Der Hessische Rundfunk und der Beitragsservice in Köln sind der Auffassung, sie seien solch wichtige Institutionen, dass ihre Rechtsmeinung über der von einfachen Amtsgerichten steht. Deshalb tun sie rechtswidrig so, als ob diejenigen, die ausstehenden Rundfunkbeiträge beim Amtsgericht hinterlegt haben, weil der Rundfunk sie nicht in Form des gesetzlichen Zahlungsmittels entgegen nehmen will, die Beiträge ein zweites Mal zahlen müssten.
In meinem Fall äußert sich das darin, dass der Hessische Rundfunk mir Beitragsfestsetzungen schickt, in denen der bereits hinterlegte Beträge weiterhin als Beitragsschuld aufgeführt werden. Ich habe fristgerecht Widerspruch eingelegt und bin gespannt auf die Begründung. Ein Leser, der seinen Rundfunkbeitrag bar zahlen wollte und nicht durfte, hat den geschuldeten Betrag erst jüngst beim Amtsgericht Friedberg (Hessen) hinterlegt und den Rundfunk davon informiert. Daraufhin erhielt er eine grob falsche Auskunft des Beitragsservice aus Köln.
„…Sie geben an, den offenen Beitrag beim Amtsgericht hinterlegt zu haben. Die Hinterlegung der zu zahlenden Rundfunkbeiträge beim Amtsgericht ist rechtlich nicht zulässig und entbindet nicht von der pünktlichen Zahlung der Rundfunkbeiträge.“
Der Beitragspflichtige hatte gegenüber dem Amtsgericht argumentiert, der Rundfunk sei in Annahmesverzug, weil er das gesetzliche Zahlungsmittel nicht annehme. Das Amtsgericht hat das nach Vorlage der geforderten Nachweise – wie zuvor bei mir das Amtsgericht Frankfurt – akzeptiert und das Geld genommen. Es steht dem Rundfunk nicht an, sich über den Beschluss des Amtsgerichts hinwegzusetzen. Wenn er eine andere Rechtsmeinung hat als der Rechtspfleger des Amtsgerichts, dann muss er halt auf Zurückweisung der Hinterlegung klagen. So ist das in einem Rechtsstaat.
„Ebenso wie Steuern sind die Rundfunkbeiträge öffentlich-rechtliche Forderungen, deren Zahlung öffentlich-rechtliche Institutionen in die Lage versetzen soll, ihren Auftrag zu erfüllen. Deshalb führen auch Rechtsmittel gegen Steuerbescheide oder Beitragsbescheide nicht dazu, dass die Zahlung zunächst aufgeschoben wird. Dies hat der Gesetzgeber ausdrücklich so angeordnet.“
Alles an der Sache vorbei argumentiert. Der Beitragspflichtige hat bezahlt, wegen der hartnäckigen Annahmeverweigerung des Rundfunks eben auf indirektem Weg. Auch ein Behörde darf sich nicht herausnehmen, die Annahme von Geld zu verweigern und dann wegen Nichtbezahlung gegen den Schuldner zu vollstrecken.
„Ganz abgesehen davon liegen auch die Voraussetzung für eine Hinterlegung nicht vor, weil sich die Rundfunkanstalten nicht im Gläubigerverzug befinden. Denn die Zahlung der Rundfunkbeiträge ist nur durch Überweisung zulässig, wie jüngst das Verwaltungsgericht Regensburg ausdrücklich bestätigt hat.“
Erklären Sie das dem Amtsgericht, lieber Rundfunk/Beitragsservice.
„Wir können Ihnen daher nur davon abraten, Rundfunkbeiträge beim Amtsgericht zu hinterlegen, zumal Sie dann auch die dafür anfallenden Kosten zusätzlich zu tragen haben und die Vollstreckung nicht verhindern.“
Das mit den anfallenden Kosten könnte stimmen. Der Hinterleger hat keine Möglichkeit mehr, das Geld vom Amtsgericht zurückzubekommen. Der Rundfunk/Beitragsservice kann, wenn er sich das Geld geholt hat, auf Ersatz der entstandenen Kosten klagen. Wenn die hessischen oder höhere Gerichte entscheiden, dass kein Annahmeverzug vorlag, bekommt er vielleicht Recht. Der letzte Satz ist aber eine grobe Falschauskunft. Der beim Amtsgericht erklärte Sinn der Hinterlegung ist es gerade, die Vollstreckung zu verhindern. Ein Beitragseintreiber, der trotzdem vollstrecken will, macht sich schadensersatzpflichtig und womöglich eines Vergehens schuldig.
Solche Einschüchterungsversuche mit Falschaussagen sind schäbig. Aber da ist es ja wieder sehr nützlich, dass mit dem Beitragsservice eine nicht rechtsfähige Einheit agiert, die ihre Schreiben nicht namentlich unterschreibt. Das ist dann keine behördliche Auskunft. Nichtamtlich kann man behaupten was man will. Bestenfalls glaubt es der Adressat und gibt Ruhe. In Ordnung ist das nicht. Eine Vollstreckungsandrohung unter Vorspiegelung falscher Tatsachen durch eine nicht rechtsfähige Organisation, die im Auftrag einer Behörde handelt: das wirkt alles andere als rechtsstaatlich.
Ein Hinweis: Leserzuschriften zufolge scheint es, dass die meisten Amtsgerichte die Hinterlegung in Fällen der Barzahlungsverweigerung durch die Rundfunkanstalten ablehnen. Es gibt keinen Zwang zu einem bestimmten Amtsgericht zu gehen.
Korrekturhinweis 12.5.: Nach dem ersten Zitat wurde Zahlungsverzug durch Annahmeverzug ersetzt.