Bodo-Ramelow: Der Extremist der Mitte, der auf die eigene Propaganda hereinfällt

6. 11. 2021 | Updates 8. 11.,13.11. | Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow droht Ungeimpften mit Klinik-Abweisung. Thüringen gingen die Betten aus. Das Erste ist eine Ungeheuerlichkeit, das Zweite eine bis zur Lüge verzerrte Propagandabehauptung. Update 1: Ramelow wiegelt ab. Update 2: Die Ungeister, die Ramelow gerufen hat, treiben ihr Unwesen.

Gefragt von der Moderatorin, ob er eine Impfpflicht befürworte, verstieg sich der Ministerpräsident Thüringens und Bundesratsvorsitzende Bodo Ramelow am 5.11. im ZDF-Morgenmagazin gleich zu Anfang zu einer absurden, diffamierenden Behauptung:

„Ein Drittel der Bevölkerung sagt, sie glaubt überhaupt nicht, dass es diese Krankheit  gibt.“

Nehmen wir die Kinder unter 12 aus, die hier wohl nicht gemeint sind, ist ein Drittel mehr als der Anteil der nicht Geimpften. Ramelow behauptet einfach, dass alle nicht Geimpften und noch viele der Geimpften dazu, nicht etwa skeptisch sind hinsichtlich möglicher Impfnebenwirkungen und der Risikoabwägung zwischen Impfen und dem Riskieren einer Corona-Infektion, sondern dass sie gleich ganz die Existenz von Covid bestreiten. Für diese absurde Behauptung gibt es keine Basis.

Ramelow sagte, er wolle Brücken bauen, zu diesen Menschen, „die sich komplett abgewandt haben.“ Wie will er das tun? Indem er Ungeimpften mit Klinikabweisung droht, so die Überschrift bei ntv.de. Etwas weniger reißerisch aber in der Substanz gleich titelt die Süddeutsche Zeitung: „Ramelow: Können die Behandlung Ungeimpfter nicht garantieren.“

Mit welcher juristischen Rechtfertigung will der einzige Ministerpräsident der Linken, an den Kliniktoren zwischen Geimpften und Ungeimpften unterscheiden. Was dieser Politiker im ZDF-Morgenmagazin nicht geimpften Menschen androhte ist so evident rechtswidrig in so vielen Facetten, dass man gar nicht weiß wo anfangen: Nürnberger Konvention, Grundgesetz, Europäische Menschenrechtskonvention …?

Es wird auch nur wenig besser davon, dass er sagte, geholfen würde auch den nicht geimpften Menschen, irgendwie, irgendwo, nur eben nicht mehr in Thüringens Krankenhäusern. Hier Ramelows Zitat:

„Wir werden in den nächsten Tagen an die Situation kommen, dass wir nicht mehr genügend Intensivbetten haben. Wir haben eine Pandemie der Ungeimpften. Und wir werden niemandem mehr garantieren können, der ungeimpft ins Krankenhaus kommt, dass er überhaupt noch in Thüringen behandelt wird.“

Hysterie ohne Basis

Aber kommen wir zu der sachlichen Basis seines Extremismus, auf die Propaganda, auf die er offenbar selbst hereingefallen ist – wenn man nicht annehmen will, dass er die Bevölkerung arglistig täuscht: Die Betten auf den Intensivstationen gingen aus, wegen der vielen nicht geimpften schweren Covid-Fälle.

Dazu erst einmal die Darstellung der dramatischen Lage in Thüringen auf ntv.de:

„Wirklich dramatisch ist die Lage in Thüringen. Es fehlt an Intensivbetten und die vulnerablen Gruppen können kaum geschützt werden. (…)  Tatsächlich sind laut DIVI-Register am Donnerstag in Thüringen nur noch 72 Intensivbetten frei. 668 Intensivbetten sind belegt, 99 davon mit Covid-Patienten.“

Dass die Intensivbetten nicht etwa fehlen, weil es noch einige Ungeimpfte gibt, sondern weil mitten in der Pandemie Monat für Monat Intensivbetten abgebaut wurden, wird uns verschwiegen. Bodo Ramelow, der in Thüringen letztlich Verantwortliche dafür, sollte es eigentlich wissen. Aber vielleicht interessiert er sich ja nicht für so profane Dinge.

Wir erfahren zwar nicht, wie viele von den 99 Covid-Patienten geimpft sind, sogenannte Impfdurchbrüche (das früher übliche Wort Impfversagen wurde gestrichen). Wir wissen aber: Bei den Krankenhauspatienten insgesamt sind es laut RKI inzwischen deutlich über 20%, bei den über 60-Jährigen ein Drittel, Tendenz stark steigend. Die Vereinigung der Intensivmedizier DIVI will nicht statistisch erfassen, wer von den Intensivpatienten geimpft ist.

Wir erfahren auch nicht, wie viele von den Intensivpatienten zwar positiv getestet wurden, aber wegen etwas ganz anderem behandelt werden. Auch das will DIVI explizit nicht erfassen, weil es für den Pflegeaufwand irrelevant sei. Bei den Krankenhauspatienten in Thüringen ist ein Drittel der Corona-positiven Patienten aus anderen Gründen im Krankenhaus als Covid (siehe „Lage-Flyer, rechts auf der Webseite). Wir erfahren auch nicht, wie viele Menschen wegen Impfnebenwirkungen auf intensiv liegen.

Ziehen wir konservativ von den 99 Covid-Patienten ein Drittel ab, um die Anzahl der nicht geimpften Thüringer zu schätzen, die WEGEN Covid auf Intensivstationen liegen, kommen wir auf 66.

Weit mehr Betten abgebaut als Covid-Fälle

Diesen 66 stellen wir die Anzahl der laut DIVI in den letzten Monaten abgebauten Intensivbetten gegenüber. Allein im letzten halben Jahr wurden in Thüringen einschließlich Notreserve 56 Betten abgebaut, ohne Notreserve 65. Hätte man das nicht getan, wären heute noch etwa so viele Betten frei, wie wenn es kein Covid gäbe.

Im letzten Jahr wurden in Thüringen ohne Notfallreserve 212 Betten abgebaut, mit Notfallreserve doppelt so viele. In den letzten 18 Monaten wurden 410 Betten abgebaut. Notfallreserve gab es damals noch nicht.

Der Mensch, der das maßgeblich mit zu verantworten hat, droht nun Menschen, die ein „Impfangebot“ nicht annehmen, mit Abweisung an der Krankenhauspforte. Dreister, heuchlerischer, menschenfeindlicher geht es kaum noch. Von seiner Partei kommt keine öffentlich wahrnehmbare Kritik.

Propaganda mit wertlosen Inzidenzdaten

„Wahrhaft dramtisch“ sei die Lage in Thüringen, berichtet ntv.de unter völlig ungeniertem Rückgriff auf Inzidenzwerte, von denen uns schon vor Monaten offiziell gesagt wurde, dass sie nichts (mehr) taugen:

„Die Zahlen stiegen zuletzt bundesweit deutlich, in Thüringen ist die Lage aber wahrhaft dramatisch. Die Sieben-Tage-Inzidenz je 100.000 Einwohner liegt aktuell bei 386,9 und damit mehr als doppelt so hoch wie im Bundesschnitt. Aktuell weist nur Sachsen mit 385,7 eine ähnlich hohe Inzidenz auf. Der Thüringer Landkreis Sonneberg hat mit 688,9 aktuell die dritthöchste gemessene Sieben-Tage-Inzidenz aller Landkreise Deutschlands.“

Schauen wir uns den im seuchengeplagten Thüringen besonders seuchengeplagten Landkreis Sonneberg anhand der offiziellen Zahlen an. In einer Tabelle zur Lage in den Kreisen wird uns auch mitgeteilt, wie viele Menschen in den letzten sieben Tagen mit Covid auf Intensivstationen aufgenommen werden mussten. Vorab: Die Zahl muss relativiert werden, weil man nicht weiß, ob WEGEN oder nur MIT Covid. Sie muss auch relativiert werden, weil man nicht erfährt, ob diese  Menschen geimpft sind oder nicht. Die Zahl lautet: 1.

Ins Krankenhaus aufgenommen wurden in den letzten sieben Tagen 2 Sonneberger mit positivem Covid Test (ob MIT oder WEGEN Covid ist unbekannt). Die Hospitalisierungsinzidenz beträgt 2,8.

Änderungshinweis (7.11.): Überschrift ergänzt um die Worte „der Mitte.“

Ramelow wiegelt ab, durch falsche Selbstzitierung

Update 8.11.: Per Twitter griff Ramelow Kritiker an, die ihn dafür kritisierten, dass er Ungeimpften angedroht habe, sie nicht mehr in Thüringer Krankenhäusern zu behandeln. Am 7.11. schrieb er:

„Wer lesen will und kann und es im gesagten Kontext belässt, der weiß von was ich gesprochen habe: vom Abverlegen in andere Bundesländer! Allen Patienten, unabhängig vom Impfstatus, wird geholfen und jedwede medizinische Betreuung gesichert, aber nicht mehr Wohnortnah.“

Er unterschlug dabei, dass er seine Warnung, behandlungsbedürftige Menschen könnten nicht mehr aufgenommen werden, allein und ausdrücklich auf nicht geimpfte Bürger bezogen hatte. Auch in weiteren Tweets tat er hartnäckig so, als habe er seine Warnung nicht ausdrücklich an Ungeimpfte gerichtet. Das ist ein wenig souveräner Umgang mit der eigenen (unerhörten) Aussage, zumal diese schon in den Titeln vieler Medienberichte den Lesern ins Auge gesprungen war. Warum unter seiner Führung mitten in der Pandemie immer mehr Intensivbetten abgebaut wurden, erläuterte er nicht.

Ramelows losgelassene Ungeister

Update 11.11.: Wie nicht anders zu erwarten stellte der Tabubruch durch Ramelow den Auftakt für noch weitergehende Forderungen dar, zunächst in den besonders hetzerischen Medien wie ntv.de. Dort kam am 13.11. prominent ein Stück mit dem Titel „Triage zwischen Geimpften und Ungeimpften“ und dem Vorspann: „Patient geimpft oder nicht – soll das bei überlasteten Intensivstationen eine Rolle spielen? Medizinethiker haben dazu durchaus verschiedene Auffassungen. Die Forderung nach einer politischen Klärung kommt von einer Medizinethikerin“. Wo es sonst immer heißt, wissenschaftlichen Minderheitenpositionen dürfe man nicht zu viel Publizität und Gewicht geben, fußt der Artikel darauf, dass die abseitige Meinung einer angeblichen Medizinethikerin, man solle im Zweifel nicht geimpfte Menschen sterben lassen, nach vorne gestellt und in den Vorspann geholt wird, so als sei sie ebenso normal und noch wichtiger als die eine nachfolgende Gegenmeinung.

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