Drei Monate lang testete das Verkehrsunternehmen BLS bis Juli 2021, wie vier Fahrkartenautomaten mit allein kontaktlosen und bargeldlosen Bezahlformen beim Publikum ankommen würden. Neben dem Nutzungsverhalten wurden die Kunden befragt, „um zu evaluieren, welche Anforderungen die Automaten in Zukunft erfüllen sollen.“ Es hieß in einer Pressemitteilung:
„Die Erkenntnisse des Tests bilden die Basis für den Ersatz der heutigen Geräte.“
Als BLS im September das Ergebnis des Tests verkündete, führte das Unternehmen als erste und vermeintlich wichtigste Erkenntnis auf:
„Viele Kundinnen und Kunden möchten ihr Billett am Automaten auch weiterhin bar bezahlen können.“
Was die Nutzung der Testautomaten ohne Bargeld angeht, gibt es unterschiedliche Darstellungen. In der Pressemitteilung hieß es, das Interesse an den Testautomaten sei über alle Altersgruppen hinweg hoch gewesen, allerdings mit der verdächtigen Einschränkung, sie seien „vorwiegend von digitalaffinen Reisenden, die regelmässig mit dem ÖV unterwegs sind“ benutzt worden. In einem aktuellen Beitrag der Zeitung K-Tipp dagegen heißt es, die Automaten hätten gefloppt, die Kunden hätten sie fast gar nicht genutzt.
Die bargeldaffinen und auf Bargeld angewiesenen Bahn- und Busnutzer hatten also guten Grund davon auszugehen, dass sie auch von der nächsten Generation der zur Ersetzung anstehenden Automaten Bargeld gegen Fahrkarten würden eintauschen können. Doch weit gefehlt.
Nun stellt sich heraus, dass BLS die Kundenwünsche herzlich egal sind. Das Unternehmen hat die neuen Automaten ohne Bargeldfunktion zur Beschaffung ausgeschrieben. Ab etwa 2025, wenn die neuen Automaten aufgestellt werden, gibt es an diesen für Barzahler keine Fahrkarten mehr. Diese können nur noch fahren, wenn sie das Glück haben, dass es am Abfahrtsort, noch einen traditionellen Fahrkartenschalter gibt.
K-Tipp zufolge dürfen laut Bundesamt für Verkehr Kunden, die keine digitalen Bezahlmöglichkeiten haben, dann nicht mehr in die Busse und Bahnen der BLS einsteigen. Wer es doch tut, muss mit einem Strafaufschlag rechnen. Denn, so die offizielle Interpretation der grundsätzlichen Bargeldannahmepflicht in der Schweiz: Transportunternehmen dürfen die Annahme von Bargeld verweigern, wenn sie dies in ihren Geschäftsbedingungen ausweisen. Das gilt dann offenbar als freiwillige Übereinkunft, auch wenn die Kundenseite wegen der Monopolstellung des Transportunternehmens auf einer bestimmten Strecke gar keine andere Wahl hat, als – implizit – zuzustimmen.
Auch die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) wollen Kunden das Bargeld abgewöhnen und stellen hier und da bereits Fahrscheinautomaten auf, die das gesetzliche Zahlungsmittel nicht akzeptieren.
Nicht einmal die reiche Schweiz kann sich Bürger leisten, die nicht vollständig an die Bedürfnisse einer von Maschinen gesteuerten Welt angepasst sind. Das jedenfalls ist das Narrativ, das unausgesprochen hinter solchen Bestrebungen und Entscheidungen steht.
Es geht aber auch anders, wie Bernmobil zeigt, der Konkurrent der BLS und eigentlich ein Kooperationspartner, was die Automatenbeschaffung angeht. Ein Bernmobil-Sprecher sagte K-Tipp: „Bargeld ist ein eindeutiges Kundenbedürfnis und sehr beliebt.“ Bernmobil ersetzt die alten Automaten daher mit neuen, die weiterhin Bargeld akzeptieren. Sie sollen dann bis etwa 2035 in Betrieb sein.