„Propaganda ist der Versuch der gezielten Beeinflussung des Denkens, Handelns und Fühlens von Menschen. Wer Propaganda betreibt, verfolgt damit immer ein bestimmtes Interesse. (…) Charakteristisch für Propaganda ist, dass sie die verschiedenen Seiten einer Thematik nicht darlegt und Meinung und Information vermischt. Wer Propaganda betreibt, möchte nicht diskutieren und mit Argumenten überzeugen, sondern mit allen Tricks die Emotionen und das Verhalten der Menschen beeinflussen, beispielsweise indem sie diese ängstigt, wütend macht oder ihnen Verheißungen ausspricht. Propaganda nimmt dem Menschen das Denken ab und gibt ihm stattdessen das Gefühl, mit der übernommenen Meinung richtig zu liegen.“
Bundeszentrale für politische Bildung
Im Juni 2020 nahm in der Gesundheitsbehörde RKI eine „Projektgruppe Wissenschaftskommunikation“ unter Leitung der Diplom-Psychologin Mirjam Jenny die Arbeit auf. Wenige Monate vorher hatte ein Strategiepapier aus dem Innenministerium die Erzeugung von Angst in der Bevölkerung als wichtiges Element der Corona-Bewältigungsstrategie bezeichnet. Denn wenn die Menschen kühl nachdächten, würden sie möglicherweise das Risiko an Corona zu erkranken oder gar zu sterben, als ein Risiko unter vielen betrachten, gegen andere abwägen und nicht so ernst nehmen, wie sie es aus Regierungssicht sollten.
Auf dem Deckblatt der Werbebroschüre des RKI für den Ausschluss von Nichtgeimpften von Veranstaltungen und öffentlichen Einrichtungen (2G), über die ich kürzlich berichtete, ist in kleiner Schrift die Urheberschaft dieser Projektgruppe vermerkt. Deshalb habe ich sie mir etwas näher angesehen.
Auf deren Webseite liest man (meine Fettung):
„Die Coronavirus-Pandemie hat verdeutlicht, wie schwierig es ist, bei Gesundheitsthemen die Fakten, Risiken und Unsicherheiten wirksam und transparent zu kommunizieren.“
Ich interpretiere „wirksam“ als wirksam im Sinne der Angsterzeugungsstrategie der Bundesregierung. Das muss man natürlich nicht. Man arbeite in einem interdisziplinären Team daran, Forschungsergebnisse und Informationen aus dem Robert Koch-Institut zielgruppengerecht aufzubereiten: „Dabei kommen Methoden der empirischen Kognitions- und Verhaltenswissenschaften zum Einsatz.“
Andere Behörden haben solche Propagandaabteilungen nicht. In deren Kommunikationsabteilungen arbeiten in der Regel Menschen aus dem Umfeld des Journalismus – aus gutem Grund. Denn wer sich mit zu viel Aufwand und psychologischer Fachkenntnis darum kümmert, seine Informationen „zielgruppengerecht“ aufzuarbeiten, gerät leicht in den Verdacht, manipulieren zu wollen. Im Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung zu Propaganda heißt es:
„Hier zeigt sich der große Unterschied etwa zur journalistischen Information: Journalisten betreiben Aufklärung, indem sie alle verfügbaren Fakten und Hintergründe darlegen und die Menschen selbst entscheiden lassen, was richtig und was falsch ist“
Die Projektgruppe Wissenschaftskommunikation listet eine Reihe Institutionen auf, mit denen sie kooperiert. Darunter ist COSMO, das Covid-19 Snapshot Monitoring, eine Kooperation des RKI mit der Uni Erfurt, dem Yale Institute for Global Health, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und noch ein paar mehr Institutionen.
Messung des Erfolgs der Angststrategie
COSMO ermittelt mit häufigen Bevölkerungsumfragen „Wissen, Risikowahrnehmung, Schutzverhalten und Vertrauen während des aktuellen COVID-19 Ausbruchsgeschehens.“ Das hilft der Projektgruppe Wissenschaftskommunikation der RKI dabei, festzustellen, wo Zielgruppen noch überzeugt (oder geängstigt) werden müssen, und wie das am besten geht.
Nicht immer ist das, was in den Zusammenfassungen der Umfrageergebnisse von COSMO steht, leicht nachvollziehbar. Manchmal wirkt es zweckorientiert. So heißt es dort zu einer Umfrage zu Risikowahrnehmung und Schutzverhalten vom 5./6.10.2021:
„Der Anteil der Personen über 15 Jahren, die einen schweren Verlauf von COVID-19 haben, wird von den meisten Befragten unterschätzt: Die meisten Schätzungen bewegen sich zwischen 10% und 25%. Das RKI geht von 51% aus. Wer die Risikogruppe für sehr klein hält (unter 10%) zeigt auch weniger AHA-Schutzverhalten.“
Wie muss man wohl „schwerer Verlauf“ definieren und wie die Grundgesamtheit auswählen, um auf 51% schwere Verläufe bei Covid zu kommen. Vielleicht sind die Grundgesamtheit ja alle, die Symptome ab einem gewissen Schweregrad hatten, und nicht alle positiv Getesteten, wie sonst? Oder ein „schwerer Verlauf“ ist alles über einem leichten Kopfweh? Meine Suche beim RKI jedenfalls erbrachte nur eine Stelle in „Epidemiologischer Steckbrief“ des neuartigen Coronavirus mit Stand: 14.7.2021, wo es heißt,
„Laut der Daten aus dem deutschen Meldesystem wurden kumulativ ca. 10% der in Deutschland übermittelten Fälle hospitalisiert.“
Das ist der untere Rand dessen, was die COSMO-Befragten für den Anteil der schweren Verläufe schätzen. Aber 51% ist in Sachen Angsterzeugung natürlich die bessere Zahl. Zugegeben, bei der Angabe des RKI gibt es keine Eingrenzung auf über 15-Jährige. Aber wie man durch diese Eingrenzung auf 51% kommen soll, erschließt sich nicht leicht. Überhaupt ist sonderbar, dass die unter 15-Jährigen ausgenommen werden. Derzeit wird besonders intensiv mit dem notwendigen Schutz der noch nicht impfbaren Kinder für 2G und andere restriktive Maßnahmen geworben, unter anderem vom RKI. Liegt es daran, dass der Anteil der schweren Verläufe bei Kindern für die Angststrategie untauglich niedrig ist?
Experten für das Erzeugen von Feindbildern
Mit dem CeMAS (Center für Monitoring, Analyse und Strategie) arbeitet man zusammen an einem Projekt, „das das allgemeine Wissen über Desinformation und Verschwörungserzählungen von Fachpersonal und Öffentlichkeit erhöhen soll.“ Erstaunliche Projektauswahl für eine Gesundheitsbehörde.
CeMAS ist das Institut der Diplom-Psychologin Pia Lamberti, die von den etablierten Medien immer angerufen wird und gerne liefert (z.B. Tagesthemen ab min4), wenn es gilt, Demonstranten oder sonstige Kritiker von Corona-Maßnahmen mit wissenschaftlichem Anstrich als Verschwörungsgläubige mit Tendenz zu Demokratiefeindlichkeit, Antisemitismus und Rechtsextremismus zu charakterisieren. Der wissenschaftliche Anstrich ist allerdings eher dünn, hat die Dame doch nur ein Diplom. An ihrer Promotion arbeitet sie noch, seit vielen Jahren.
In der Selbstbeschreibung von CeMAS heißt es:
„CeMAS bündelt als gemeinnützige Organisation interdisziplinäre Expertise zu Themen wie Verschwörungsideologien, Antisemitismus und Rechtsextremismus. Durch systematisches Online-Monitoring und moderne Studiendesigns analysiert CeMAS aktuelle Entwicklungen, um daraus innovative Strategien abzuleiten.“
Wäre das wirklich der Kooperationspartner der Wahl für eine Gesundheitsbehörde, der es um gesundheitliche Aufklärung und nicht um Propaganda und Feindbildaufbau geht?
In Großbritannien gibt es mit der Scientific Pandemic Insights Group on Behaviour (PSI-B) eine wissenschaftliche Beratergruppe der Regierung mit ähnlichem Auftrag. Sie soll „verhaltenswissenschaftlich basierten Rat geben, der darauf abzielt, vorauszusehen und zu helfen, dass sich die Menschen an die empfohlenen Interventionen halten.“ Die Experten sind Verhaltenswissenschaftler, Gesundheits- und Sozialpsychologen, Anthropologen und Historiker.
Im Mai 2021 gingen einige der Teilnehmer an den SPI-B-Beratungen mit der Selbstbezichtigung an die Öffentlichkeit, die von ihnen mitgetragene Strategie der Angsterzeugung sei totalitär gewesen.