Im Berufungsverfahren vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel um die von mir begehrte Möglichkeit, den Rundfunkbeitrag mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel zu bezahlen, hat der Hessische Rundfunk (HR) am 28. März seine Erwiderung auf unsere Berufungsbegründung eingereicht. Das Verwaltungsgericht Frankfurt hatte meine Klage abgewiesen. Im Folgenden dokumentiere ich eine verkürzte und zur besseren Lesbarkeit leicht editierte Version der von meinem Anwalt, Carlos Gebauer, verfassten Replik auf den HR. Die vollständige Replik ist hier.
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1.) Die Landesgesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland haben keine verfassungsrechtliche Kompetenz zur Änderung des bundesgesetzlichen Geldrechtes. Auch ein staatsvertragliches Zusammenwirken aller Bundesländer zur Schaffung von Rundfunkrecht kann eine solche Kompetenz nicht begründen.
2.) In Ermangelung eigener geldrechtlicher Kompetenz können die Bundesländer landesrechtlich handelnde Körperschaften auch nicht rechtswirksam ermächtigen, qua Satzungsrechtes von bundesgesetzlichen Normen abzuweichen. Soweit der Bundesgesetzgeber einen von ihm selbst formulierten Grundsatz des förmlichen Bundesrechtes (§ 14 I S. 2 BBankG) in Einzelfällen wie beim Kraftfahrzeugsteuergesetz modifiziert hat, so zeigt dies zweierlei: Zum einen, daß er die Notwendigkeit gesehen hat, zur Bestimmung einer Ausnahme tätig werden zu müssen. Zum anderen, daß ihm bewußt ist, derartige Ausnahmen auch nur selbst anordnen zu können.
3.) Die höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Frage ist bemerkenswert eindeutig. Der Bundesgerichtshof formuliert:
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Geldschulden sind nach der gesetzlichen Regelung grundsätzlich durch Barzahlung zu erfüllen.
(BGH Urt. v. 20. Mai 2010, Xa ZR 68/09, Tz 29)
Das Bundessozialgericht hat zur Frage der Begleichung von öffentlich-rechtlichen Beitragsschulden im Besonderen ebenfalls Grundlegendes ausgeführt:
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… [Der] ‚Vorbehalt des Gesetzes‘ … gilt … auch für das dem jeweiligen Leistungsbereich zugeordnete Beitragsrecht, zumal das gesamte Beitragsrecht durch die Auferlegung von Lasten geprägt ist und der Gesetzesvorbehalt den Bürger vor allem davor schützen soll, daß ihm solche Lasten von der Verwaltung ohne eine gesetzliche Grundlage auferlegt werden.
(BSG Urt. v. 11. Dezember 1987, 12 RK 40/85, Tz 18)
Zugleich stellt das Bundessozialgericht klar, daß es nicht in Betracht kommt, in die gesetzliche Regelung kraft Richterrecht einzugreifen – selbst wenn sie aus Verwaltungssicht in Massenverfahren Probleme bereiten:
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„Insoweit Abhilfe zu schaffen, muß vielmehr dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben.
(BSG a. a. O. Tz 31)
4.) Selbst wenn der Bundesgesetzgeber (und ihm später folgend die Mitgliedstaaten der den AEUV ratifizierenden Vertragsparteien) bei der Formulierung des Bargeldprinzips ungewollt übersehen hätten, den Bundesländern zur Organisation von Massenzahlungsverkehren Regulierungsfreiräume einräumen zu sollen, so würde das für Satzungsermächtigungen geltende Bestimmtheitsgebot noch immer erfordern, daß der Satzungsgeber zu einer derartigen Lückenausfüllung ausdrücklich und spezifiziert ermächtigt wäre. Denn legitimes Satzungsrecht hat nach allgemeinen Grundsätzen auf dem unzweideutigen Boden gesetzlicher Ermächtigung zu stehen. Für eine solche Ermächtigung des Beklagten zur Modifikation bundesgesetzlichen Geldrechtes durch Staatsvertrag ist jedoch von ihm selbst nichts vorgetragen, von der angefochtenen Entscheidung nichts ausgeführt und im übrigen auch sonst nichts ersichtlich. § 9 II Nr. 2 RBStV ermächtigt den Beklagten wörtlich, „die Einzelheiten des Verfahrens zur Leistung des Rundfunkbeitrages“ zu regeln. (…) Würde die erteilte Befugnis zur Bestimmung der „Einzelheiten des Verfahrens der Leistung“ des Beitrages den Beklagten tatsächlich ermächtigen, die Beitragszahlungsmittel gänzlich frei selbst zu bestimmen, so wäre er – konsequent zuende gedacht – auch berechtigt, nur die Zahlung mittels einer bestimmten Kreditkarte eines von ihm ausgewählten Anbieters oder einen spezifischen Zahlungsdienstanbieter als Dienstleister anzuordnen.
6.) Die Annahme, der Bundesgesetzgeber könnte bei seinen das Geldrecht betreffenden Normierungen seit dem Jahre 1956 über Jahrzehnte hinweg übersehen haben, daß es in modernen Massengesellschaften auch zahlungstechnisch Massenverkehr gibt, ist – bei allem Respekt – ersichtlich abwegig. Der Bundesgesetzgeber ist nicht nur durch die (diesseits umfänglich zitierte) Bundesbank bestens beraten; er kennt selbstverständlich die ihren Standpunkt zum Barzahlungsrecht seit Jahrzehnten ausdrücklich aufrechterhaltende Judikatur des Bundesgerichtshofes zu Geldzahlungsschuld und Geldtilgungsrecht; er hat einschlägige Gesetze selbst formuliert, einen Ausnahmetatbestand für das Kraftfahrzeugsteuergesetz geschaffen und er hat supranationales Geldrecht in Zeiten globaler geldrechtlicher Krisen ratifiziert. Nichts, aber auch gar nichts, spricht dafür, daß er mit seinem wiederholten Bekenntnis zur Bedeutung des Bargeldes als primärem Zahlungsmittel zur Geldschuldtilgung eine unbedachte Lücke im Gesetz belassen haben könnte, die nun ohne wirksame Ermächtigung dazu durch Anstaltssatzung geschlossen werden müßte oder gar im Wege richterrechtlicher Analogien, Reduktionen und Extensionen dürfte.
7.) Die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat nicht ohne Grund die einseitige Einschränkung von Zahlungsmitteln durch Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen als gerade deswegen unwirksam bezeichnet, weil eine solche Einschränkung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren ist. Wenn aber schon im Rahmen von privatrechtlichen Lebensverhältnissen, in denen prinzipiell Vertragsabschlußfreiheit herrscht, die einseitig vorgegebene Eingrenzung von Zahlungsmitteln illegitim ist, so muß dies erst recht für solche Lebenszusammenhänge gelten, in denen der beitragsrechtliche Geldzahlungsschuldner öffentlich-rechtlich verpflichtet wird und keine Handhabe hat, sich seiner Zahlungsschuld zu entziehen. Kurz: Je unbedingter die Pflicht zur Zahlung, desto unbedingter das Recht des Schuldners, auf das primäre Geldschuldtilgungsmittel Bargeld zurückgreifen zu dürfen.
III.
3.) Zuzugestehen ist der Berufungserwiderung immerhin, daß sie mit ihrer nun ganz neuartigen und unorthodoxen Auslegung des § 14 BBankG als eines nur unverbindlichen, innerbehördlichen, rein währungspolitischen Programmsatzes völlig unbetretene Argumentationspfade des bundesdeutschen Geldrechtes beschreitet. Der von ihr im Ergebnis gedanklich experimentell postulierte Mangel jeder Drittwirkung des Bundesbankgesetzes für Geldtransaktionen verfängt indes nicht.
a.) Herrschende Meinung und Lehre, Literatur und Wissenschaft sowie die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes haben § 14 I S. 2 BBankG bislang durchgängig einhellig immer so verstanden, wie hier von dem Kläger dargelegt.
b.) Weil – wie der Beklagte weiter vortragen läßt – „Adressat der Vorschrift“ auch „nur die Bundesbank selbst“ sei, wären konsequent zugleich alle bisherigen Adressaten beispielsweise des § 107 GewO von der Pflicht entbunden, ihre geldwirtschaftlichen Aktivitäten in Euro zu erledigen. Die Aufhebung des singulären Maßstabes „Euro“ für Geldtransaktionen in Deutschland beträfe folgerichtig nicht nur das Notengeld selbst, sondern auch sein buchgeldliches Surrogat. Die Bundesbank könnte also weiter exklusiv Banknoten ausgeben, die – nach Auffassung des Beklagten – aber nur „währungspolitische Befugnis“ hierzu bliebe für den praktischen Zahlungsverkehr ohne Bedeutung. Sogar § 35 BBankG könnte demgemäß aufgehoben werden, weil er sein Substrat verlöre.
c.) Die gegnerische Theorie zu Ende gedacht, erweist sich mithin, daß das exakte Gegenteil dieser revolutionären Hypothese richtig ist. § 14 I S. 2 BBankG ist genau diejenige Bedeutung zuzumessen, die sich entgegen der nun von dem Beklagten vorgestellten Sonderinterpretation aus dem traditionell überkommenen Verständnis ergibt.
4.) Des weiteren sind und bleiben die wiederholten Bezugnahmen des Beklagten auf das Kraftfahrzeugsteuergesetz und die Abgabenordnung gegenstandslos.
Ein Bundesgesetzgeber, der seine eigenen Grundsätze kompetenzrechtlich zulässig modifiziert, legitimiert damit nicht landesrechtliche Satzungsgeber, Bundesrecht zu brechen.
5.) Unzutreffend ist, der Kläger habe nicht dargelegt, was die ratio legis der Bargeldanbindung der Geldordnung durch § 14 I S. 2 BBankG ist. Nur die Verpflichtung aller Banken, bei ihnen eingelegtes Geld (Sichteinlagen) jederzeit in bar auszahlen zu müssen, stellt den in einem Teilreservesystem von Banken faktisch notwendigen letzten Anker gegen die Gefahr einer unkontrolliert übermäßigen Giralgeldschöpfung durch die Kreditinstitute dar. Sollte das Gericht Zweifel haben, diesen geldtechnischen Zusammenhang aus dem bisherigen hiesigen Darlegungen rein faktisch nachvollziehen zu können, wird freundlich um einen entsprechenden richterlichen Hinweis ersucht; in diesem Falle würde der diesbezügliche geldorganisatorische Hintergrund klägerseits noch weiter vertiefend erläutert.
7.) Daß die Landesgesetzgeber mit dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag auch „die Verbesserung der gesamtgesellschaftlichen Akzeptanz“ der Rundfunkfinanzierung angezielt haben mögen, erscheint vorstellbar. Indes wird diesseits als gerichtsbekannt angenommen, daß exakt dieser gesetzgeberische Zweck mit dem Regelwerk gerade nicht hat erreicht werden können. Nie war die Rundfunkfinanzierung durch Zwangsbeiträge so umstritten wie heute. Nie gab es mehr Kritik an dem System. Sofern die Einräumung des gesetzlich gebotenen Rechtes zur Barzahlung einen Beitrag zur Akzeptanzrehabilitation auch des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems insgesamt leisten könnte, wäre dies ein weiteres Argument für den Beklagten, zum Recht zurückzukehren.
8.) Der Kläger will auch nicht – wie der Beklagte ad hominem argumentiert – einen irgend illegitimen „Kampf“ gegen den Rundfunkbeitrag führen. Bei genauer Lektüre aller (!) seiner journalistischen Äußerungen zu diesem Thema wird die dort journalistisch beschriebene Zielstellung geldrechtlicher Art offenbar. In seinem Blogbeitrag „Wie man ganz legal die Rundfunkgebühren spart und dabei die Geldreform voranbringt“ erläutert der Kläger z. B. ausdrücklich seine legitime staatsbürgerliche Sorge im Hinblick auf das praktizierte Teilreservesystem unserer Banken:
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Ich möchte mit anständigem Geld bezahlen können, nicht mit Bankschulden, von denen die Banken fälschlich behaupten, daß man sie jederzeit in richtiges Geld umtauschen kann. Das kann man aber nur, solange es ganz wenige tun. Fragen Sie mal die vielen Holländer und Briten, die dachten, ihr ‚Geld‘ sei bei isländischen Banken auf dem Konto und die dann feststellen mußten, daß sie kein Geld mehr hatten, sondern diese Banken lediglich Schulden bei ihnen. Oder fragen Sie die Zyprer und demnächst vielleicht die Griechen, ob Guthaben auf der Bank wirklich so gut wie richtiges Geld sind. Mein ideales Kampagnenziel ist, daß so viele Menschen auf Barzahlung ihrer Rundfunkgebühren und sonstiger Zahlungen an den Staat bestehen, daß sich der gesetzeswidrige Zustand nicht mehr aufrechterhalten läßt, daß also staatliche und halbstaatliche Stellen das gesetzliche Zahlungsmittel nicht akzeptieren.
9.) Die von dem angefochtenen Urteil angeführte Chance eines jeden Beitragszahlers, Bareinzahlungen auf ein Beitragsabwicklungskonto zu erbringen, mildert die rechtliche Problematik ebenfalls nicht. Die Einzahlung von Bargeld auf ein Konto ist nämlich unausweichlich mit weiteren Kosten für den Einzahler verbunden. Nach den Wertungsentscheidungen des Bundesgesetzgebers (insoweit explizit erkennbar in § 312a IV Nr. 2 BGB) ist deutlich, daß derartige Verweisungen auf anderweitige Schuldtilgungsmethoden tatsächlich nicht statthaft sind. Anders gesagt: Der Gesetzgeber des BGB hat eine erkennbar abweichende Vorstellung von der „Minimalität“ tangierter Vermögensfreiheitsrechte als das von dem Beklagten zitierte Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein.
11.) Es ist nicht die Befugnis der Judikative, in Rechtskreise der Legislative ersatzweise normierend einzugreifen. Ein Gericht darf sich nicht dem von dem Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck eines Gesetzes entziehen, insbesondere nicht seine eigenen Gerechtigkeits- und Ordnungsvorstellungen an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen. Im Gegenteil muß das Gericht die Grundentscheidungen des Gesetzgebers respektieren und den Willen des Gesetzgebers zuverlässig zur Geltung bringen. Eine Interpretation, die im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung den klaren Wortlaut eines Gesetzes und dessen normenhierarchische Struktur hintanstellt, eine Auslegung also, die keinen Widerhall im Gesetz findet und von dem Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder stillschweigend gebilligt wird, ist mit der Bindung des Richters an das Gesetz unvereinbar. Die von dem Beklagten zitierte Judikatur der Verwaltungsgerichte verletzt diese Grenzziehung.
(Gebauer)