Furcht vor dem digitalen Euro? Erwiderung der Monetative

13. 11. 2020 | In meinem Blogbeitrag “Was sie alles über den digitalen Euro wissen sollten, um sich davor zu fürchten” hatte ich Forderungen von Vertretern der Monetative nach einem digitalen Euro als naiv bezeichnet. Dazu äußern sich Klaus Karwat (1. Vorstand) und Simon Sonnenberg (Öffentlichkeitsarbeit) in einer Replik.

Sehr geehrter Herr Häring,

Ihre fundamentale Kritik an den Zentralbanken und deren Maßnahmen hin zur einer Bargeldabschaffung, teilen wir.

Was Sie alles über den digitalen Euro wissen sollten, um sich davor zu fürchten

Es stellt sich jedoch vor diesem Hintergrund die Frage, ob man sich deswegen der Debatte rund um digitales Zentralbankgeld (CBDC) weitgehend verwehren sollte. Denn es gibt zwar gute Gründe sich den Entwicklungen in Richtung Digitalisierung des Geldes blockierend gegenüber zu stellen, es verkennt aber die Realitäten. Auch das könnte letztlich naiv sein. Warum sollte in einer Zeit, in der vieles digitalisiert wird, ausgerechnet das gesetzliche Zahlungsmittel lediglich in analoger Form existieren? Die logische Folge ist doch ein Bedeutungsverlust des gesetzlichen Zahlungsmittels, wie wir ihn heute mit dem Rückgang des Bargelds ja beobachten können.

Die Testläufe und Planungen in Richtung digitales Zentralbankgeld sind längst angelaufen und teilweise recht fortgeschritten. Die Frage ist also zunächst, ob man sich an diesen Debatten nun beteiligen möchte oder nicht. Wir sind der Meinung: unbedingt. Anderenfalls überlassen wir das Feld der digitalen Neugestaltung unseres Geldes vollends Institutionen, die völlig zurecht in der Kritik stehen. Es dürfen eben nicht nur Zentralbanken, Bankenverbände und Fintechs an diesem richtungsweisenden Diskurs teilnehmen. Ganz zu schweigen von Big-Tech-Konzernen wie Facebook. Stattdessen braucht es auch zivilgesellschaftliche Positionen, wie diese angestoßenen Entwicklungen bestmöglich gestaltet werden könn(t)en. Wir müssen versuchen, Leitplanken für die anstehende Gelddigitalisierung einzuziehen.

Daher haben wir uns Mitte des Jahres genau mit diesen Fragestellungen auseinandergesetzt und in unserem Positionspapier zu digitalem Zentralbankgeld entsprechende Eckpunkte bzw. Bedingungen formuliert.

Wir möchten an dieser Stelle nur auf einige zentrale Punkte eingehen: Eine wesentliche ist die Nicht-Diskriminierung aller BürgerInnen, sprich ein Zugang zu sicheren Zentralbankkonten für alle sowie eine volle Konvertierbarkeit von Giralgeld in CBDC. Des Weiteren muss das Bargeld, als physisches, anonymes, gesetzliches Zahlungsmittel zwingend erhalten bleiben. CBDC kann dann jedoch für digitales, öffentliches Geld Rechtssicherheit schaffen und muss daher als gesetzliches Zahlungsmittel definiert werden. Und zu guter Letzt darf dieses digitale Zentralbankgeld nicht verzinst sein, da ansonsten tatsächlich die ganz reale Gefahr einer flächendeckenden Einführung von Negativzinsen droht. Dadurch ließen sich auch disziplinierende Anreize für die Geschäftsbanken schaffen, die ganz im Sinne von uns Bankkunden wären..

Und nur unter diesen Bedingungen ist ein digitales Zentralbankgeld für die Bevölkerung vorteilhaft – das sollten die Leitplanken sein! Inwiefern diese natürlich umgesetzt werden bzw. wie realistisch deren Berücksichtigung ist, darüber darf und muss engagiert gestritten werden. Im Sinne einer gemeinwohlorientierten Geldgestaltung braucht es aber vermutlich beide Stimmen: Die Mahnenden und die Mitgestaltenden.

Mit freundlichen Grüßen,
Klaus Karwat 1. Vorstand Monetative e.V. ,
Simon Sonnenberg, PR & Öffentlichkeitsarbeit

Meine Replik

Ich stimme zu, dass es wichtig und nützlich ist, dass Vertreter des Allgemeininteresses (warum dieses Unwort „Zivilgesellschaft“, von dem es bei der Monetative wimmelt), aufschreiben, wie ein digitales Zentralbankgeld aussehen muss, damit es der Allgemeinheit nützt und nicht Partikularinteressen bedient. Das hat die Monetative in vorbildlicher Weise getan.

Aber um dem Vorwurf zu entgehen, sich naiv zu geben, und damit den Vertretern anderer Interessen gegen das Interesse der Allgemeinheit zu helfen, sollte es danach auch eine Auseinandersetzung mit der Frage geben, ob man realistischer Weise darauf hoffen darf, dass diese Bedingungen erfüllt werden.

Wenn die Antwort negativ ausfällt, wäre es wichtig, das auch explizit zu sagen und hinzuzufügen, dass man gegen die Einführung von digitalem Zentralbankgeld ist, solange sich das nicht ändert.

Um nur ein Beispiel zu nennen. In der Kurzfassung des Positionspapiers der Monetative heißt es:

„Bis zu einem festzulegenden Limit müssen Zahlungen zwingend anonym möglich sein. So wäre digitales Geld ähnlich anonym wie Bargeld. Die aktuelle Obergrenze für Zahlungen mit Bargeld liegt bei 10.000 Euro. Diese kann als Orientierung für Grenzen von anonymen Zahlungen mit CBDC dienen. (…)  Für die anonymen Konten und Zahlungen sollte die Technologie verwendet werden, welche die notwendige Anonymität gewährleistet.

Ich habe in meinem Beitrag Zitate angeführt, die belegen, dass nichts, was auch nur annähernd in diese Richtung geht, von den Zentralbankern für rechtlich möglich oder akzeptabel gehalten wird. Wenn das aber so ist, sollte die Monetative das auch so benennen, und nicht so tun, als könne man irgendwie erreichen, dass ein irgendwann eingeführtes digitales Zentralbankgeld in größerem Umfang für anonyme Zahlungen eingesetzt werden kann.

Mehr zum Thema

Positionspapier der Monetative: „Digitales Zentralbankgeld (CBDC) =
Sicheres Geld für alle BürgerInnen“

Auch Fabio De Masi (Die Linke) hat auf meinen Beitrag geantwortet

Furcht vor dem digitalen Euro? Erwiderung von Fabio De Masi

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