Frankfurter Behörden verhängen willkürliche Seuchenmaßnahmen und äußern sich nicht dazu

Ergänzt um Antwort auf Anfrage7. – 9. 05. 2022 | In Hessen gilt seit 29. März die Corona-Basisschutzverordnung, die nur noch für Verkehrsmittel und Gesundheitseinrichtungen eine Maskenpflicht vorsieht. Trotzdem verlangen das Frankfurter Bürgeramt und andere städtische Einrichtungen von allen, die Zutritt wollen oder haben müssen, dass sie sich maskieren. Eine Rechtsgrundlage für dieses seuchenpolitische Agieren der Stadt fehlt. Anfragen dazu werden nicht beantwortet.

Man muss sich in Frankfurt weiterhin wie zu tiefsten Pandemiezeiten morgens um sieben auf der Webseite einloggen, damit man (hoffentlich) einen Termin beim Bürgeramt bekommt. Meiner war um 7:30 Uhr. Mir wurde eingeschärft, dass ich ohne mich mit einem medizinischen Mund-Nasenschutz zu maskieren, das Gebäude nicht betreten dürfe.

Außerdem solle ich keinesfalls mehr als fünf Minuten vor meinem Termin erscheinen, damit im Außenbereich und im Haus keine zu großen Menschenansammlungen entstehen.

Den gleichen Termin und die gleiche Aufforderung hatten offenbar etwa 50 weitere Personen bekommen, sodass sich sieben Minuten vor der Öffnung der Türen des Zentralen Bürgeramts um 7:30 Uhr eine Schlange von annährend 100 Metern gebildet hatte. Für Passanten war kaum noch ein Durchkommen.

Am Eingang standen tatsächlich zwei Damen Wache und ließen mich nicht durch ohne dass ich eine Maske aufzog. Sie beriefen sich dafür auf das Hausrecht.

Zweierlei Recht

Hinter den Plexiglasscheiben der Anmeldung für die Terminfreischaltung ging es lockerer zu. Ein Mitarbeiter hatte keine Maske auf, drei trugen sie auf Halbmast mit freier Nase. Der städtische Angestellte zu dessen Schalter ich schließlich aufgerufen wurde, trug keine Maske. Er teilte mir auf Anfrage mit, dass er keine Maske tragen müsse, solange sie hinter der (großen) Plexiglasscheibe säße, aber eine aufziehen müsse, wenn sie aufstehe. Er zeigt durchaus Verständnis für mein Unverständnis, denn vor mir stand ein Stehschild mit dem Hinweis, dass Gesundheit vorgehe, ich deshalb auf dieser Seite der Scheibe eine Maske tragen müsse und man dafür um Verständnis bitte. Leider habe ich kein Verständnis für dummes und willkürliches Staatshandeln ohne Rechtsgrundlage. Er teilte mir außerdem mit, dass diese Hausregeln der Amtsleiter Bürgeramt, Statistik und Wahlen erlassen habe.

Wer diese amtsleitende Person ist, konnte ich auf der Seite des Bürgeramts, Statistik und Wahlen nicht finden. Im Impressum für die Statistik findet man Oliver Becker als verantwortlichen Leiter. Ins Amt gebracht wurde Becker vom für das Bürgeramt zuständigen Dezernenten Jan Schneider (CDU), einem ehemaligen Landtagsabgeordneten.

Keine rechtliche Basis

In der Hessischen Corona-Basisschutzverordnung vom 29. März gibt es keine Verpflichtung zum Maskentragen in Innenräumen mehr. Ausnahmen sind nur Gesundheitseinrichtungen und Verkehrsmittel. Auf den Netzseiten des Bürgerbüros wird man unter „Corona-Maßnahmen“ auf diese Verordnung verwiesen und bekommt zum Stichwort Maskenpflicht genau dies mitgeteilt.

Bei der ausschließlich elektronischen Terminvergabe (Computerbesitz und -kenntnisse sind jetzt offenbar verpflichtend), wird man abweichend davon jedoch darauf hingewiesen, dass man im Bürgeramt, das weder Gesundheitseinrichtung noch Verkehrsmittel ist, eine Maske zu tragen habe. Entsprechende Hinweise stehen auch am Eingang des Bürgeramts.

Per Hausrecht anzuordnen, dass Bürger sich maskieren müssen, ist ein Willkürakt ohne rechtliche Basis. Ein Einzelhändler darf das, weil jeder frei ist, seinen Laden zu betreten oder es zu lassen. Aber eine Behörde betritt man auf Basis hoheitlicher Vorgaben. Man hat keine Wahl. Behörden dürften aufgrund ihrer hoheitlichen Befugnisse ohne Rechtsgrundlage nichts tun. Das ist der Unterschied zwischen einer Demokratie und eine Despotie.

Genau aus diesem Grund, wegen fehlender Zuständigkeit für Seuchenschutzmaßnahmen und fehlender Rechztsgrundlage für eine Maskenpflicht, hat das Verwaltungsgericht Gießen gerade die von der Universität Marburg per willkürlicher Allgemeinverfügung verhängte Maskenpflicht für unrechtmäßig erklärt.

Offenbar verlassen sich Becker und Schneider darauf, dass Menschen, die einen neuen Personalausweis oder Pass brauchen, schon nicht vorher den Klageweg beschreiten werden, um den nötigen Behördengang unmaskiert erledigen zu können. Ein flexibler Umgang mit dem Recht hat sich ja in Corona-Zeiten eingebürgert, bei Behörden wie bei vielen Gerichten. Vor allem die Verwaltungsgerichte sind notorisch für ihre staatstragenden Urteile.

Ich hätte ja im Haus die Maske abziehen und die Türwächterinnen die Polizei holen lassen können, um mich zu entfernen, verbunden mit der Drohung, sie wegen Nötigung anzuzeigen. Aber ich brauche ja einen neuen Pass, in diesen verrückten Zeiten sogar besonders nötig.

Keine Antwort auf Anfragen

Meine Fragen an die Pressestelle der Stadt nach der Rechtsgrundlage der Maskenpflicht im Bürgeramt und nach einer Begründung für die unterschiedlichen seuchenpolitischen Regeln für Menschen auf gegenüberliegenden Seiten der Plexiglasscheiben im Amt wurde nicht beantwortet. Auch eine Protestmail als Bürger an die Bürgerberatung der Stadt erbrachte nur die Antwort: „Wir haben Ihre Nachricht an das entsprechende Fachamt weitergeleitet und hoffen Ihnen damit weitergeholfen zu haben.“

Es gibt Schlimmeres

Mir ist klar, dass das, was das Bürgeramt Frankfurt da treibt, eher harmlos ist, im Vergleich zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht und den Schikanen für nicht Geimpfte oder nicht Geboosterte, die es gab, und im Verkehrswesen noch gibt.

Aber ich möchte mit meinen bescheidenen publizistischen Mitteln dazu beitragen, dass diejenigen, die sich zynisch darauf verlassen, dass die Bürger den Rechtsweg gegen ihre Willkür nicht sinnvoll beschreiten können, sich wenigsten öffentlich verantworten und vielleicht sogar schämen müssen.

Fortsetzung (8.5.)

Eine böse Überraschung erleben auch Brautpaare, die sich in Frankfurt standesamtlich trauen lassen. Auf der Netzseite des Amtes ist hinsichtlich des Ablaufs von Trauungen nichts vermerkt, was vom Üblichen abweichen würde. Aber wenn der Termin näher rückt, bekommen sie einen Brief, in dem ihnen detailliert mitgeteilt wird, wie wenige Zuschauer bei der Trauung dabei sein dürfen, dass Kameraleute und Übersetzer hierauf angerechnet werden, dass alle Masken tragen müssen und noch viele Vorschriften dieser Art mehr. Das Brautpaar selbst darf immerhin der maskierten Standesamtsperson hinter der Plexiglasschreibe das Jawort maskenfrei zu Protokoll geben.

Das alles wohlgemerkt zu einer Zeit, zu der führende politische Mitglieder des „Team Vorsicht“ schon lange wieder Fotos von maskenfreien Bierzeltgelagen posten, die Restaurants voll mit maskenlosen Leuten sind und in den Clubs wieder getanzt wird. Die Amtsleitung des Standesamts, die solche Regeln erlässt und solche Briefe an Brautpaare schreibt, wäre sicherlich für die Leitung eines Straßenbauamts besser prädestiniert. Und die zuständige Dezernentin, für Ordnung, Sicherheit und Brandschutz, Annette Rinn (FDP) sollte sich vielleicht fragen, ob sie noch in der richtigen Partei ist. Die Brautleute, die mir besagten Brief weiterleiteten, schrieben jedenfalls, sie hätten sich daraufhin ernsthaft überlegt, die Sache abzublasen und im Ausland zu heiraten.

Sie wissen, was sie tun (und verbergen es)

Es gibt zwei typische Arten, wie die Kommunalregierungen das Ungesetzliche des Tuns, das sie für richtig befunden haben, zu verbergen suchen. In Frankfurt wurde der Weg gewählt, auf den Netzseiten der Stadt und der Ämter lediglich auf die aktuelle Corona-Verordnung des Landes hinzuweisen und die eigenen, dazu im Widerspruch stehenden Regeln erst und lediglich denen mitzuteilen, die einen Besuchstermin ergattert haben.

In Bochum wurde offenbar der zweite Weg gewählt. Dort wurde auf die Corona-Verordnung des Landes NRW verwiesen und zusätzlich darauf, dass man sich eigene Restriktionen ausgedacht habe, die dort nicht erwähnt sind (Webarchiv). Der Kontrast wurde offenbar als störend empfunden, sodass der prominente Verweis auf die Corona-Verordnung des Landes entfernt und durch den Hinweis auf die in den örtlichen Ämtern weiterhin geltende 3G-Regel und FFP2-Maskenpflicht ersetzt wurde. In Bochum ist es eine rotgrüne Koalition, die der Meinung ist, dass man keine Rechtsgrundlage für sein hoheitliches Handeln braucht, wenn man das vermeintlich Richtige tut.

Ein Leserbrief bringt es auf den Punkt

V. Weber hat folgenden Leserbrief an die Reinbeker Ortspresse „Der Reinbeker“ geschrieben:

Erinnern Sie sich noch, als in den 90er Jahren (in manchen Gemeinden auch später), das „Einwohnermeldeamt“ zum „Bürgerbüro“ wurde? Als man versuchte, den Amtsschimmel zu ersetzen durch Kundenorientierung? Damals entstanden Verwaltungs-Zentren mit erweiterten Öffnungs- und verkürzten Wartezeiten. Dort waren Mitarbeiter, die einem persönlich und zuvorkommend bei den vielfältigen Anliegen zu helfen versuchten, in einem Großraumbüro, ohne Trennung durch Glas- oder Plexiglasscheiben. Mit der Abschaffung des Amtsschimmels ist es so eine Sache, aber immerhin fühlte man sich damals einigermaßen willkommen.
Ein schöner Traum aus heutiger Sicht. Denn was haben wir heute? Das Rathaus darf „ohne Termin nicht betreten“ werden, Eingangskontrollen, Maskenpflicht (obwohl im Supermarkt längst gefallen!). Meine Anliegen seien „möglichst online, telefonisch oder schriftlich zu erledigen“, das erfahre ich auf der Homepage der Stadt Reinbek. Wenn nicht, kann ich mir einen Termin online buchen (ich erhalte ihn frühestens in einem Monat!). Auch für einen Besuch im Fundbüro, um einen verlorenen Schlüssel abzuholen, benötige ich einen Termin. Im Sozialamt gibt es gar keine Termine mehr vor Ort. Ein Syrer erzählte, daß er nur noch telefonisch mit dem Amt Verbindung aufnehmen kann. Und das bei teils großen Sprachbarrieren. Wenn ich das Rathaus (mit Termin!) betrete ist von der damals erwünschten „Willkommenskultur“ und „Wohlfühl-Athmosphäre“ nichts mehr zu spüren. Jeder Besucher wird überprüft, es liegen keine Zeitungen mehr aus, man begegnet allenfalls maskierten Mitarbeitern im Treppenhaus, aber keinem Nachbarn mehr (denn der hat ja den Termin in einem Monat). Es ist wie früher in meiner Kindheit, wo ich bei jedem Behörden-Besuch ein mulmiges Gefühl in der Magengegend hatte.

Ich hoffe sehr, daß bald wieder menschliche Nähe und Kundenorientierung im Reinbeker Rathaus Einzug halten werden. Doch ich bleibe skeptisch, denn allem Anschein nach versucht man, persönliche Begegnungen mit der angeblich so notwendigen „Digitalisierung“ zukünftig komplett zu verhindern. Es scheint als habe man die Corona-Krise genutzt, um einen Wandel rückwärts zu vollziehen. Ein Gefühl der bedrückenden Anonymität und des Ausgeliefertsein, das man als Gesellschaft längst überwunden zu haben glaubte, wird wieder zur Realität. Schöne neue Rathaus-Welt. Die Atmosphäre im Reinbeker Rathaus ist noch nie wirklich angenehm gewesen, doch gab es in der Vergangenheit zumindest erfolgreiche Versuche, die „Amtsgänge“ für die Menschen zu erleichtern. Jetzt aber bewegen wir uns rückwärts und sollten wachsam bleiben. Es sind wir Menschen, die die Zukunft und auch „unsere“ Verwaltungen gestalten. Und es ist an uns der Vereinsamung und Vereinzelung der Menschen etwas entgegenzusetzen.

Das Bürgeramt antwortet doch noch (9.3.)

Während die Presseabteilung der Stadt meine Anfrage nicht beantwortete, bekam ich auf meinen Bürgerprotest vom Bürgeramt, am 9.5., nach sechs Tagen, eine Antwort. Auf meine Fragen nach der Rechtsgrundlage und danach, warum auf verschiedenen Seiten einer Plexiglasscheibe unterschiedliche Seuchenschutzmaßnahmen gelten, ging die Antwort jedoch nicht ein. Immerhin erfahre ich, dass Frankfurts von Grünen, SPD, FDP und Volt gebildeter Magistrat die kritisierte Maskenpflicht für alle Ämter mit Publikumsverkehr erlassen hat. Warum man das nicht offen auf den Netzseiten der Stadt kommuniziert, sondern stattdessen durch Verweis auf die Maskenregeln der hessischen Corona-Verordnung einen falschen Eindruck erweckt, erschließt sich mir nur indem ich annehme, dass man etwas Fragwürdiges vor einer breiten Öffentlichkeit verbergen will. Hier die Antwort:

„Sehr geehrter Herr Dr. Häring, vielen Dank für Ihre Rückmeldung vom 3. Mai 2022 zu den Corona-Schutzmaßnahmen im Bürgeramt der Stadt Frankfurt am Main. Herr Amtsleiter Becker hat uns als zuständige Fachabteilung gebeten, Ihnen zu antworten. Sie bemängeln darin u.a., dass Bürgerinnen und Bürger beim Betreten des Bürgeramtes einen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen. Die gesamtstädtisch für die Ämter mit Publikumsbetrieb abgestimmten Schutzmaßnahmen im Rahmen des Hausrechts dienen einerseits dazu, die Menschen vor Ort, d.h. die Besucherinnen und Besucher als auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vor einem größeren Infektionsgeschehen zu schützen und andererseits einen größtmöglichen Bürgerservice mit einem maximalen Terminangebot zu organisieren. Die Maßnahmen wurden seit Pandemiebeginn immer wieder an die tatsächliche Lage angepasst. So konnten wir zurückschauend erreichen, dass wir einen guten Bürgerservice aufrecht erhalten konnten und es auch nicht zu größeren Personalausfällen kam, die den Dienstbetrieb gefährdet hätten. Wir wissen, dass wir es mit den Maßnahmen, egal wie sie jeweils genau geregelt sind, nie allen Recht machen können. Die Rückmeldungen, die bei uns eingehen, gehen jeweils in beide Richtungen, d.h. sie fordern strengere und sie fordern lockere Maßnahmen an, teilweise auch beides. Wir reflektieren und passen unsere Maßnahmen regelmäßig und bedarfsorientiert an die Lage an und hoffen damit, auch weiterhin einen möglichst sicheren und möglichst weiten Bürgerservice anbieten zu können.“

 

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