Der österreichische, von der Mitte und von „links“ heftig angefeindete alternative Fernsehsender Auf1 hat jüngst sein Publikum um Hilfe gebeten, weil ihm sein einziges Bankkonto in Ungarn zu Ende April gekündigt worden ist. Wie das Magazin profil voller freudiger Häme berichtet, hat der „Verschwörungssender“ kein alternatives Spendenkonto, weil er aufgrund dutzender Absagen von Banken kein Konto in Österreich oder anderen EU-Ländern bekommen konnte. Gelingt dies weiter nicht, muss der Sender dichtmachen.
Diejenigen aus dem vermeintlich linken Lager, die so etwas beklatschen, sind – mit Verlaub – dumm und geschichtsvergessen. Solche totalitären Instrumente können gegen jeden eingesetzt werden, und sie werden es, auch wenn momentan das politisch gegnerische Lager dran ist.
Auch in Deutschland gibt es kaum noch ein spendenfinanziertes regierungskritisches Medium, das nicht mit Kontenkündigungen zu kämpfen hatte oder hat. Auch hier sind die meisten – aber nicht alle – aus dem rechten Lager, weil das linke die Regierungskritik weitgehend eingestellt hat.
Mir berichten Leser davon, dass Überweisungen an bestimmte politische Parteien oder kritische Medien nicht ausgeführt werden, oder dass ihnen daraufhin das Konto gekündigt wird. Aktuell berichtet mir ein Leser, dass ihm die Comdirect Bank (eine Marke der Comnmerzbank) ohne Begründung mit zweimonatiger Frist das Konto gekündigt hat. Das Schreiben liegt mir vor. Er kann sich nicht erklären, warum die Bank das getan hat. Er vermutet, es könnte daran liegen, dass er keine Kredite oder sonstige Bankdienste in Anspruch nimmt und zu viel Bargeld abhebt, um möglichst oft bar zu bezahlen. Weder die Häufigkeit der Abhebungen, noch die Bargeldmenge scheint jedoch – nach meinen Maßstäben – außergewöhnlich und verdächtig hoch.
In den USA dreht der Wind
In den USA, wo die Rechten als bisher bevorzugte Opfer des sogenannten „Debanking“ nun den Präsidenten stellen und an der Regierung sind, hat sich seither der Wind gedreht. Die größte Bank, JPMorgan Chase, hat laut Reclaim the Net einer Änderung der Geschäftspolitik zugestimmt, die Kunden vor der Verweigerung von Bankdienstleistungen aufgrund ihrer politischen oder religiösen Ansichten und Äußerungen schützen soll. Herbeigeführt hat diesen Sinneswandel die Bürgerrechtsorganisation Alliance Defending Freedom. Die Bank wendet damit einen entsprechenden Aktionärsantrag auf der Jahreshauptversammlung ab. Dabei hat JPMorgan Chase bisher hartnäckig bestritten, dass es solche Praktiken gegeben hat.
Zu den Fällen, die Alliance Defending Freedom aufführt, gehören Kontenkündigungen durch JPMorgan Chase für die konservativen Gruppen Defense of Liberty und Arkansas Family Council und für das Nationale Komitee für Religionsfreiheit, jeweils ohne Begründung.
Der Vorsitzende des Bankenausschusses im US-Senat, Tim Scott, hat mit anderen Senatoren einen Gesetzesantrag eingebracht, der eine mutmaßliche regulatorische Ursache der üblen Praxis beseitigen soll. Diese Ursache sieht er in Regeln für die Begrenzung des „Reputationsrisikos“ der Banken. Die Banken sind verpflichtet, Gefahren für ihr Ansehen in der Bevölkerung und damit indirekt ihre Stabilität soweit möglich zu reduzieren. Wenn Gruppen, die ihren Kunden feindlich gegenüberstehen, eine Kampagne in der Öffentlichkeit fahren, dass die Bank keine Geschäfte mit solch bösen Kunden machen dürfe, neigen sie deshalb zu der reputationsschonenden Maßnahme, die betreffenden Konten zu kündigen. Senator Scott sagte zu seinem Gesetzesvorschlag:
„Es ist offensichtlich, dass die Bundesaufsichtsbehörden das Reputationsrisiko missbraucht haben, indem sie eine politische Agenda gegen legale Unternehmen verfolgten. Diese Gesetzgebung, die alle Verweise auf das Reputationsrisiko in der Regulierungsaufsicht beseitigt, ist der erste Schritt, um das Debanking ein für alle Mal zu beenden.“
Entsprechende Regeln zur Minderung des Reputationsrisikos für Banken gibt es auch in Europa. Denn sie werden international in Gremien wie denen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich oder der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) vereinbart und dann in nationales Recht bzw. EU-Recht umgesetzt. Hier gibt es bisher kaum Bestrebungen, gegen unbegründete Kontenkündigungen und deren Ursachen vorzugehen. Eine Ausnahme bildeten Bestrebungen der österreichischen FPÖ, mit denen sie aber in den letztlich erfolglosen Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP nicht durchdrang.
Präsident Donald Trump klagt unterdessen gegen die Großbank Capital One, weil sie 2021 seiner Firma Revocable Trust aus politischen Gründen mit Zweimonatsfrist hunderte Konten gekündigt habe, auf denen sich Guthaben von mehreren Millionen Dollar befanden. Trumps Frau Melania hatte im Oktober 2024 in einem Interview berichtet, dass ihre Bank ihr nach dem Auszug aus dem Weißen Haus das Konto gekündigt habe. Nun, da die Trumps wieder das Weiße Haus bewohnen, haben sich die Machtverhältnisse wieder geändert und Banken wie JPMorgan Chase arrangieren sich damit, so wie sie es gewohnt sind und immer schon getan haben.
Fazit und Empfehlung
Es gibt Grund zu der Erwartung, dass Gesetze und Praktiken, die die Kunden vor Bankenwillkür schützen, sich von den USA auch nach Europa ausbreiten werden, und sei es nur, weil die braven Europäer nicht länger die üble Praxis hinnehmen, wenn sie sehen, dass es sich um eine politische Entscheidung handelt, ob so etwas stattfindet, oder nicht.
Um das Reputationsrisiko auszuschalten, würde ja eine Regelung genügen, wonach die Banken gar nicht das Recht haben, Kunden aus weltanschaulichen Gründen abzulehnen. Dann würden entsprechende Kampagnen ins Leere laufen.
Bis es hoffentlich irgendwann soweit ist, dass die totalitäre Praxis auch bei uns abgestellt wird, und die Banken legitime Gründe angeben müssen, wenn sie ein Konto kündigen oder gar sperren, sollte man Vorsichtsmaßnahmen treffen. Wer zwei Monate Zeit bekommt, hat zwar viel Mühe und Ärger, aber es lässt sich bewältigen. Sehr oft kommt aber auch vor, dass Konten ohne Angabe eines Grundes einfach sofort gesperrt werden. Das ist einer der vielen Fälle, für die sich ein gewisser Bargeldvorrat als Vorsorge empfiehlt. Es kann jeden treffen, denn gegen Fehlschlüsse der eingesetzten Algorithmen oder Überreaktionen von Banken, die wegen Fehlverhaltens unter besonderer Beobachtung der Regulierer stehen, ist niemand gefeit.