Die Wortbeiträge der Abgeordneten sind im Plenarprotokoll der 48. Sitzung des 21. Bundestags ab Seite 2627 nachzulesen. Dabei ging es auch noch um einen weiteren Antrag der AfD zu Bitcoin, der hier nicht weiter Thema sein soll, außer dem Hinweis, dass ich das libertäre Gedankengut dahinter ablehne.
Anja Karliczek (CDU/CSU), Berichterstatterin im Finanzausschuss zum digitalen Euro erklärte es für „Unsinn hoch fünf“, dass der digitale Euro in Wettbewerb mit dem Bargeld trete. Jens Behrens (SPD) bezeichnete „das Narrativ, dass der digitale Euro das Bargeld gefährden würde“, als „schlicht unwahr“. Und der Grüne Moritz Heuberger trieb es mit der Bemerkung auf die Spitze:
„Schauen Sie mal in den Legislativvorschlag über die Rolle von Eurobargeld der EU-Kommission von 2023, den Sie hier geflissentlich ignorieren. Hier werden Zugang und Annahme von Bargeld garantiert. Sie fordern also lautstark etwas, was längst auf dem Weg ist. Warum?“
Philipp Rottwilm (SPD) bekräftigte die Falschbehauptung:
„Noch viel absurder aber ist es, dass Sie in Ihrem zweiten Antrag fordern, Bargeld müsse im Einzelhandel verpflichtend angenommen werden. Sie wissen ganz genau – zumindest das würde ich Ihnen jetzt unterstellen –, dass diese Regelung Teil der Einführung des digitalen Euro sein wird. Wir haben immer gesagt – wir haben das schon mehrmals gehört: Den digitalen Euro gibt es nur, wenn parallel auch das Bargeld verpflichtend angenommen werden muss. Beides geht für uns Hand in Hand.“
Und Heiko Hain (CDU/CSU) stimmte mit ein in den Chor der Desinformierer und Abwiegler:
„Und auch in der EU-Verordnung zum digitalen Euro wird zukünftig die Akzeptanz des Bargelds allgemein festgeschrieben, also sogar eine Stärkung des Bargelds.“
Was sie alle wissen müssten, wenn sie sich als Experten zu diesem Thema gerieren und ihre Abgeordnetendiäten wert sein wollen: Der zum Beleg zitierte EU-Verordnungsentwurf zum gesetzlichen Status des Bargelds enthält gerade keine wirksame Annahmeverpflichtung für Bargeld im stationären Handel und Gastgewerbe. Es soll erlaubt bleiben, mit einem „Kein-Bargeld-Schild“ am Eingang die grundsätzliche Annahmepflicht zu umgehen. Nur für den digitalen Euro will die EU-Kommission diese Ablehnungsmöglichkeit ausschließen. Man muss es so klar sagen: die Abgeordneten streuen den Menschen Sand in die Augen, obwohl sie es besser wissen oder besser wissen müssten.
Die Benachteiligung des Euro-Bargelds bei der Annahmepflicht im Handel ist nicht die einzige geplante Benachteiligung gegenüber dem digitalen Euro. Auch staatliche Stellen sollen ausdrücklich Bargeld ablehnen dürfen, während sie den digitalen Euro annehmen müssten. Banken sollen zwar verpflichtet werden, Kundenguthaben auf Wunsch in Form von digitalen Euro auszuzahlen. Bei Euro-Bargeld soll es diese Verpflichtung nicht geben. Während E-Euro-Abhebung oder E-Euro-Zahlung kostenlos sein müssen, gibt es bezüglich Euro-Bargeld dazu keine Vorschriften.
Diese und weitere geplante Benachteiligungen von Bargeld gegenüber dem digitalen Euro sind in einem Beitrag auf der Seite Bargeldverbot.info näher erklärt und mit genauen Quellen belegt. Diese teilweise offenkundig nicht sachlich gebotene Benachteiligung machen den Verdacht, dass das Bargeld verdrängt werden soll, zu allem anderen als absurd oder „Unsinn hoch fünf“. Unsinn ist das, was Karliczek, Behrens, Heuberger, Rottwilm und Hain behaupten, dass der digitale Euro nicht in Wettbewerb mit dem Bargeld trete, und dass der Legislativvorschlag der EU-Kommission Zugang und Annahme von Bargeld garantieren würde.
Ebenso dreist desinformiert Nadine Heselhaus (SPD), wenn sie ätzt:
„Die AfD behauptet ernsthaft, digitale Zahlungsmethoden seien unsicher, weil man bei einem flächendeckenden Stromausfall nicht mehr darauf zugreifen kann. Die Lösung: Na klar, Bargeld. Jetzt mal Hand aufs Herz! Wie kommen Sie denn alle an Ihr Bargeld? Über Geldautomaten. Die laufen selbstverständlich mit Strom. Und wie zahlen wir bar in den Geschäften? Über Kassensysteme. Sie ahnen es: Die sind strombetrieben. Wenn Sie jetzt also nicht gerade Ihre Wände mit 50-Euro-Scheinen tapeziert haben oder Ihren Bargeldkoffer unter dem Kopfkissen verstecken, bringt Ihnen das im Blackout exakt gar nichts.“
Sie weiß es wohl nicht besser. Aber sie könnte es sehr leicht besser wissen. Einmal googeln nach „Bargeld Katastrophenvorsorge“ ergibt reichlich Überschriften wie: „Regierung empfiehlt Notfallbargeld: So viele Scheine sollten Sie bunkern“, mit Inhalten wie:
„Katastrophenschutzorganisationen und Behörden wie das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in Deutschland raten also dazu, einen Notfallvorrat an Bargeld zu Hause zu halten. Die Empfehlung des BBK lautet, dass jede Person für mindestens zwei Wochen autark leben können sollte. Das schließt neben Lebensmitteln und Wasser auch Bargeld ein. Die genaue Summe variiert je nach individuellen Lebensumständen und Bedürfnissen. Allgemein wird jedoch empfohlen, ausreichend Geld für Lebensmittel, Medikamente und weitere notwendige Ausgaben für zwei Wochen zu Hause zu haben. In Anbetracht der durchschnittlichen Ausgaben könnte das eine Summe von etwa 500 Euro pro Person sein.“
Wenn es nach Hesselhaus geht, sind Katastrophenschutzorganisationen und Behörden einfach nur blöd und man sollte nicht auf sie hören.
Schweden und Norwegen sind sogar wegen der Gefahr von Krieg und Cyberangriffen auf die Stromnetze und digitale Bezahlinfrastruktur auf eine bargeldfreundlichere Politik umgeschwenkt. Denn ein System mit Bargeld sei widerstandsfähiger.
Die Unkenntnis und Naivität, die Heselhaus der AfD so frech vorwirft, muss sie sich stattdessen selbst vorwerfen lassen. Natürlich kann man bei Stromausfall mit Bargeld bezahlen, nicht überall, aber im Zweifel dort, wo es besonders wichtig ist. Ein Laden braucht dafür nur eine einfache Bargeldkasse, notfalls ein paar Etuis und idealer Weise ein Kassenbuch. Wenn genug Bargeld in den Haushalten ist, weil die meisten sich an die Empfehlungen für den Katastrophenschutz halten, bleibt auch ohne Bankautomaten Bargeld im Umlauf. Wenn es noch Bankfilialen mit Menschen darin gibt, können außerdem auch diese Bargeld ausgeben.