Ich sehe ein, mein Blog wirkt bisweilen etwas misslaunig. Deshalb will ich gern auch mal auf eine zutiefst positive Sichtweise auf Europa verweisen, wie sie die Zeit meisterhaft in Worte zu fassen versteht. Es geht um: „Europa: Kunstwerk des Jahrhunderts“ und „Griechenland: Sie sollten wieder Katzen jagen“
In „Europa: Kunstwerk des Jahrhunderts“ verweist der stellvertretende Chefredakteur Bernd Ulrich die Miesmacher Europas auf Seite 1 der letztwöchigen Zeit in die Schranken:
„Rührend und historisch beispiellos ist aber auch die kühle Fürsorge, mit der sich achtzehn andere Staaten der EU seit fünf Jahren immer wieder und seit fünf Monaten unentwegt mit dem Schicksal der elf Millionen Griechen befassen. … Auch die deutsche Regierung kümmert sich in diesem Sommer weit mehr um Griechenland als um Deutschland, die Kanzlerin, die zu Beginn der Krise wohl einige Vorurteile hegte, ist nun so tief in die griechische Materie eingearbeitet, dass sie in Athen jederzeit mitregieren könnte. Enger, intensiver, ja solidarischer kann Europa kaum sein.“
An diese aufbauenden Worte sollte nach dem Aufruhr von Montag über das „Diktat Schäubles“ nochmal erinnert werden.
„Gleichzeitig ist Europa zum Kotzen, weil es sich mit derart morbider Lust herunterredet, anstatt das Respektable und Anständige an sich selbst zu sehen. … Absonderlich, wie sich da viele in der Apokalypse aalen, und immer so, als sei das europäische Volk, über das da geredet wird, gar nicht anwesend, als könnte es nicht lernen: also beispielsweise gerade deshalb die Briten drinzuhalten, weil die Griechen herausfallen könnten. Gerade nicht Le Pen zu wählen, weil die mit Putin fraternisiert.“
Bitte auf Französisch übersetzen, damit es auch wirkt, so wie jüngst den Seite-1-Text auf Griechisch!
„Der EU ist es in den vergangenen fünf Jahren gelungen, eine von den USA ausgehende Finanz- und Schuldenkrise leidlich in den Griff zu bekommen, nur bei einem einzigen, kleinen EU-Land ist das noch nicht geglückt. Und? Ist hier irgendjemand stolz?“
Na gut, jedem unterläuft mal ein Fehler. Wollen wir mal nicht so sein. Die Kurven der Arbeitslosenquoten kann nicht jeder parat haben. Die zeigen in den USA nach Süden, in der EU außerhalb Deutschlands in den hohen Norden. Geschenkt. Denn jetzt kommt das große Finale:
„Wer Griechenland in diesen Tagen erlebt, wie es leidet und kämpft, kann gar nicht anders, als zu hoffen, dass dieses Land im Euro bleibt. Sollte das aber nicht gelingen, ist die EU nicht gescheitert, sie hat dann lediglich eine ihrer vielen wichtigen Aufgaben nicht bewältigt. Das kommt vor, siehe USA. Scheitern wird die EU erst, wenn es zwischen ihren Mitgliedern zum Krieg kommt, wenn irgendwo die Demokratie abgeschafft wird – oder wenn es ihr nicht gelingt, robust genug zu werden, um als umstellte Supermacht zu überleben.“
Und im Wirtschaftsteil ist der stellvertretende Ressortleiter Roman Pletter kaum weniger positiv und sprachgewaltig. Unter dem zugegeben zu Anfang etwas kryptischen Titel: „Griechenland: Sie sollten wieder Katzen jagen“ schreibt er:
„Sie jagen keine Katzen mehr in Griechenland, und schon gar nicht die fetten. Der Euro war als ein Werkzeug der Vertiefung der Europäischen Union gedacht, aber es erweist sich im Falle Griechenlands nun als ungeeignet. Also sollte man es zumindest zeitweise mal beiseite legen. Denn Europa scheitert nicht, wenn ein Werkzeug mal leer dreht wie ein Schraubenzieher. Es scheitert nicht, wenn der Euro scheitert, wie es Bundeskanzlerin Angela Merkel gesagt hat. Das passiert nur, wenn dieser unsinnige Satz so oft gesagt wird, bis er Wirklichkeit wird und Europas Politiker keine anderen Werkzeuge mehr bemühen, um Europa zu bauen und zu erhalten.“
Zum Ende hin wird der grundlegende Optimismus von einem zarten Hauch Defätismus gewürzt:
„Sogenannte linke Ökonomen und ihre amerikanischen Stichwortgeber reden ja immer davon, dass Griechenland ein Investitionsprogramm brauche…. (Jedoch) ist es wenig wahrscheinlich, dass Griechenlands Institutionen auf einmal gute Ideen für lohnende Projekte haben, in die sie viele Milliarden Euro investieren könnten.“
Griechenland ist hoffnungslos, aber Europa gehört die Zukunft. Wenn das nicht was zum Feiern ist.