Brief aus Athen: An Schäubles Wesen soll Athen genesen

Markus Barth, Athen. Die Angriffe der der deutschen Mainstream-Medien gegen die griechische Regierung, die gerade mal 6 Wochen im Amt ist gehen unvermindert weiter. Über Aussagen der gewählten Volksvertreter Griechenlands wird mittlerweile beinahe ausschließlich unter Verwendung von Verben berichtet, die vor noch nicht allzu langer Zeit Kennzeichen der gelben Krawallpresse waren. Griechische Politiker erklären nicht  etwa

ihren Standpunkt geschweige denn argumentieren. Noch nicht einmal behaupten sie etwas. Nein: sie drohen, giften, provozieren, machen Anwürfe und Verbalangriffe, stänkern, wettern und machen wüste Rundumschläge.  Drunter tun es Spiegel, FAZ, Zeit und Süddeutsche inzwischen nicht mehr.

Um Argumente geht es damit auch gar nicht mehr. Waren vor kurzem durchaus noch Stimmen der Vernunft zu hören, die mal drauf hinwiesen, dass die seit 5 Jahren erzwungene Austeritätspolitik vollständig gescheitert ist und man vielleicht der neuen Regierung eine Chance geben solle, was anderes zu machen heißt es jetzt diese hätte ihre Chance schon gehabt aber nicht genutzt. Jetzt müsse sie „endlich liefern“ was übersetzt nichts anderes heißt als sich die linken (oder besser keynesianischen) Flausen aus dem Kopf schlagen und die mit der konservativen Vorgängerregierung vereinbarten neuen noch strengeren Austeritätsmaßnahmen endlich anzugehen. Zudem wird die Regierung fast durchgehend mit erschreckender Unredlichkeit für die Politik verantwortlich gemacht, die die von CDU und SPD jahrelang kräftig unterstützten Regierungen von ND und PASOK jahrelang betrieben haben.

Obwohl sich die von griechischer Seite behauptete „Beleidigung“ Varoufakis’ durch Schäuble zum Teil als Übersetzungsfehler in den griechischen Untertiteln herausstellte lohnt es sich das entsprechende Video  aufmerksam anzusehen. In min. 1:57 passiert der erwähnte Uebersetzungsfehler: Schäuble sagt „plötzlich naiv“ und der Übersetzer versteht und übersetzt in den Untertiteln „blödsinnig naiv“. Für sich selbst spricht aber die herablassend-selbstgefällige und indiskrete Art und Weise mit der Schäuble über sein Gespräch mit Varoufakis berichtet. Überheblichkeit und „deutscher Humor“ vom feinsten. In der Sache: ohne bedingungslose Kapitulation keine Auszahlung der vereinbarten Kredite. So lieben uns alle Nachbarn und vor allem die Franzosen. Der leicht nach unten gebogene Zeigefinger von Schäuble ist für viele zweifellos unangenehmer als der Mittelfinger von Varoufakis.

Die Syriza nahestehende Avgi philosophiert (bzw. giftet, stänkert, wettert) entsprechend: „Die Erklärungen Schäubles passen nicht zu seiner institutionellen Rolle und den Werten eines einigen und demokratischen Europas. Sie zeigen die Logik von Stärke und Vorherrschaft, die Völker nicht akzeptieren können, die von den Werten der Aufklärung und den demokratischen Werten, die uns die französische Revolution vererbt hat, inspiriert sind….Schäuble benimmt sich nicht wie der Minister eines europäischen Landes, sondern mit der Arroganz die dem Herrscher zusteht…..Die Geschichte lehrt, wenn es dem Hegemon an Weisheit fehlt, umso schlimmer für ihn selbst.

Varoufakis selbst hat sich übrigens über die Aussagen oder den Stil Schäubles nicht beschwert. Er betont immer alle seine Gespräche mit Schäuble seien höflich ja freundlich verlaufen. Allerdings habe er mit dem deutschen Kollegen vereinbart, das ihre Gespräche vertraulich bleiben sollten. „Ich habe mich dran gehalten“ sagte Varoufakis Sonntag frueh im TV-Kanal Alpha, „er leider nicht.“ 

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