Der Bundesrat hat am 17. Oktober eine Stellungnahme zum „Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 2025“ beschlossen. Darin fordert er den Bund auf bald einen Vorschlag für die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Annahmepflicht für Kartenzahlungen bei Geschäften des Alltags vorzulegen. Der Antrag wird neben Union und SPD auch von den Grünen unterstützt. So hat Niedersachsens Finanzminister Gerald Heere die beschlossene Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie zum Anlass genommen, eine Annahmepflicht für digitale Zahlungen in der Gastronomie zu fordern. Er argumentierte, dass eine Entlastung nur dann gerechtfertigt sei, wenn die Branche ihren steuerlichen Pflichten transparent und korrekt nachkomme.
Demgegenüber haben sich 36 Betriebe in Tübingen, die überwiegend Kartenzahlungen annehmen, in einer gemeinsamen Erklärung von August gegen den geplanten Digitalzwang ausgesprochen. Die Unternehmen argumentieren, dass die verstärkte Abhängigkeit von Zahlungsdienstleistern die von Händlern zu tragenden Gebühren für Kartenzahlungen weiter nach oben treiben könnte. Die letzten reinen Bargeldbetriebe würden für Vielfalt sorgen und so vor ungesunden Monopolstrukturen schützen. Besorgt äußern sich die Betriebe über die Abnahme von Geldautomaten und Bankfilialen. So ging die Zahl der Bankzweigstellen in Deutschland 2024 um acht Prozent zurück, 2023 noch um fünf Prozent.
Christoph Werner, Chef der Drogeriekette DM, schrieb am 19. Oktober in einem Beitrag für die ›Wirtschaftswoche‹, Einzelhändler kämen um die Akzeptanz teurer Kredit- und Debitkarten kaum noch herum, »weil immer mehr Geldautomaten verschwinden« würden. Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, Stefan Genth, warnte schon im Oktober 2024, der Bargeldkreislauf drohe zusammenzubrechen, wenn sich das Filialsterben fortsetze. Das EU-Parlament hat aktuell die Chance, die Versorgung von Unternehmen und Bevölkerung mit Bargeld sicherzustellen. Dieses Anliegen trägt die Petition für den europaweiten Schutz des Bargelds in die Politik. Schon fast 250.000 Menschen haben unterschrieben.
Das traditionsreiche Potsdamer Cafe Heider verkündet unterdessen, dass es aus Gründen der steuerlichen Transparenz bei seinen Buffet-Angeboten nur noch digitale Bezahlung akzeptiere. Die Begründung lautet:
„Aufgrund aktueller Hinweise unseres Steuerberaters sowie in enger Abstimmung mit den geltenden Vorschriften zur ordnungsgemäßen Kassenführung (GoBD, Kassensicherungsverordnung, Geldwäschegesetz) sind wir verpflichtet, die Zahlungsabwicklung unserer Buffetangebote transparenter zu gestalten. Da Bargeldzahlungen bei Selbstbedienungs-Buffets nachweislich nicht vollständig kontrollierbar sind, haben wir uns entschlossen, ab sofort beim Brunch-Buffet ausschließlich bargeldlose Zahlungen (EC-/Kreditkarte, Apple Pay, Google Pay) zu akzeptieren.“
Es ist nicht klar, worin die Besonderheit von Buffetangeboten liegt, die es besonders schwierig macht, die extrem strengen Vorschriften für die Dokumentation der korrekten Kassenführung zu erfüllen. Kundige Hinweise (keine Vermutungen) werden gern entgegengenommen.
Dank: Ich durfte Teile eines Textes von Hakon von Holst für diesen Beitrag verwenden.
Nachtrag 1 (24.10.): zur Barzahlung am Buffet
Ein Experte übersandte mir folgende – etwas schockierende – Erklärung dafür, dass Gastwirte Probleme mit der Steuer befürchten müssen, wenn sie ein Buffet anbieten und Gäste bar bezahlen:
„Bei dem Buffetangebot des Potsdamer Cafes geht es um die Beweispflicht gegenüber dem Finanzamt. Sobald eine Barkasse geführt wird ist es bei Betriebsprüfungen seitens des Finanzamts beliebt, selbst bei ordnungsgemäßer Kassenführung eigene Berechnungen bzw Behauptungen aufzustellen, die zu höheren Einnahmen führen. Die Beweispflicht gegen solche Vermutungen/Unterstellungen liegt beim Unternehmen. Im Falle eines Selbstbedienungsbuffets kann der Betrieb diesen Beweis kaum über die verzehrte Menge im Verhältnis zum Wareneinkauf und Personenzahl erbringen. Die Folge können schmerzhafte Nachschätzungen sein, egal ob tatsächlich Einnahmen nicht verbucht wurden. Die vom Café jetzt gewählte ausschließlich bargeldlose Zahlung verhindert, dass unterstellt wird, Bareinnahmen nicht versteuert zu haben.“
Nachtrag 2 (24.10) zum Abstimmungsverhalten im Bundesrat
Von der BSW-Fraktion in Brandenburg erfuhr ich, dass die dortige Landesregierung (SPD, BSW) wegen des Einspruchs des BSW der Forderung nach Verpflichtung von Gaststätten zur Annahme digitaler Zahlungen nicht zugestimmt hat (Enthaltung). Grund für den Einspruch seien Bedenken hinsichtlich der baldigen Umsetzbarkeit und der Auswirkungen auf die Bargeldnutzung. Wie sich die Thüringer Landesregierung, an der das BSW ebenfalls beteiligt ist, positioniert hat, konnte ich noch nicht in Erfahrung bringen. Dies werde ich gegebenenfalls hier nachreichen. Bei Interesse bitte gelegentlich nachschauen.