Brief aus Athen: Draghi-Schreck Josephine Witt wird vom griechischen Publikum gefeiert

Markus Barth, Athen. Die Aktivistin Josephine Witt, die kürzlich dem Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi bei dessen Pressekonferenz auf den Tisch sprang und ihn mit Konfetti bewarf, war Überraschungsgast in einer beliebten grieschischen TV- Show und erklärte dort ihre Beweggründe. Ein weiterer Beitrag des Kabaretts zur Völkerverständigung.

 

In der Show „Al Tsadiri News“ des Kabarettisten Lakis Lazopoulos im griechischen Privatkanal Alpha (Gespräch auf englisch ab Minute 1:10 des Videos). beschreibt die deutsche Philosophie-Studentin vergnügt die Aktion aus ihrer Sicht und erklärt, warum sie Draghi als Ziel ausgewählt habe.

Wir haben diesen Typen nie gewählt, ihm nie ein politisches Mandat gegeben. Aber seine Massnahmen sind politisch und betreffen unser Leben. Hinter den Zahlen stehen Menschen.“

sagt sie unter dem Beifall der Zuschauer im Studio, die täglich erleben müssen, dass Draghi tatsächlich mehr Einfluss auf die Geschicke ihres Landes hat als ihre eigene gewählte Regierung. Demokratie sei es nicht nur alle vier Jahre ein Kreuz zu machen…wer in der Demokratie schlafe wache in der Diktatur auf,  erklärt die erst 21-jährige erstaunlich formulierungssicher das Motiv für ihren Aktivismus. Der Protest müsse friedvoll aber radikal sein. Sie bedankt sich herzlich für die unerwartet freundliche Aufnahme in Athen. Was ihre deutschen Landsleute von Griechenland halten will Lazopoulos wissen. Es gebe das falsche Bild vom faulen Südländer und dem arbeitssamen Nordeuropäer aber das sei Schuld der Medien. Europa muesse um die Krise zu überwinden sein Ideal der Solidarität wiederfinden.

Die ehemalige Femen-Aktivistin demonstrierte ihren Reifeprozess auch, indem sie erklärte, warum sie anders als es die Femen-Aktivistinnen dies gern tun, nicht barbusig auf Draghis Tisch sprang, obwohl ihr dies sicherlich noch mehr Aufmerksamkeit beschert hätte.

Solidarität nicht nur innerhalb Europas sondern auch mit den Flüchtlingen aus aller Welt“, fordert sie am Ende noch und bezieht sie sich damit auf das vorangehende Thema der Sendung in dem Lazopoulos sich mit der Flüchtlingsthematik befasst hatte. Die Zuschauer verabschieden sie mit lang anhaltendem Beifall. 

Nach dem riesigen Erfolg der Satiresendung „Die Anstalt“ in Griechenland (wir hatten berichtet) und diesem Auftritt bei Lazopoulos scheint mir als täten die Kabarettisten in letzter Zeit spürbar mehr für das Verständnis zwischen den Völkern getan als die Politiker und die weitgehend gleichgeschalteten Leitmedien. 

Print Friendly, PDF & Email