Ein sehr guter Artikel zur Rolle des IWF in der Griechenlandkrise im Telegraph von Ambrose Evans-Pritchard verdient es, wenigstens in Auszügen einem deutschen Publikum zugänglich gemacht zu werden. Warum Griechenland geopfert wurde.
Evans Pritchard nennt es einen Politikskandal erster Ordnung:
„Ein Teil des IWF hat ein Schuldbekenntnis abgegeben, dass sein eigenen Analysten den Fiskalmultiplikator völlig falsch eingeschätzt haben.“ (Der Multiplikator gibt an, um wie viel die Wirtschaftsleistung sinkt, wenn man die Staatsausgaben zum Beispiel um eine Milliarde kürzt.)
„Ein anderer Teil des Fonds drängt weiterhin auf neue Varianten der gleichen nicht zu verteidigenden Politik, indem er … Rentenkürzungen und Umsatzsteueranhebungen verlangt, die zusammen in diesem Jahr ein Prozent des Bruttoinlandsprodukt ausmachen und zwei Prozent im nächsten Jahr, obwohl die Wirtschaft schon dabei ist, n eine neue Rezession abzugleiten.“
Dabei bestehe das große Problem darin, dass es nicht wie sonst bei den Programmen des IWF zu den harten Sparmaßnahmen auf der anderen Seite die Erleichterung eines Schuldenschnitts und einer Abwertung gegeben habe, bzw. habe geben können.
Er zitiert Ashoka Mody, den früheren Chef der IWF-Rettungsmission für Irland:
„Alles, was wir in den letzten fünf Jahren gelernt haben ist, dass es unglaublich schlechte Wirtschaftspolitik ist, einer Wirtschaft in einer deflationären Spirale eine Sparpolitik aufzunötigen. Ich bin ehrlich gesagt geschockt, dass wir unter diesen Umständen überhaupt eine Diskussion über eine höhere Mehrwertsteuer haben. Wir haben gerade gesehen, wie eine voreilige Mehrwertsteuererhöhung selbst die Wirtschaft eines starken Landes wie Japan aus der Bahn geworfen hat.“
Moddy schlägt vor: „Syriza sollte die Forschungsabteilung des IWF als Sprecher rekrutieren, weil sie (dazu) ziemlich genau das gleiche sagen wie Syriza. Die ganze Strategie der Gläubiger ist falsch und je länger das weitergeht, desto mehr wird es sie kosten.“
Dummheit bleibt aber nicht die Hauptantwort für Evans-Pritchard. Er klagt an:
„Die Erbsünde des IWF in Griechenland war es, dem urbanen Pariser Dominique Strauss-Kahn zu erlauben, die Institution zu missbrauchen um die Europäische Währungsunion und das europäische Bankensystem zu stützen.“
Er beruft sich auf inzwischen bekannt gewordene Protokolle von IWF-Sitzungen aus dem Jahr 2010, die zeigen, dass die Vertreter der Schwellenländer und der Schweiz sich gegen das erste Rettungspaket für Griechenland in der gewählten Form aussprachen. Denn sie dienten nicht dazu Griechenland zu retten, sondern den Euro.
Es habe noch mehr Schulden auf die schon überlasteten Schultern eines bankrotten Landes geladen, um einer großen französischen und einer deutschen Bank zu erlauben, mehr als 25 Mrd. Euro an fragwürdigen Forderungen an Griechenland an den öffentlichen Sektor abzugeben.
Er zitiert den Vertreter Brasiliens mit den Worten:
„Schuldenrestrukturierung hätte auf den Tisch gehört“, damit das Paket nicht als Rettungspaket für Griechenlands private Gläubiger einzustufen ist.
Nahezu prophetisch war Arvind Virmani, der IWF-Vertreter Indiens, den Evans-Pritchard aus den Protokollen mit den Worten zitiert:
„Das Ausmaß der Sparmaßnahmen ohne jede geldpolitische Kompensation ist ohne Beispiel. Selbst wenn das Programm erfolgreich umgesetzt würde, könnte ess eine Deflationsspirale aus fallenden Preisen, fallender Beschäftigung und fallenden Staatseinnamen auslösen, die am Ende das Programm selbst unterminiert.“
Es war also nicht so, dass niemand geahnt hätte, was passieren würde. Aber die französischen und deutschen Banken waren eben wichtiger.
Am Ende kommt noch der Wink mit dem Fifa-Zaunpfahl, dass nämlich der IWF zu einem Emblem für schlechte Führung geworden ist. Der inflagrante delicto ertappte Strauss-Kahn, wurde schnell durch eine andere Französin ersetzt. Sein Vorgänger, wurde vor kurzem in Spanien wegen Betrugs angeklagt.