Unter der Überschrift „Wieso Varoufakis das „wahre Hindernis“ ist“ beschreibt die Süddeutsche was ein halb-anonymer Minister Rufschädigendes über seinen griechischen Kollegen Varoufakis zu sagen hat. Ein weiteres Schlaglicht auf die Brüsseler Propagandamaschine und auf den deutschen Plan B für Griechenland.
„Die Finanzminister hatten ihr Treffen beendet, einer von ihnen saß danach in einem italienischen Restaurant im Europaviertel in Brüssel. Er mochte zweierlei: seine Version über den möglichen Ausgang der griechischen Krise erzählen – und dabei anonym bleiben“,
beschreibt Cerstin Gammelin für Brüsseler Verhältnisse (für Berliner gilt das gleiche) außergewöhnlich transparent, woher sie ihre Informationen bezieht. Sogar
„Er klingt in diesem Moment nach Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble„,
verrät sie. Was dann kommt, muss man wohl sehr ernst nehmen:
„Schäuble weist aber auch gerne darauf hin, es sei gelegentlich besser zu schweigen. Der Minister im Restaurant hingegen macht deutlich, was seine Regierung für wahrscheinlich hält: Griechenland werde zahlungsunfähig, bevor die Verhandlungen abgeschlossen seien. Die Europäische Zentralbank müsse dann den Geldhahn zudrehen. Athen führe die Kontrolle des Kapitalverkehrs und eine Zweitwährung ein und gebe den Euro ab. Zur Linderung der Not würde die Euro-Zone ein humanitäres Programm beschließen. Das sei ein realistisches Szenario, sagt der Minister.“
Dann kommt wieder der Rufmordteil:
„Er sagt auch, das wahre Hindernis, erfolgreich zu sein, sei Varoufakis. Wenn der griechische Minister das Wort ergreife, referiere er nur kurz über konkrete Vorhaben für das Rettungsprogramm – aber lange über grundsätzliche Reformen der Euro-Zone, die er für nötig halte. Bei vielen Kollegen sei der Eindruck entstanden, dass Varoufakis nicht für die griechische Regierung verhandele – sondern für die Linken Europas.“
Varoufakis wird halb-anonym die Legitimität seiner Verhandlungsführung aberkannt. Seine Gegensete nimmt sich heraus, zu beurteilen, was das Beste für die wäre, für die er verhandelt, so als ob diese schlicht zu doof seien, das selbst zu beurteilen.
Vermutlich wollte Schäuble, wenn er denn die Quelle war, dass man weiß, dass dies die deutsche Haltung ist, ohne dass er sich dafür rechtfertigen müsste, es gesagt zu haben, und sich diplomatische Protestnoten einzufangen. Sonst hätte die Journalistin es kaum wagen können, einen so deutlichen Hinweis auf ihn zu geben. Für den Fall, dass man andere als Quellen in Betracht ziehen würde, kommt noch ein weiterer Hinweis:
„Die Szenarien, die der Minister im Restaurant vertraulich vorträgt, sind in den Hauptstädten der anderen Euro-Länder bekannt. In Slowenien, der Slowakei, Österreich, Spanien und Portugal wächst der Widerstand gegen Zugeständnisse an Athen.“
Die Finanzminister dieser Länder scheiden als Quellen also aus. Bleiben neben Schäuble nicht mehr viele.
Es geht weiter:
„Um die ideologischen Spannungen zu befrieden, wird die Idee einer Volksabstimmung ventiliert. Der Charme besteht darin, dass statt der Links-rechts Regierung das griechische Volk über seine Zukunft entscheiden würde.“
Und auch hier direkt wieder der Link zu Schäuble und seinem Agitieren gegen Varoufakis:
„Bundesfinanzminister Schäuble sagte auf dem jüngsten Treffen der Minister, ein Referendum sei vielleicht der geeignete Weg. Die griechischen Bürger könnten abstimmen, ob sie im Euro bleiben wollten und dafür bereit seien, die Regeln einzuhalten.“
Es wäre lustig, wenn es nicht so geschmacklos wäre, wie ein deutscher konservativer Minister, der zuhause noch so überhaupt nicht als Vorkämpfer für Volksbefragungen und Volksabstimmungen aufgetreten ist, für eine Volksabstimmung in Griechenland wirbt, in der Hoffnung, das würde entweder seinen Verhandlungsgegner diskreditieren oder zum schuldfreien Rauswurf der Griechen aus der Währungsunion führen.
Was Gammelin verständlicher Weise nicht thematisiert ist die Verlogenheit und Heuchelei, die der deutsche Finanzminister, der schon einmal wegen einer nicht deklarierten „Barspende“ von einem Waffenhändler wichtige politischen Ämter abgeben musste, auch hier wieder aufbietet. In einem Interview behauptete er jüngst er habe schon 2011 dem damaligen griechischen Finanzminister Papandreou sehr zu einem Referendum geraten. In Wahrheit hatte er Papandreou wegen des geplanten Referendums finanziell erpresst und damit dessen Ablösung mit betrieben.
Fazit 1: Keine sehr glaubwürdige, anonyme Quelle.
Fazit 2: Auf den Verbleib Griechenlands in der Währungsunion würde ich nicht mehr wetten.