5. 02. 2021 | Hören | Lorenz Jarass, gelegentlicher Gastautor dieses Blogs bekam einen Bettelbrief von der Kampagnenorganisation Campact, die beklagt, aufgrund ihres Eintretens gegen Fake News und Verschwörungstheorien viele Spender verloren zu haben. Ich dokumentiere seine Antwort an Campact und den Brief.
Campact schrieb in dem Brief an Unterstützer:
„Es kann schmerzen, Haltung zu zeigen – das haben wir 2020 erfahren. Unser Umgang mit Corona und Verschwörungsmythen hat uns viel gekostet. Vorstand Dr. Felix Kolb erklärt, was passiert ist, und was Campact jetzt unternimmt.
Hallo Lorenz Jarass,
Fake News und Verschwörungsmythen sind kein neues Phänomen – auch nicht für Campact. Seit der Gründung unserer Bürgerbewegung vor 15 Jahren bekommen wir merkwürdige Zuschriften: von Menschen, die sich als Reichsbürger sehen oder uns vor Chemtrails warnen. Doch das waren nur vereinzelte E-Mails. Sachlich und mit einem Schulterzucken beantworteten wir die Zuschriften. Eine Gefahr für unsere Gesellschaft sahen wir darin nicht. Ein Irrtum.
Es brauchte Corona, um diesen Fehler zu erkennen. Mit Bestürzung und Sorge beobachten wir seit einigen Monaten, wie weit sich viele Menschen von der Realität lösen. Auf Youtube und in Chats nehmen sie Falschmeldungen auf. Verbreiten sie weiter – in nie dagewesener Geschwindigkeit. Gerade in Zeiten der Unsicherheit nehmen Menschen einfache Erklärungen an. Die AfD, andere Rechtsextreme und Reichsbürger*innen ergriffen diese Chance schnell – übernahmen die Proteste und erklärten den Kampf gegen alle Corona-Regeln.
Die Verbreitung der Lügen über das Coronavirus hat handfeste Auswirkungen: Menschen sterben völlig unnötig an Covid-19. Wenn vereinzelte Leugner*innen weder Abstand halten noch Maske tragen, gefährden sie zunächst sich selbst und ihre Angehörigen. Beim Einkauf, im Bus oder auf der Arbeit können sie aber etliche andere anstecken. So werden Menschen, die das Virus leugnen, selbst zu Pandemiebeschleunigern. Das können wir in vielen Landkreisen in Sachsen und Thüringen beobachten. Auch deshalb haben wir schon im Juni angefangen, vor Corona-Leugner*innen und der Teilnahme an sogenannten Hygiene-Demos zu warnen.
Die Reaktion: Tausende Spender*innen und Förder*innen kehrten uns den Rücken. Finanziell eine echte Belastung. Doch für uns bleibt klar: Wer schweigt, stimmt zu. Wir bereuen unsere Positionierung nicht – und die große Mehrheit der Campact-Aktiven wissen wir hinter uns. Gleichzeitig brauchen wir neben moralischer auch finanzielle Unterstützung, um die Verluste auszugleichen und stärker als je zuvor gegen Falschinformationen vorzugehen. Dabei setzen wir auf Menschen wie Sie, Lorenz Jarass. Bitte stellen Sie sich in dieser schwierigen Zeit an die Seite von Campact. Schon mit 2 Euro wöchentlich helfen Sie enorm!“
Das geht noch eine Weile so weiter. Der Rest des Briefes kommt am Schluss. Hier nun zuerst die Antwort von Lorenz Jarass.
„Lieber Herr KOLB,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
(1) Trinken Sie doch abends mal ein Glas Wein und überlegen sich, was Sie falsch gemacht haben und damit „die Reaktion: Tausende Spender*innen und Förder*innen kehrten uns den Rücken“ verursacht haben? Haben Sie sich schon mal überlegt, dass „Menschen, die sich als Reichsbürger sehen oder uns vor Chemtrails warnen“ oder „Menschen, die das Virus leugnen“ schon bisher Campact nicht unterstützt haben und Ihnen deshalb nicht den Rücken gekehrt haben können. Sondern vielmehr solche, die Ihre Gleichsetzung von Corona-Leugner und Kritikern der Corona-Maßnahmen für unangemessen und schädlich zur Eindämmung von Corona halten.
(2) Man muss weder gewaltbereit noch Querdenker sein, um die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung für ineffizient zu halten. Einige Beispiele:
(2a) Bis vor wenigen Tagen brauchte man zwar einen negativen Corona-Test, um nach Mallorca zu fliegen, weil die Spanier ihn verlangt haben, aber zurück konnte man ohne negativen Corona-Test fliegen (und alle im Flugzeug anstecken), und erst nach Rückkehr musste man einen Corona-Test machen. Und die kleinen Leute dürfen gleichzeitig mit ihren Freunden nicht Schlittenfahren und Spaziergehen.
(2b) Häusliche Quarantäne bedeutet in der Praxis, dass alle Familienangehörigen angesteckt werden und häufig auch die benachbarten Familien. Zumindest auf freiwilliger Basis sollte man eine Außer-Haus-Quarantäne anbieten, siehe den beiliegenden Beitrag aus dem Handelsblatt ´Infizierte isolieren statt Wirtschaft ruinieren´.
(2c) Wie bei Contergan trägt auch diesmal das Risiko (hier der Corona-Massenimpfung) die Allgemeinheit, nicht etwa die Firmen, die damit Gewinne machen.
(2d) Massenimpfungen ohne längere Erfahrungen zu mittel- und langfristigen Folgen sind für Hochbetagte mit Vorerkrankungen sicher sinnvoll. Ob für Jüngere ohne Vorerkrankung muss jeder für sich selbst entscheiden, was bei der Impfpropaganda der Massenmedien schwierig ist.
(2e) In den letzten Wochen sind die laborgetestet Infizierten weitgehend proportional zu den Testzahlen zurückgegangen.
(3) Sie haben recht: „Wer schweigt, stimmt zu.“ Beschreiben Sie doch die massiven Missstände bei der Bekämpfung des Corona-Virus. Dann könnte es sein, dass auch wieder Unterstützer zurückkommen.
Herzlichst und nichts für Ungut
Ihr L. JARASS“
Der Brief von Campact geht folgendermaßen weiter:
„(…) Es ist kein weiter Schritt vom Leugnen des Coronavirus hin zum Leugnen der menschengemachten Klimakrise. In beiden Fällen gibt es von Seiten der Wissenschaft, von wenigen Einzelmeinungen abgesehen, einen klaren Konsens. Um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft nicht zu gefährden, müssen wir gegen Mythen und Fake News vorgehen. Das ist unsere Strategie:
Welchen Nachrichten im Zeitalter von Blogs, Social Media und Youtube kann man trauen und welchen nicht? Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort. Genau dort setzt die Initiative DetektivKollektiv an. Sie baut eine Community von Bürger*innen auf, die die Vertrauenswürdigkeit von Meldungen überprüft – bietet so Orientierung und nimmt Falschmeldungen ihre Wirkung. Wir möchten diese Initiative unterstützen.
Wir alle kommen mit Falschmeldungen in Berührung und kennen Menschen, die bereits mehr oder weniger intensiv diese Falschmeldungen in ihre Weltsicht eingebaut haben. Wie damit umgehen? Keine einfache Frage. Wir wollen für alle engagierten Bürger*innen die besten Handreichungen entwickeln und zur Verfügung stellen.
Bereits jetzt zeichnet sich das nächste Betätigungsfeld für die Corona-Leugner*innen ab. Sie verbreiten Halbwahrheiten und Lügen über die entwickelten Impfstoffe. Wir wollen fundiert und unabhängig über die Chancen und Risiken aufklären. Dazu wollen wir mit Mediziner*innen und Kommunikationsexpert*innen zusammenarbeiten.
All diese Aktivitäten wollen wir zusätzlich zu unseren Kampagnen umsetzen. Denn wir möchten keine Ressourcen abziehen für Themen wie Bienen- und Klimaschutz oder Lobbytransparenz. Im Jahr der Bundestagswahl tun sich riesige Chancen für diese Bereiche auf. Deshalb meine Bitte: Unterstützen Sie unseren Kurs und machen Sie möglich, dass unsere Bürgerbewegung weiterhin unabhängig arbeiten und Position beziehen kann. Schon mit 2 Euro wöchentlich bringen Sie Campact nach vorne
Mit solidarischen Grüßen
Dr. Felix Kolb, Campact-Vorstand
Die große Frage an Campact ist: Brauchen wir wirklich ein zweites CORRECTIV? Das ist eine Gruppe, die Vertreter von Behörden fragt, ob Kritiker dieser Behörden Recht haben, und auf dieser Basis kritischen Beiträgen Fake-News-Zensurstempel aufdrückt – finanziert auch noch mit staatlichem Geld. Das sind Menschen, die von sich behaupten, sie seien Journalisten. Ich nenne sie Anti-Journalisten.
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Die Anti-Journalisten von CORRECTIV und ihre sonderbaren Methoden des Faktenchecks