Brief aus Athen: Zwei Medienwelten und eine Börsenwelt

Markus Barth, Athen. Nachdem die Verhandlungen der Eurogroup in Brüssel am frühen Donnerstagmorgen ohne abschliessende Einigung zu Ende gegangen sind bringt sich die deutsche Presse wieder eindeutig in Stellung. Hervorstechendes Merkmal der Berichte war einmal mehr das, was die Griechen „Katastrophologia“ nennen also die Neigung ständig Katastrophen vorherzusehen. „Eklat in Brüssel“ titelt die Welt, „Griechenland brüskiert Europa“ der Spiegel. Selbst die Zeit, die ansonsten

auch gelegentlich mal um Verständnis  für die Griechen wirbt, redet vom „Fluch der Wahlversprechen“. „Die Lage in Griechenland wird immer heikler“ berichtet der Fokus. Generell ist man sich einig „Die Zeit für Athen läuft ab“. Grexit-Szenarien haben plötzlich wieder Konjunktur. Die Empörung, dass das winzige Griechenland die Weltwirtschaft in den Abgrund stürzen könne ist gross.

Im griechischen Frühstücksfernsehen wird das Thema lebhaft diskutiert. Breiten Raum nehmen die landesweiten parteiübergreifenden Demonstrationen zur Unterstützung der Verhandlungsposition Griechenlands ein. Generell ist man mit der harten Verhandlungsführung Varoufakis’, der ansonsten immer mehr zum Kult wird, zufrieden und erwartet recht zuversichtlich einen akzeptablen Kompromiss bis zum Montag. Lob kommt sogar aus eher rechtsgerichteten Kreisen der ND. 

Regierungssprecher Sakellaridis dementiert die von den meisten deutschen Medien weiterverbreite Meldung  der Financial Times, Tsipras habe Varoufakis „zurückgepfiffen“ . Varoufakis habe Tsipras lediglich telefonisch über den Stand der Verhandlungen informiert und sich seine Ablehnung des letzten Entwurfs für ein Übereinkommen bestätigen lassen. Am Ausdruck „Verlängerung des bestehenden Programms“ sei die Zustimmung gescheitert aber man werde sich weiter intensiv um eine Einigung am kommenden Montag bemühen.

Es herrscht die Einschätzung vor man sei ein Stück weitergekommen und habe durchaus Verständnis für die griechischen Positionen gefunden. Eine ueberaschende Verbündete habe Varoufakis auch in der Chefin des IMF Christine Lagarde gefunden.  Das beweise nicht nur ihr Rock-Outfit und ihre eindeutige Körpersprache sondern auch ihre Einschätzung der griechischen Verhandlungdelegation  insgesamt.  Tatsächlich: „Intelligent, kompetent und sachkundig“ seien die griechischen Delegierten, „Leute denen man zuhören  müsse“ hatte Lagarde den Reportern beim Eintreffen in Brüssel erklärt. Und es ist auch eine bekannte  Tatsache: ausgerechnet  die „harten“ IMF-Vertreter in der Troika  haben schon seit geraumer Zeit ernste Zweifel an der Wirksamkeit der Austeritaetsmassnahmen geäußert und sind im Interesse der Rückzahlung für neuen Vorschläge offen. Und im Gegenteil zu den Politikern braucht der IMF auch keine Rücksicht auf die Stammtische zu nehmen.

Den Tag über herrscht gespanntes Warten auf den ersten Kontakt „unseres Alexi“ mit der deutschen Kanzlerin. Erste Bilder und Einschätzungen gehen sofort über alle Kanäle. Auch hier herrscht eine positive Wertung vor. Gut sei das Klima gewesen. Dass Merkel Kompromissbereitschaft signalisiert habe wird herausgestellt, nicht ihre einschränkenden Bedingungen.

Die Anleger, denen man im allgemeinen grosse Sensibilität nachsagt, neigen zur Einschätzung der griechischen Medien. Die Athener Börse schloss am Donnerstag mit einem deutlichen Plus. Die Wirtschaftszeitung „Imerisia“ meldet: „Einen explosiven Anstieg verzeichnet der Aktienmarkt im Nachhall der gestrigen Eurogroup“ . Der allgemein Index stieg um 6.73% und war getrieben insbesondere von der Erholung  der zugegebenermassen in der letzten Zeit arg gebeutelten Bankwerte: Ethniki Trapeza +18%, Alpha Bank +14,75, Eurobank +12,75 und Pireos Bank +9.97%. Der Markt preise den zu erwartenden erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen vom Montag bereits ein erklärt die Zeitung. 

Print Friendly, PDF & Email