Seit Jahren läuft die Luftfahrtlobby Sturm gegen die Flugticketsteuer. Beim Cheflobbyisten der Verkehrsbranche und Anti-Umwelt- und Gesundheitsschutzminister Alexander Dobrindt, findet sie nun endlich ein offenes Ohr. Er will sie abschaffen, oder mindestens senken. Der Ballermann soll wieder billiger erreichbar sein, damit Deutschland wettbewerbsfähig bleibt.
Die Luftverkehrsabgabe, die der Bund seit Anfang 2011 auf Flüge von deutschen Flughäfen erhebt, ist in der Tat kein Geniestreich. Ursprünglich als Lenkungsabgabe konzipiert, sollte sie dazu beitragen, dass Anbieter und Nutzer im Luftverkehr die Allgemeinheit wenigstens teilweise für die Kosten entschädigen müssen, die sie ihr in Form von Lärm und Umweltverschmutzung aufbürden. So sollten Flüge unterbunden werden, die den Nutzern weniger wert sind als sie insgesamt an Kosten verursachen. Doch das Lenkungsziel wurde aufgegeben und die Steuer von 7,50 Euro bis 42 Euro je nach Fluglänge als eine weitere Spezialsteuer zur Einnahmeerzielung eingeführt. Die Luftfahrtbranche beschwert sich über die Belastung, weil der Flugverkehr dadurch in Deutschland weniger stark steigt, als er es sonst täte. Zu Recht?
Nein, weil die Dämpfung des Zuwachses im Flugverkehr, so sie denn tatsächlich auf die Luftverkehrsabgabe zurückgeht, zeigen würde, dass die Abgabe eine gewisse erstrebenswerte Lenkungsfunktion durchaus erfüllt. Wenn Fluglinien mit Ticketpreisen im niedrigen zweistelligen Eurobereich werben können, zeigt das, dass Korrektur nötig ist. Nein auch, weil die Steuer im Vergleich zu anderen, die man alternativ erheben müsste, nicht schlecht abschneidet. Sie hat in gewissem Sinne den Charakter einer Luxussteuer, da niemand, der es sich nicht wirklich leisten kann, fliegen muss. Eine entsprechende Mehrwertsteuer würde dagegen jeden belasten. Höhere Einkommen- oder Unternehmensteuern wären in ihren schädlichen Anreizwirkungen wohl negativer einzustufen als die Ticketsteuer.
Mit der Arbeitshypothese, im Transportgewerbe müsse es möglichst wettbewerblich zugehen und der Staat solle möglichst wenig lenkend eingreifen, macht der Staat sich zum Affen. Er baut die Straßen und Brücken, zahlt direkt oder indirekt für Flughäfen, Schienen und Bahnhöfe. Mit seinen Entscheidungen, welche Infrastruktureinrichtungen er bereitstellt, und wem er die Kosten wie in Rechnung stellt oder selbst trägt, lenkt er in einer Weise und Intensität, die alberne Kleinigkeiten wie die Luftverkehrsabgabe weit in den Schatten stellt. Allein die Steuerbefreiung des Flugbenzins und der Verzicht auf Mehrwertsteuer für Auslandsflüge bringen der Luftfahrtbranche nach Berechnungen des Umweltbundesamts das Zwölffache der knappen Milliarde Euro, mit der sie die Flugticketsteuer belastet. Das man sehr oft auf Kurz- und Mittelstrecken viel billiger fliegen kann als mit der Bahn oder dem Auto zu fahren, ist in Anbetracht der Kostenverhältnisse und der relativen Umweltbelastung ein Unding. So wird umweltschädliche (Fern-)Reiseaktivität subventioniert. Das hilft zwar den deutschen Leistungsbilanzüberschuss etwas kleiner zu halten, aber einen Standortvorteil stellt es nicht wirklich dar.
Der Staat muss und sollte es nicht weiter hinnehmen, dass solche wertvollen Vergünstigungen, über deren Berechtigung oder faktische Notwendigkeit man unterschiedlicher Meinung sein kann, für inländische Kurzstreckenflüge oder subventionierte Ballermann-Kurztrips missbraucht werden. Wenn der Frankfurter Flughafen zur Auslastung seiner gegen den Widerstand von Umweltschützern gebauten vierten Flugbahn nun Sonderkonditionen für Billigflieger einführt, dann zeigt das, dass etwas ganz schön schief läuft, und die Abschaffung der Flugticketsteuer das letzte ist, was ansteht. Es sind sicher nicht die Dumping-Urlaubsflüge von Ryanair auf Kosten der Beschäftigten in der Luftfahrtbranche, die die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sichern, von der Minister Dobrindt so gern redet.
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