Geld mit Finanzanlagen zu verdienen, muss keine Ökosünde mehr sein, dank „grüner“ und „nachhaltiger“ Anlageangebote wie iShares Dow Jones Global Sustainability Screened, Allianz Global Sustainability und einer kaum überschaubaren Vielzahl weiterer Angebote für den ethischen Investor, die mit dem Label ESG vermarktet werden. ESG steht für Environment, Social und Governance, also Ökologie, Soziales und (gute) Führung.
Doch leider gibt es einen schwer aufzulösenden Konflikt. Anleger, die nicht vom Wohl und Wehe einzelner Unternehmen und Branchen abhängig sein wollen, müssen ihre Investments diversifizieren, also breit streuen. Aber je breiter diversifiziert ein grüner oder ethischer Fonds ist, desto stärker verwässert wird auch sein Anspruch.
So beinhaltet der neue Euro Stoxx 50 ESG Unternehmen wie Total, ENI, Unilever, BMW, Daimler, BASF, die Investoren mit ökologischem Anspruch etwas suspekt erscheinen dürften. Zwar gibt es Alternativen, etwa Branchenfonds. Aber wer zuletzt zum Beispiel auf die deutschen Anbieter von Photovoltaikanalgen setzte, musste schmerzlich erfahren, wie riskant es ist, alles auf eine Karte zu setzen. Mit dieser Branche konnte man viel Geld verlieren.
Viele der ESG-Angebote sind eher grün angestrichen als tatsächlich ökologisch, dank manchmal äußerst großzügig ausgelegter Auswahlkriterien. ESG ist bisher kein geschützter Begriff. Zwar hat die EU sich im Rahmen ihres Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums mit verbindlicheren ESG-Klassifizierungen versucht. Aber das Ergebnis war bisher bescheiden, nicht zuletzt, weil Finanzlobbyisten als wichtigste Beratergruppe fungieren dürfen.
Bescheidener ethischer Anspruch
ESG-Investments werden häufig nach dem Best-Practice-Ansatz definiert, bei dem es reicht, wenn ein Unternehmen zum Beispiel weniger umweltschädlich agiert als der Durchschnitt der Branche. So kommt es, dass Aktien von Öl-, Gas-, Auto- und Atomenergieunternehmen in vielen ESG-Angeboten enthalten sind. Ein anderer Ansatz definiert den eher bescheidenen ethischen Anspruch über Ausschlusskriterien: Nur ein oder zwei Bereiche oder Branchen werden ausgeschlossen, zum Beispiel Waffen und Pornografie.
Letztlich sind die Angebote zumindest der breit aufgestellten ESG-Angebote eine Win-win-Situation für alle, außer Umwelt und Gesellschaft. Sie erlauben Unternehmen als Teil der Lösung und nicht des Problems aufzutreten.
Der Politik ermöglichen sie, die Diskussion über Grenzen des Wachstums zu vermeiden, und Bürger bekommen die Möglichkeit, guten Gewissens Geld anzulegen und damit vermeintlich sogar noch etwas für die Umwelt zu tun.
Einen Gewinn für Wirtschaft und Gesellschaft brächten ESG-Angebote, wenn Blackrock, Vanguard, und Fidelty – oder auch der Staat im Rahmen der Förderung privater Altersvorsorge – mit wirklich nachhaltigen Öko-Anlageprodukten preisgünstige, wirklich selektive und trotzdem noch breit diversifizierte Angebote auf den Markt bringen würden.
*Helge Peukert ist Professor für Plurale Ökonomik an der Universität Siegen.