Bündnis von 20 Organisationen richtet Aufruf gegen Digitalzwang an Minister Wissing

11. 09. 2024 | Das Bündnis Bahn für Alle besteht aus 20 Verbänden, Gewerkschaften, Parteigliederungen und anderen Vereinen. Mit einer Unterschriftenliste, die das Bündnis auf der Verkehrsministerkonferenz am 9. und 10.10. dem FDP-Minister für Digitales und Verkehr übergeben will, ruft es diesen zum Umsteuern in Sachen Digitalzwang durch die Bahn auf.

Die Petition auf der Netzseite des Bündnisses lautet:

  „Bahnfahren: Ja! Digitalzwang: Nein!

Sehr geehrter Herr Wissing,

die Deutsche Bahn, über die Sie Aufsicht führen, möchte Plastik sparen – sehr gut! Leider zwingt das Management in diesem Zuge allen, die vergünstigte Fahrkarten buchen wollen, die DB-App und ein DB-Kundenkonto auf. Wir denken, das geht auch anders. Statt wie bisher die BahnCard jedes Jahr auszutauschen, kann einfach deren Gültigkeit verlängert werden. Und wer gar kein Plastik möchte, muss wählen können, ob er eine digitale Abrufmöglichkeit nutzen möchte oder eine Papierversion zugeschickt bekommen will – auch darauf lässt sich ein QR-Code platzieren. Ein nur per Computer zugängliches Kundenkonto ist für eine Papiervariante nicht nötig. Auch an anderer Stelle nicht: Vielleicht haben sich Oma und Opa über einen Geschenkgutschein gefreut, mit dessen Hilfe sie die Enkel mit der Bahn besuchen können. Aber welche Enttäuschung – der Gutschein kann nur eingelöst werden, wenn ein Kundenkonto angelegt wird. Warum?

Und was die DB-App betrifft: Schön, dass dort nützliche Funktionen angeboten werden. Schlimm aber, dass man manche Dienstleistungen nur noch per App buchen kann. Noch schlimmer ist, dass man bei der Benutzung ausgeschnüffelt wird: Selbst wer ausgewählt hat, dass nur erforderliche Cookies zugelassen sind, übermittelt ungewollt sensible Daten wie Anzahl der Reisenden, Abfahrtstag sowie Start- und Zielbahnhof an private Dritte – sogar, ob ein Kind mitfährt. Die DB musste schon einmal wegen hunderttausendfacher Verletzung des Datenschutzes die bis dahin höchste Strafe für solche Vergehen zahlen, die je einem Unternehmen in Deutschland auferlegt wurde. Daraus sollte die DB lernen.

Herr Wissing, Sie sind nicht nur Minister für Verkehr, sondern auch für Digitales. Damit vereinen Sie zwei wichtige Zuständigkeiten in Ihrer Person! Bahnfahren ist Daseinsvorsorge. Es muss allen gleichermaßen zugänglich sein. Der DB-Digitalisierungszwang grenzt aber Menschen massiv aus. Und das schadet nicht nur diesen Menschen, sondern auch der Umwelt, denn die Alternative ist das Auto. Oder noch schlimmer: das Flugzeug. Sie sind Chef der DB; verlangen Sie, dass dort der Digitalzugang ausschließlich freiwillig erfolgt und die Ablehnung digitaler Zugänge oder Produkte mit keinerlei Preis- oder Komfortnachteilen verbunden ist. Wenn der DB-Vorstand das nicht umsetzen will, können Sie ihn entlassen. Der Vorstand wird dann vermutlich auch auf der Schriftform bestehen.“

Auf der Netzseite des Bündnisses kann man sich als Unterstützer eintragen. Ich habe es bereits getan, weil ich es sehr wichtig finde, dass möglichst viele die Stimme gegen den um sich greifenden Digitalzwang erheben, auch die nicht direkt Betroffenen. Denn dieser Zwang, Datenkraken-Apps und Smartphones, die uns ausspionieren, für alles zu nutzen, was wir tun, beschneidet unsere Möglichkeiten, selbstbestimmt zu leben, immer mehr, in kleinen, fast unmerklichem Schritten, aber sehr, sehr weitgehend.

Mehr

Mein Dossier zum Digitalzwang der Bahn

Wie der Staat hinten herum das Bargeld abschafft
9. 09. 2024 | Der öffentliche Nah- und Fernverkehr ist für alle da. Doch immer mehr Menschen werden ausgeschlossen. Kinder fliegen aus dem Bus, weil sie nicht mit Bargeld bezahlen dürfen. Wer kein Smartphone besitzt, fährt teuer oder gar nicht. Und auf einigen Bürgerämtern geht nur noch Kartenzahlung. Die Bundesregierung bekennt sich zwar vordergründig zum Bargeld, betreibt aber hinten herum seine Abschaffung, zeigt Hakon von Holst in diesem Gastbeitrag.

Print Friendly, PDF & Email