Die beiden Gewerkschafter Kai-Eicker Wolf und Patrick Schreiner bringen es fertig, auf 160 Taschenbuchseiten plus Anhang alle wichtigen Fakten und Zusammenhänge rund um gerade wieder aufgeflammte Diskussion zu Öffentlich-Privaten-Partnerschaften beim Bau und Betrieb von Autobahnen und Schulen zusammenzutragen.
„Mit Tempo in die Privatisierung – Autobahnen, Schulen, Rente – und was noch?“ heißt das Buch. Das „was noch?“ spielt keine so große Rolle. Aber mit Autobahnen, Schulen, Rente ist der große Zusammenhang schon umrissen. Denn die beiden Autoren legen überzeugend dar, dass die Autobahnprivatisierung nicht nur konsequente Fortsetzung, sondern auch eine Folge der Privatisierung der Altersvorsorge darstellt. Denn die private Versicherungswirtschaft kann bei Weitem nicht das bei Kürzung der gesetzlichen Renten gemachte Versprechen anständiger Renditen für die Versicherten einlösen. Deshalb drängte die Finanzbranche die Regierung ganz massiv, ihr durch die ÖPPs auf Staatskosten langfristig gesicherte, hohe Renditen zu bescheren. Die Politiker wiederum wollten die Gelegenheit gerne nutzen, die Schuldenbremsen auf europäischer, nationaler, Länder- und kommunaler Ebene, mit denen sie sich die Hände gebunden hatten, zu umgehen, indem sie Ausgaben auf Schattenhaushalte verlagern. So wird es zwar langfristig teurer, aber kurzfristig kann man etwas für die Wiederwahlchancen tun. Auch wurde die öffentliche Verwaltung in Ländern und Kommunen so ausgedünnt, dass sie kurzfristig gar nicht mehr in der Lage sind, größere Aufgaben wie Schulsanierung in der Breite oder größere Straßenbauprojekte zu planen und auszuführen.
Neben der Darstellung der erfolgreichen Lobbystrategien und der Interessenverquickungen der Entscheidungsträger, der demokratiefeindlichen Aushebelung der Parlamentsrechte und Geheimniskrämerei, liefern die Autoren auch fundierte volkswirtschaftliche Analysen, etwa zur Frage, ob eine privatwirtschaftliches, kapitalgedecktes Rentensystem wirklich besser ist als ein Umlagesystem.
Dieses detailreiche und fundierte Werk, kann ich allen empfehle, die mehr über die Interessen der Akteure und den aktuellen Stand des Privatisierungsprojekts wissen wollen.
[6.9.2017]