Mit der Abweisung meines Widerspruchs gegen den amtlichen Bescheid des Hessischen Rundfunks, dass ich den Rundfunkbeitrag nicht bar bezahlen darf, hat der Rundfunk mir den Klageweg vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt eröffnet – ohne dass ich auf den Gerichtsvollzieher hätte warten müssen. Danke schön.
Der Hessische Rundfunk schreibt mir, mein Widerspruch sei zulässig, aber nicht begründet. Während ich eingewendet hatte, der Grundsatz „Bundesrecht bringt Landesrecht“ aus Artikel 31 GG gelte, meint der HR, es gebe keine Normenkollision zwischen §14 Bundesbankgesetz, der Euro-Banknoten zum unbeschränkten gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt, und dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, i.V.m. der Satzung des HR, die Begleichung des Rundfunkbeitrags mit eben diesen Euro-Banknoten ausschließt. Aus der Feststellung im Bundesbankgesetz ergebe sich kein Recht auf Barzahlung. Für diese aus meiner Sicht originelle Sichtweise beruft der HR sich einerseits auf den in der FAZ zitierten Pressesprecher der Bundesbank, andererseits auf einen Rechtsanwalt Solmecke, der im Internet über das Thema aufklärt. Er ist Fachanwalt für IT- und Internetrecht, nicht ganz das einschlägige Fachgebiet, aber sei’s drum, wenn er sich auskennt.
Tut er aber leider nicht, denn in seinem „Aufklärungsartikel“ übersieht er den zentralen Unterschied zwischen einem privaten Händler und einer staatlichen Behörde: Ein privater Händler kann und darf aufgrund des Grundsatzes der Vertragsfreiheit mit seinen Kunden auf freiwilliger Basis vereinbaren was er will, solange es nicht gegen die guten Sitten verstößt. Eine Behörde schließt keine Verträge und kann daher nichts auf Basis der Freiwilligkeit vereinbaren. Solmecke tut so, als wäre die Behörde Rundfunkanstalt ein private Händler: Dann würde meine Klage nicht an das Verwaltungsgericht gehen, sondern an das Amtsgericht.
Bemerkenswert ist, was Solmecke am Schluss schreibt
„Im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (§ 9 Abs. 2 Satz 2 RBStV) in Verbindung mit den Satzungen der Rundfunkanstalten über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (dort in § 10 Abs. 2) steht explizit, dass der Rundfunkbeitrag grundsätzlich bargeldlos zu zahlen ist. Nur in Ausnahmenfällen, etwa wenn der Nutzer über kein eigenes Bankkonto verfügt, kann er bei einer Bank direkt das Geld einzahlen. (JEB)“
Diesen Absatz zitiert der HR nicht, denn in dieser Frage scheint Solmecke anderer Meinung zu sein als die Rundfunkanstalten. Diese lassen Beitragspflichtige, die bar zahlen wollen über ihren Beitragsservice nämlich seit neuestem darauf hinweisen, dass man auch bar bei einer Bank einzahlen könne, wenn man bereit ist, deren Gebühren zu zahlen, unabhängig davon, ob man ein Konto hat oder nicht. Ich habe wie Solmecke Zweifel, ob das der Satzung der Rundfunkanstalten entspricht, die ausschließlich Dauerauftrag, Überweisung und Dauerüberweisung als Zahlungsarten zulassen.
Während der IT-Rechtler Solmecke länglich zitiert wird, ist man mit dem von mir in Anspruch genommenen renommierten Helmut Siekmann, Anwalt für Notenbank-, Geld- und Währungsrecht, also genau der richtigen Spezialisierung, sehr schnell fertig. Der Verweis auf dessen Ausführungen lasse keine andere Beurteilung des Falles zu, heißt es lapidar. Interessant findet man an diesen Ausführungen von Siekmann lediglich den Hinweis, dass auch Finanzämter keine Barzahlung zuließen. Siekmann hatte erklärt, er halte das für rechtswidrig. Der HR dagegen: „Dies untermauert unsere Rechtsauffassung, wonach eine Barzahlung des Rundfunkbeitrags ausgeschlossen werden kann. Zumindest widerspricht Ihre Auslegung des Gesetzes den tatsächlichen Gegebenheiten in einer Massenverwaltung.“ Man beruft sich also auf die normative Kraft des faktischen und will sich hinter dem breiten Rücken des Finanzamts versecken. Keine sehr überzeugende Argumentation.
Um das Problem, dass die Beitragspflichtigen nicht freiwillig zahlen und man insofern nicht vertraglich auf freiwilliger Basis etwas anderes als das gesetzliche Zahlungsmittel vereinbaren kann, versucht sich der HR herumzumogeln, indem er zwischen der nicht-freiwilligen Beitragserhebung und der Zahlungsart unterscheidet. Das ist Unsinn. Wenn ich freiwillig eine Einzugsermächtigung gebe oder Überweise, dann ist kein Problem da. Wenn ich bar zahlen möchte und man nicht lässt, dann habe ich nicht wie bei einem Händler oder Taxifahrer die Möglichkeit, zu einem anderen Anbieter zu wechseln. Das ist aber laut Rechtsprechung nötig, damit Barzahlung ausgeschlossen werden kann. Wenn der Taxifahrer mich vor der Fahrt nicht deutlich darauf hingewiesen hat, dass er Bargeld oder bestimmte (große) Geldscheine nicht annimmt, dann kann er nach der Fahrt die Annahme nicht verweigern, denn dann kann ich nicht mehr entscheiden, ob ich mich auf diese Einschränkung einlassen will oder nicht.
Mein Argument, das Verwaltungspraktikabilität offenkundig und Kosteneffizienz offenkudig keine vorrangigen Erwägungen bei der Einführung der Rundfunkgebühr waren, weil man sonst dieses Verfahrennicht gewählt hätte, dass zu millionenfachen Mahnungen und Hundertausenden Vollstreckungsersuchen pro Jahr führt, wird begründungslos widersprochen.
Die von mir ins Feld geführte Tatsache, dass ausgerechnet in Köln, wo der Beitragsservice seinen Sitz hat, Barzahlung unter der Hand seit langem möglich ist, wird zu „Ausnahmefällen“ erklärt, damit aber ausdrücklich eingeräumt.
Mein Verhalten stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar, meint der HR, die dem Grundsatz von Treu und Glauben zuwiderläuft. Denn ich hätte ein Bankkonto, sodass für mich keine unbedingte Notwendigkeit besteht, bar zu zahlen. Ich tue, was ich tue aber nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil ich mich von der schleichenden Bargeldabschaffung in meinen Freiheitsrechten und meinem Eigentumsrecht nach Artikel 14 Grundgesetz beschnitten fühle. Denn wenn selbst Behörden keine Barzahlung mehr erlauben und auch keine Alternative zur Zahlung mit Verbindlichkeiten von privaten Geschäftsbanken anbieten, dann bin ich gezwungen, meinen gesamten Zahlungsverkehr nur noch mit eben diesen Verbindlichkeiten von privaten Geschäftsbanken abzuwickeln. Das zwingt mich, diesen privaten Geschäftsbanken, die ich für nicht kreditwürdig halte, Kredit zu geben. Nichts anderes als ein Kredit an die Bank ist es, wenn ich dort Einlagen halte.
In Griechenland sieht man derzeit, was denen passieren kann, die in Geschäftsbanken Einlagen halten. In Zypern hat man es 2013 gesehen. Deshalb ist es dringend nötig, dass die Gerichte feststellen, dass staatliche Stellen nach §14 Bundesbankgesetz verpflichtet sind, Bargeld anzunehmen.