PEI will Krankenkassendaten zur Impfstoff(un)sicherheit partout nicht auswerten

20. 11. 2025 | Multipolar | Fünf Jahre nach der Ankündigung einer geplanten „Studie zur Risikoevaluation der COVID-19-Impfstoffe“ auf Grundlage von Versicherten-Daten hat das staatliche Paul-Ehrlich-Institut (PEI) keine solche Arbeit vorgelegt. Die Studie sollte auf Informationen des digitalen Impfmonitorings, der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV-Daten) und der gesetzlichen Krankenversicherungen basieren. Die Daten stehen dem Institut inzwischen zur Verfügung.

Multipolar. Das PEI bestreitet gegenüber Multipolar, die Daten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bisher noch nicht ausgewertet zu haben. So seien diese Daten bereits in einer Machbarkeitsstudie verwendet worden. Darin habe man zeigen können, dass eine Zusammenführung „von Daten des digitalen Impfmonitoring (DIM-
Daten) des Robert Koch-Instituts (RKI), KV-Daten und GKV-Daten technisch machbar ist“. Wie das PEI Multipolar mitteilte sei „eine weitere Publikation“ „in Vorbereitung“.

Im Fokus zweier Forschungsprojekte, für die das PEI nun auf die genannten Daten zurückgreift, stehen das Post-COVID- und das Post-VAC-Syndrom. Bei dem Projekt „prevCOV“ (Laufzeit 2024 bis 2027) geht es vorrangig darum, „Versorgungskonzepte und therapeutische Konzepte“ für Patienten mit „Long COVID“ oder „gesundheitlichen Beschwerden im zeitlichen Zusammenhang mit einer COVID-19-Impfung“ zu unterstützen. Das Projekt „COVYOUTHdata“ (Laufzeit 2025 bis 2028) fokussiert darauf, die Datenlage über Art, Häufigkeit und Risikofaktoren einzelner „Pandemiefolgen“ bei Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Beide Forschungsprojekte erfolgen in Kooperation mit den Projektpartnern Universitätsklinikum Köln und Ruhr-Universität Bochum, die bereits an der Machbarkeitsstudie mitgewirkt hatten und werden vom Bundesgesundheitsministerium gefördert.

In einer Mitteilung des PEI zu den beiden Forschungsprojekten heißt es, „Beweise“ für einen ursächlichen Zusammenhang des Post-VAC-Syndroms mit der COVID-19-Impfung gebe es nicht. Ob es sich dabei um eine „eigenständige Erkrankung“ oder um eine „immunologisch vermittelte Reaktion“ im Rahmen „individueller Dispositionen“ handele, sei Gegenstand „aktueller Forschung“.

Aufgrund einer Änderung im Infektionsschutzgesetz 2020 konnte das PEI sämtliche Falldaten zu Schutzimpfungen von den Kassenärztlichen Vereinigungen anfordern. Das RKI teilte dem Journalisten Bastian Barucker im Oktober mit, es habe dem PEI die „für die Pharmakovigilanz benötigten“ und beim RKI vorliegenden KV-Abrechnungsdaten zur Impfüberwachung seit dem ersten Abrechnungsquartal 2020 bereitgestellt. Es sei zwar erst ab Ende 2020 geimpft worden, „aber das PEI benötigte bereits COVID-19-Diagnose- und andere Daten ab 2020“. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung bestätigt gegenüber Barucker die Datenweitergabe und verweist auf Probleme beim RKI und PEI mit der Einrichtung einer notwendigen „Schnittstelle“ zur Annahme der übermittelten KV-Daten.

Im März 2022 hatte das PEI in einer Stellungnahme angegeben, anonymisierte Krankenkassendaten angefragt zu haben. „Bislang stehen diese Daten von den Krankenkassen dem Paul-Ehrlich-Institut noch nicht zur Verfügung“, hieß es damals, unter Verweis auf die seit 2020 geplante „Sicherheitsstudie“. Ebenso versicherte das PEI: Die „Ansprache“ der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) sei in Vorbereitung, die dafür nötige Abstimmung mit dem RKI finde statt. Im Juli diesen Jahres erklärte das PEI gegenüber Multipolar: „Seit Ende März 2025 liegen die KV-Daten dem Paul-Ehrlich-Institut vollständig vor und werden in einem nächsten Schritt für die Auswertung vorbereitet.“ Anonymisierte Krankenhausabrechnungsdaten standen ab Mitte Juni 2020 der Öffentlichkeit zur Verfügung. Multipolar-Recherchen stellten mithilfe dieser Daten bereits Anfang 2022 ein deutliches Sicherheitssignal bei den COVID-19-Impfungen von Jugendlichen fest. Das PEI ging dem jedoch nicht nach.

Auch die nicht öffentlich verfügbaren Abrechnungsdaten der niedergelassenen Ärzte mit den Krankenkassen standen dem PEI bereits ab November 2020 zur Verfügung. Im Februar 2022 teilte der damalige Vorstand der Betriebskrankenkasse „BKK ProVita“, Andreas Schöfbeck, dem PEI mit, dass die Abrechnungsdaten der Ärzte mit den Betriebskrankenkassen für das erste Halbjahr 2021 darauf hindeuteten, dass allein die Anzahl der behandelten Fälle von Nebenwirkungen nach COVID-19-Impfungen in den ersten sechs Monaten des Jahres um den Faktor 10 höher lag, als damals vom PEI für das ganze Jahr 2021 ermittelt worden war. Schöfbeck wurde daraufhin von seinem Arbeitgeber fristlos gekündigt.

Dieser Beitrag wurde zuerst am 19.11. auf multipolar-magazin.de veröffentlicht. Die Überschrift stammt von Norbert Häring. Multipolar-Meldungen können frei von anderen Portalen übernommen werden. Bedingung einer Übernahme ist die Nennung der Quelle und die Einbettung des Originallinks. Textliche Ergänzungen oder andere inhaltliche Veränderungen der Originalmeldung müssen durch einen separaten Hinweis an die Leserschaft kenntlich gemacht werden.

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