest von Absatz 1 und zusätzlich Absatz 2 von §14 analysieren, wo es um Banknotenausgabe und -einzug durch die Bundesbank geht. Auf diesem Wege kommen sie schließlich zu der abseitigen Feststellung:

„Der Regelungsgehalt (…) ist offensichtlich allein darauf gerichtet, der Deutschen Bundesbank die Befugnis zur Übertragung und Einziehung von Euro-Banknoten zu übertragen.“

Das Wort „Übertragung“ haben die HR-Juristen hier wohl irrtümlich verwendet. Gemeint haben dürften sie „Ausgabe“ von Banknoten.

Würde man dieser eigenwilligen Argumentation folgen, so würde das bedeuten: Wenn ein Landesgesetzgeber entscheiden möchte, dass künftig in besagtem Land Abgaben nur noch mit Gummibärchen oder Bitcoins bezahlt werden können, dann wäre das unschädlich, denn die Bundesbank hätte ja weiter die Befugnis Euro-Banknoten auszugeben und einzuziehen. Dass man mit diesen Banknoten nur noch begrenzt etwas anfangen könnte, sei unerheblich. Es ist mir unerfindlich, wie vermeintlich hochkarätige Juristen es wagen können, vor einem obersten Bundesgericht solchen eklatanten Unsinn zu verzapfen.

Weiter meint der HR, Geldnutzer könnten keine Rechte aus der Vorschrift im Bundesbankgesetz ableiten, da alleiniger Adressat die Bundesbank sei. Als Ökonom und Rechtslaie würde ich darauf antworten, dass jeder, der einen Geldschein als Gegenwert für eine Leistung oder Ware annimmt, dies im Vertrauen auf den im Bundesbankgesetz garantierten unbeschränkten Zahlungsmittelstatus von Bargeld tut, also im Vertrauen darauf, dass er damit selbst wieder alles wird zahlen können. Mein Anwalt wird das sicher juristisch adäquater ausdrücken.

Nicht vorenthalten will ich der Leserschaft einen besonders niedlichen Begründungsstrang des HR.

„Dass der Gesetzgeber mit §14 Abs.1 S.2 Bundesbankgesetz auch solche Regeln verhindern wollte, die der Verwaltungsvereinfachung von Massenverfahren insbesondere im Zusammenhang mit der Einziehung von Rundfunkbeiträgen dienen, muss auch und gerade im Hinblick auf die Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkbeiträge für die demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland verneint werden.“

Wenn ich meinen Rundfunkbeitrag bar bezahlen darf, ist die demokratische Grundordnung in Gefahr. Geht es auch eine Nummer kleiner?

Das wird damit begründet, dass schon die Alliierten nach dem Krieg den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geschaffen hätten und dass die Medien in Artikel 5 des Grundgesetzes besonders geschützt seien. Der ö-r Rundfunk könne der ihm zugedachten Funktion aber nur dann gerecht werden, wenn die Finanzierung kontinuierlich und praktikabel ausgestaltet ist. Vor diesem Hintergrund könne der Bundesgesetzgeber bei der Abfassung des Bundesbankgesetzes unmöglich beabsichtigt haben, eine Pflicht zur Bargeldannahme zu normieren, die auch die Rundfunkanstalten treffen und ihnen zusätzliche Kosten des Geldeintreibens aufbürden würde.

Ich würde sagen, das ist eine mehr als weite Auslegung der verfassungsrechtlichen Privilegien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Allerdings halte ich es durchaus für wahrscheinlich, dass die Furcht davor, einer so wichtigen Instanz wie dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Steine in den Weg zu legen, eine wichtige Rolle für die Verwaltungsrichter und –richterinnen unterer Instanzen gespielt hat, die mit lauter verschiedenen, hochkreativen Begründungen urteilten, dass das Bundesbankgesetz nicht das bedeute, was es dem offenkundigen Wortlaut nach sagt.

[2.9.2018]

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