Wenn es nach der Berichterstattung der FAZ geht, die als erste vom Abgang des Klaus F. Zimmermann beim Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit erfuhr, dann wurde ihm der Stuhl vor die Tür gesetzt, weil sein Schirmherr Klaus Zumwinkel und dessen Post-Stiftung mit seiner Arbeit unzufrieden waren. Das ist die am wenigsten plausible Variante. Zwei andere sind weit plausibler.
Zimmermann war einmal einer der einflussreichsten deutschen Ökonomen. Er war gleichzeitig Chef des altehrwürdigen Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin und des weniger bekannten Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn. Das IZA habe die Hartz-Reformen wissenschaftlich vorbereitet, rühmte sich etwa Zimmermann. Unermüdlich trommelte er mit seinem Institut für die „Liberalisierung“ des Arbeitsmarktes und gegen Teufelszeug wie den Mindestlohn. Er tat dies 17 Jahre lang mit sehr reichlicher Finanzausstattung von Deutschlands größtem Arbeitgeber, der Post und in enger Kooperation mit dem Ex-Postchef Klaus Zumwinkel, für den er 1998 das IZA gründete und seither leitete.
Den Job beim DIW gab Zimmermann 2011 auf. Es gab Stress wegen Reisekosten und vor allem wegen Zimmermanns großer Begeisterung für Washington, wohin er gern und oft fuhr. Ein von ihm gegründeter Washingtoner Ableger des DIW kostete viel Geld, ohne dass allen so recht einsichtig war, was das dem DIW konkret brachte. Wer die Gründe für sein damaliges Ausscheiden allerdings allzu deutlich beschrieb, der musste mit Post vom wohl klagefreudigsten Institutschef Deutschlands rechnen. Auch wer das IZA des Arbeitgeberlobbyismus beschuldigte, wurde verklagt, darunter „Stern“ und „FAZ“. Die Arbeitnehmervertreter im Post-Aufsichtsrat scheinen lange Jahre keine Notiz vom Treiben des von ihrem Haus so großzügig finanzierten Instituts genommen zu haben.
Nun dürfte der streitbare Ökonom zwei Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze ausgerechnet über diese Klagefreudigkeit gestolpert zu sein. Das IZA teilte mit, die Post Stiftung habe beschlossen, sich von Zimmermann zu trennen und seine Förderung künftig auf zwei Institute zu verteilen. Das hat einen Hintergrund, der gut ein Jahr zurückliegt. Ende 2014 war Zimmermanns Rechtsstreit mit dem Publizisten Werner Rügemer in die breite Öffentlichkeit geraten. Der IZA-Chef wollte Rügemer unter anderem untersagen lassen, die wissenschaftliche Unabhängigkeit des IZA in Zweifel zu ziehen. Die unangenehme Publicity führte dazu, dass sich Anfang 2015 der Aufsichtsrat der Post mit dem IZA beschäftigte. Zimmermann stellte im Frühjahr 2015 seine zuvor sehr intensive negative Kommentierung des Mindestlohns ein und äußerte sich fortan praktisch nicht mehr zu heiklen Fragen der Arbeitsmarktpolitik.
Zum 1. März 2016 verliert er nun seinen Job. Das IZA wird aufgespalten in ein neues „Behavior and Inequality Research Institute“, das der renommierte Bonner Verhaltensforscher Armin Falk leiten soll, sowie ein „neu ausgerichtetes IZA“.
Es gibt zwei plausible Hypothesen, warum das nötig wurde. Dass Zumwinkel plötzlich die Arbeit seines langjährigen Weggefährten nicht mehr schätzte, gehört nicht dazu. Trotz des langen Vorlaufs hat man sich offenkundig noch nicht auf eine gesichtswahrende Fortsetzung der Zusammenarbeit einigen können. „Derzeit laufen noch Gespräche zwischen dem Präsidenten des IZA und Herrn Prof. Dr. Zimmermann, wie die Fortführung der Zusammenarbeit auch aus der Position einer Gastprofessur an einer namhaften – wahrscheinlich – US‐Universität gestaltet werden kann“, heißt es wenig schmeichelhaft in der Presserklärung des IZA.
Eine Hypothese ist, dass der Aufsichtsrat der Post auf Betreiben der Arbeitnehmervertreter Zumwinkel mit der Drohung des Mittelentzugs nötigte, etwas zu unternehmen. Eine andere ist, dass es um die Gemeinnützigkeit des IZA nach altem Zuschnitt vielleicht doch nicht so gut bestellt war, wie das Institut immer versicherte.
Zwei Texte, die ich dazu im November 2014 und im Januar 2015 schrieb, erklären, warum diese beiden Hypothesen plausibler sind, als die Erklärung der FAZ. Auf jeden Falls ist Zimmermanns Abgang und die Restrukturierung des IZA ein schöner Sieg der Arbeitnehmerinteressen über die heimliche, wissenschaftlich verbrämte Arbeitgeberlobby.
Das Forschungsinstitut IZA wehrt sich vor Gericht gegen den Vorwurf der Parteilichkeit.
November 2014. Der Direktor des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) wird nicht müde zu betonen: „Der deutsche Mindestlohn braucht unabhängige Evaluation.“ Klaus F. Zimmermann meint damit natürlich auch sein eigenes Institut, das zu den forschungsstärksten und einflussreichsten in Europa zählt.
Es stellt sich auf seiner Website als „privates, unabhängiges Wirtschaftsforschungsinstitut“ vor. Verständlich, dass Zimmermann keinen Spaß versteht und vor Gericht geht, wenn jemand ihm und seinem Institut die Unabhängigkeit öffentlich abspricht. Er sieht aktuell eine Kampagne der „linksradikalen Bloggerszene“, die versuche, „das IZA als eine Art Lobbyorganisation des Großkapitals zu diffamieren“.
Dem Magazin „Stern“ ließ das IZA gerichtlich verbieten, es als „Lobbygruppe“ zu bezeichnen. Die „FAZ“ musste versprechen, nicht mehr zu behaupten, das Institut erhalte seine Mittel von einem einzigen wirtschaftsnahen Geldgeber, der Deutsche Post-Stiftung. Ein weiterer Prozess um einen Text aus dem Monat August 2013 zieht sich allerdings hin. Der Publizist Werner Rügemer hatte über „die unterwanderte Demokratie“ in zwei Medien publiziert – und dabei das IZA genannt.
Autor Rügemer weigerte sich, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterschreiben, wonach er nicht mehr behaupten werde, das IZA bezeichne sich faktenwidrig als unabhängig, von freier Wissenschaft könne beim besten Willen nicht die Rede sein und das IZA betreibe Lobbying. Auch den Eindruck, das IZA informiere nicht über seine Finanzierung, soll er nicht mehr erwecken. Die „Blätter für deutsche und internationale Politik“ unterschrieben eine Unterlassungserklärung. Die „Neue Rheinische Zeitung online“ blieb dagegen standhaft – und ist deshalb neben Rügemer Beklagte.
Nachdem Rügemer zu Protokoll gegeben hatte, er habe nicht zum Ausdruck bringen wollen, dass das IZA Gefälligkeitsgutachten erstelle oder Vorgaben Dritter folge, und für künftige Äußerungen eine entsprechende Klarstellung versprochen hatte, schlug die Richterin einen Vergleich vor. Sie stufte dabei die ersten beiden Äußerungen als zulässige Meinungsäußerungen ein.
Das IZA lehnte ab; auch ein zweiter Gerichtstermin im Oktober brachte keine Einigung. Eine Entscheidung des Gerichts wird Ende November erwartet.
Zimmermann selbst ist nicht unschuldig am Eindruck, das IZA sei arbeitgebernah. In einer Broschüre zum 15. Geburtstag des Instituts betont er im Vorwort, dass das IZA „auf Initiative des größten deutschen Arbeitgebers, der Deutschen Post“, gegründet wurde. Während das IZA in der Klageschrift schreibt: „Die Klägerin verfolgt keine institutionelle politische Linie oder nimmt als Institution keine politische Position ein“, scheint die Jubiläumsbroschüre dies zu widerlegen. Dort berichtet das IZA, wie es seine wirtschaftspolitischen Vorstellungen durchgesetzt habe. Zum Beispiel: „Mitte 2003 unterzeichneten auf Initiative des IZA rund 300 namhafte Ökonomen vor dem Hintergrund der Debatte um die von der damaligen Bundesregierung initiierte Agenda 2010 einen öffentlichen Aufruf mit dem Ziel, die Reformkräfte breit zu unterstützen.“ Mehr noch: „Das IZA nutzt darüber hinaus gezielt auch die Medien, um seine Auffassungen und Empfehlungen zu Gehör zu bringen und Aufgaben der Politik zu benennen.“ Mit dem scheinbaren Widerspruch konfrontiert, erklärt das Institut: „Das IZA verfolgt keine institutionelle Linie oder politische Tendenz wie etwa eine Partei. Das IZA ist parteiunabhängig und nur der Wissenschaft verpflichtet.“
Die Hinweise des Instituts auf seinen wichtigsten Förderer sind ausbaufähig. In der Broschüre „IZA Compact“ mit Forschungsergebnissen und wirtschaftspolitischen Positionen findet sich erst seit September im Impressum ein Hinweis. Das IZA betont auf Nachfrage, die Einfügung habe nichts mit dem laufenden Prozess gegen Rügemer zu tun. Bei einer an wirtschaftspolitische Entscheidungsträger gerichteten Reihe, der „IZA World of Labor“, gibt es in den gedruckten Produkten keinen Hinweis auf den Geldgeber. Dabei hat das Institut Richtlinien für Forschungsintegrität erlassen. Interessenkonflikte sind danach nach Möglichkeit zu vermeiden. Falls das nicht machbar sein sollte, sind alle relevanten Informationen offenzulegen.
Auf Nachfrage erklärt das IZA, es bestehe „kein Interessenkonflikt, auf den hingewiesen werden müsste, weil die Förderung der Deutsche Post-Stiftung im Rahmen der Wissenschaftsförderung und ohne jegliche inhaltliche Auflagen erfolgt“.
An Institute, die ihr Geld von den Gewerkschaften bekommen, legt Zimmermann strengere Maßstäbe an. Direktor Gustav Horn sagt über sein von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung finanziertes Institut für Makroökonomie, dass „wir jederzeit nachweisen können, dass wir wissenschaftlich unabhängig sind“. Klaus F. Zimmermann aber stellt auf der IZA-Homepage lapidar fest: „Bekanntlich vertritt Herr Horn ein gewerkschaftsnahes Institut und ist deshalb parteilich.“
Zumwinkels forsche Forscher
Januar 2015. Gemeinnutz ist nicht der erste Gedanke, der einem beim Namen Klaus Zumwinkel in den Sinn kommt, seit der ehemalige Post-Chef wegen Steuerhinterziehung aus dem Amt gedrängt und verurteilt wurde. Und doch leitet der gefallene Ex-Manager aus dem selbst gewählten Exil in Italien und London eine millionenschwere gemeinnützige Stiftung und sitzt als Präsident einem einflussreichen Wirtschaftsforschungsinstitut vor, das ebenfalls gemeinnützig ist. Schon als aktiver Post-Chef hatte Zumwinkel, in ungewöhnlicher Personalunion, die von ihm 1998 geschaffene Post-Stiftung geleitet. Offiziell gibt es nicht viel mehr über diese herauszufinden als eine Postadresse. Und dann gibt es noch ein „Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit“ (IZA), das auf seiner Website mitteilt, dass es ein „privates, unabhängiges Wirtschaftsforschungsinstitut“ sei, das von der Post-Stiftung gefördert werde und Zumwinkel zum Präsidenten habe.
Die Deutsche Post verweigert zunächst jede Auskunft über die „eigenständige gemeinnützige Stiftung“ und die Höhe ihres finanziellen Engagements. Nach Hinweis auf eine im Geschäftsbericht 2010 zu findende Angabe bestätigt ein Sprecher, dass die Stiftung im Rahmen einer bis 2022 laufenden Schenkungsvereinbarung ein viertel Promille der Umsatzerlöse oder ein drittel Promille des Personalaufwands des Post-Konzerns erhält. Bemessen werde die Schenkung nach dem Umsatz, was den deutlich höheren Wert ergibt. Der Umsatz von Deutscher Post DHL betrug 2013 rund 55 Milliarden Euro. Es ginge danach um eine jährlichen Stiftungsfinanzierung von derzeit gut 13 Millionen Euro. Zur Frage, wer bei der Post die Verwendung dieses Geldes überprüft, verweist sie auf die Stiftungsaufsicht und jährliche Testate eines Wirtschaftsprüfers.
Die Stiftung hat keine Website und keine gelistete Telefonnummer. Aber unter der Postadresse in der Schaumburg-Lippe-Straße in Bonn firmiert auch das IZA mit seinem Präsidenten Zumwinkel. Das IZA ist mit seinen Schriftenreihen, seinem internationalen Netzwerk von Arbeitsmarktforschern und seinen hochkarätig besetzten und großzügig ausgestatteten Konferenzen für die „IZA Policy Fellows“ in Sachen Arbeitsmarktforschung und – politik sehr einflussreich. Es hat die Hartz-Reformen wissenschaftlich vorbereitet und begleitet. IZA-Direktor Klaus Zimmermann ist medial äußerst präsent, etwa wenn es darum geht, die Gefahren des Mindestlohns darzustellen oder für Arbeitsmarktliberalisierung zu werben.
Für Anfragen an die Stiftung verweist die IZA-Telefonzentrale an den Pressesprecher des Instituts. Der verweist an eine Dame mit E-Mail-Adresse „@iza.org“, die für das „Office Management“ der Stiftung zuständig sei. Ihr werden die Fragen gestellt, ob die Stiftung ein Kuratorium habe, ob es zutreffe, dass die Stiftung außer Herrn Zumwinkel, der im Ausland residiert, keine Mitarbeiter habe, und dass die Stiftung nur oder ganz überwiegend das IZA fördere. Das soll der Stiftung ermöglichen, den Verdacht auszuräumen, dass sie nur eine Gelddurchleitungsstation ist, von Deutschlands größtem Arbeitgeber an ein Arbeitsmarkt-Forschungsinstitut.
Antworten auf diese Fragen lehnt die Office Managerin mit dem Hinweis auf ein laufendes Gerichtsverfahren ab. Bei diesem handelt es sich um eine Klage von IZA-Geschäftsführer Zimmermann gegen den Publizisten Werner Rügemer auf Unterlassung verschiedener Behauptungen; unter anderem, das IZA sei nicht unabhängig (Handelsblatt 30.11.2014). Die Urteilsverkündung ist für 30. Januar angesetzt. Die Stiftung ist nicht Partei in diesem Verfahren, aber sie scheint sich sehr mit dem IZA zu identifizieren. Das verwundert nicht, angesichts der scheinbaren 100-prozentigen räumlichen und personellen Überschneidung. Die Office Managerin lässt immerhin wissen: „Die Deutsche Post Stiftung und ihre Organe sowie ihre der Gemeinnützigkeit dienenden Förderungen sind nicht von Unternehmensinteressen geleitet.“ Und: „Vorstand und Kuratorium der Deutsche Post-Stiftung nehmen selbstverständlich … ihre Aufgaben sehr aktiv wahr und diskutieren z.B. mit dem IZA regelmäßig dessen Tätigkeit, jedoch ohne sich in die unabhängige Forschungsarbeit einzumischen.“ Der Vorstand arbeite ehrenamtlich. Auf erneute Nachfrage bestätigt im Auftrag der Stiftung der IZA-Pressesprecher, dass es ein Stiftungskuratorium gebe. Die Namen der Mitglieder gibt er nicht preis.
Auch das IZA ist zugeknöpft. Auf die Frage, ob es zutrifft, dass Herr Zumwinkel einziger Teilnehmer der Gesellschafterversammlungen ist, und ob diese die Finanzierung des Instituts jederzeit einstellen kann, antwortet das Institut: „Ihre Fragen enthalten zu wesentlichen Teilen neben der Sache liegende und teils unzutreffende Unterstellungen … Deshalb besteht keine Veranlassung, zu diesen Fragen erneut Stellung zu nehmen.“ Im Gesellschaftsvertrag des IZA steht, dass jeder Gesellschafter die Gesellschaft jederzeit zum Geschäftsjahresende kündigen kann. Auch den Geschäftsführer können die Gesellschafter danach jederzeit abberufen.
Stiftungschef Klaus Zumwinkel firmiert praktisch seit Gründung von Stiftung und Institut in Personalunion als Präsident des IZA, wobei nicht klar ist, welche Aufgaben und Kompetenzen der IZA-Präsident hat. Der Gesellschaftsvertrag sah vor, weitere Geldgeber für die Trägerschaft des IZA zu gewinnen. Das gelang nicht, oder man überlegte es sich anders. Vorgesehen war auch ein Beirat. Dessen Präsident sollte laut Vertrag den Titel „Präsident“ des IZA tragen. Der Beirat wurde jedoch nie gegründet. Trotzdem führte Zumwinkel den Titel. Erst im April 2014 wurde der Gesellschaftsvertrag dahin gehend geändert, dass der Vorsitzende, der wohl weiterhin nur aus Zumwinkel bestehenden Gesellschafterversammlung des IZA, seither den Titel „Präsident“ trägt.
Das IZA gibt keine Auskunft darüber, wie viel Geld es von der Stiftung bekommt. In der Bilanz für 2012 wird die Entwicklung der Kapitalrückstellungen dargestellt. Darin gibt es den Posten „Andere Zuzahlungen“ in Höhe von 7,5 Millionen Euro und den Posten „Entnahmen“ in annähernd gleicher Höhe. Man kann vermuten, dass dies die Förderung durch die Deutsche Post-Stiftung ist, denn andere Förderer nennt das IZA nicht.
Die mögliche Bedeutung einer möglicherweise durch Zwischenschaltung einer Stiftung nur verwischten engen Verbindung von Post und IZA formuliert Ulrich Müller von der Organisation Lobby Control so: „Wenn sich Aktivitäten des IZA mit Interessen der Deutschen Post überlagerten und die Deutsche Post-Stiftung nur eine leere Hülle wäre, stellten sich Fragen nach der Selbstlosigkeit und damit der Gemeinnützigkeit der gesamten Konstruktion.“ Im deutschen Recht ist die Selbstlosigkeit ein grundlegendes Kriterium für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Wenn das IZA nicht gemeinnützig wäre, dürfte die gemeinnützige Stiftung es nicht institutionell fördern. „Kritisch ist auch die Intransparenz der Deutsche Post-Stiftung“, ergänzt Müller: „Es ist nicht erkennbar, ob außer dem IZA und der Universität Bonn, die eng mit dem IZA kooperiert, noch andere Institutionen gefördert werden, was der genaue Auftrag in der Satzung ist und wie Entscheidungen gefällt werden.“
Man darf wohl tatsächlich fragen: Würde ein Institut als gemeinnützig anerkannt, wenn es direkt oder nur über eine etwaige Gelddurchleitungsstiftung vom größten deutschen Arbeitgeber finanziert würde und sich zur Aufgabe machte, „eine politische Kurskorrektur für Deutschland“ vorzuzeichnen und dabei „Empfehlungen zur Reform der Arbeitslosenversicherung, zur Modernisierung der Tarifautonomie, zur Arbeitsmarktflexibilisierung und anreizorientierten Sozialstaatsreform nach dem Workfare-Prinzip“ zu geben. Das Zitat stammt nicht aus dem „Gegenstand der Gesellschaft“, die Basis für die Zuerkennung der Gemeinnützigkeit war, sondern aus der Broschüre „15 Jahre IZA“, in welcher Direktor Zimmermann über Tätigkeit und Erfolge berichtet.
Das Finanzministerium in Nordrhein-Westfalen will zu solchen Fragen unter Verweis auf das Steuergeheimnis keine Stellung nehmen, versichert aber, dass die Bedingungen für den Fortbestand des Gemeinnützigkeitsstatus regelmäßig geprüft würden. Das IZA erklärt: „Wissenschaft und Forschung dienen der Beantwortung konkreter Fragen. Eine solche Frage enthält auch die Präambel des Gesellschaftsvertrages des IZA, nämlich, wie Arbeit und Beschäftigung zum Wohl der Allgemeinheit ausgestaltet werden können. Aus Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts verlangt die Allgemeinheit nach Antworten auf solche Fragen.“
Korrekturhinweis: Im ersten Wort nach „weiterlesen“ hieß es zunächst irrtümlich „Zumwinkel“. Dies wurde in „Zimmermann“ geändert.