Rufmord als Methode (1): Varoufakis

Mit dem was der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis wollte, haben sich die deutschen Medien nie ernsthaft auseinandergesetzt. Stattdessen wird er in aggressiver Penetranz auf sein Äußeres und sein Auftreten reduziert und als Person wahlweise lächerlich oder unmöglich gemacht. Das geht selbst vier Monate nach seinem Abtritt ungebremst weiter. Offenbar ist er immer noch gefährlich.

Über Varoufakis Auftritt mit Hans-Werner Sinn am 28. Oktober in München, erfuhr man in den deutschen Medien vor allem, was man schon wusste, oder was niemand interessiert, dass er keine Krawatte trägt und welche Farbe sein Hemd hatte, hier und da auch die Sockenfarbe oder eklatant Falsches über sein Auftreten, was jeder, der den Lifestream verfolgt oder das Video angeschaut hat, für sich selbst nachvollziehen kann. Was die „Abendzeitung“ daraus machte ist in seiner amüsanten Dümmlichkeit leider nur wenig schlimmer als das, was viele vermeintlich ernsthafte Medien absonderten.

Varoufakis hat jetzt auf seinem Blog seine erste Rede vor der Eurogruppe der Finanzminister veröffentlicht, und das Non-Paper , das er damals in der Runde verteilte. Damit will er den damals und bis heute in Hintergrundgesprächen gestreuten Legende begegnen, er habe mit einem unmöglichen Auftritt weitere vernünftige Verhandlungen praktisch unmöglich gemacht. Man darf darauf warten, dass jemand die Rede analysiert und aus irgendeinem Satz einen neuen vermeintlichen Skandal strickt, so wie damals, als ungenannte Offizielle aus den vermeintlich vertraulichen Eurogruppensitzungen mit der Behauptung zitiert wurden, dass Varoufakis von seinen Finanzministerkollegen wüst beschimpft worden sei. Die deutschen Medien, bis zur Tagesschau, berichteten davon breit, als wäre es eine Tatsache, natürlich meist ohne dabei den Betroffenen zu hören, wie sich das gehört.

Als Varoufakis daraufhin gegenüber einer Journalistin erwähnte, dass er beweisen könne, dass das nicht stimmt, weil er mit seinem Handy Ton-Aufnahmen gemacht habe, wurde daraus ansatzlos sofort ein neuer Skandal gestrickt, ohne den angeblichen vorherigen Skandal vorher abzumoderieren. Varoufakis habe heimlich Mittschnitte der geheimen Treffen gemacht, lauteten die Überschriften, obwohl Varoufakis beteuert, er habe sie ganz offen gemacht und kein namentlich genannter Teilnehmer das Gegenteil behauptet.

Dasselbe spielt sich jetzt wieder mit seinen angeblichen Vortragshonoraren ab. Ihm feindlich gesinnte griechische Medien berichteten, er nehme bis zu 60.000 Euro Honorar für seine vielen Auftritte und insinuierten, er habe es damit wohl schon binnen kurzem zum Millionär gebracht. Deutsche Medien griffen das begierig auf und verbreiteten es weiter. Als Varoufakis dann all seine vergangenen und geplanten internationalen Auftritte seit August bis November mit Honoraren und Reisekosten auflistete, wartete man auf eine Korrektur meist vergeblich, obwohl dort nur zwei „kommerzielle“ Auftritte mit zusammen 52.000 Euro Honorar verzeichnet waren, dazu zwei Dutzend „politische Reden“ für kein oder geringes Honorar. Dafür machte man dann flugs aus den 24.000 Euro, die er für einen Auftritt in einem italienischen TV-Sender genommen hatte, einen vermeintlichen Skandal, als wäre er bei irgend etwas Unanständigem erwischt worden. Worin der Skandal liegt, ist mir nicht ganz klar, aber der Ton macht halt die Musik.

Eine ganze Reihe von Medien sollte ernsthaft darüber nachdenken, was sie gegen den galoppierenden Vertrauensverlust in die Leitmedien tun können. Ich meine außer dem Bekämpfen von AfD und Pegida und all derer die Lügenpresse rufen.

 

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