Für untertänige Griechen und Iren werden EU-Regeln außer Kraft gesetzt

Die neue Großzügigkeit der EU-Kommission in Sachen Eigenbeteiligung gegenüber Griechenland zeigt: Regeln sind in der EU zum Instrument der Disziplinierung unbotmäßiger Wähler verkommen. Nach dem Kniefall von Alexis Tsipras gegenüber Brüssel braucht man sie nicht mehr. Auch die deutschen Wähler dürfen sich auf einiges gefasst machen.

Die EU-Kommission will für Griechenland jahrelang rückwirkend die Regeln für die finanzielle Eigenbeteiligung bei EU-geförderten Projekten dahingehend ändern, dass diese gestrichen wird. Außerdem sollen die 2015 noch nicht abgerufenen Fördergelder schneller ausgezahlt und auch die für die neue Förderperiode ab 2016 schneller und ohne Eigenbeteiligung fließen.

Es ist wohl keine sehr gewagte These, dass dies eine Belohnung für den Kniefall des griechischen Regierungschefs im Juli in Brüssel ist, als er nach nächtlichen Marathonverhandlungen alle Bedingungen der Gläubiger annahm, die sein Volk vorher in einer Volksabstimmung ausdrücklich abgelehnt hatte. Man darf auch vermuten, dass ihm für den Fall, dass er sich weigert in Aussicht gestellt wurde, dass man statt dessen Wege finden würde, künftige Fördergelder in Milliardenhöhe zu blockieren.

Die Syriza-geführte Regierung war mit dem ausdrücklichen Ziel angetreten, Europa zu ändern, die marktorientierte neoliberale Transformation umzukehren, mit überwältigender Unterstützung des griechischen Volkes. Dafür wurde sie mit aller Macht von Brüssel, Frankfurt und Berlin bekämpft. Alle geeigneten Regeln wurden dabei aufs engste gegen Griechenland ausgelegt. Nun, da Tsipras kapituliert hat und unterwürfig ist, werden umgekehrt die Regeln locker ausgelegt, geändert und gebeugt, um es dem Land zu ermöglichen, die ansonsten unmöglich erreichbaren Ziele für die Verbessrung des Haushaltssaldos einzuhalten. Nun fließen plötzlich ungehindert die Brüsseler Milliarden nach Athen.

Es ist natürlich völlig verlogen, einerseits so zu tun, als müsse man im Sinne der deutschen Steuerzahler und der Steuerzahler anderer Gläubigernationen jeden möglichen Euro dem griechischen Schuldner abpressen, ohne Rücksicht darauf, was das für die griechische Wirtschaft und Schuldentragfähigkeit heißt, und dann, wenn Griechenland sich darin fügt, auf anderem Weg genau diese abgepressten Euros und noch mehr nach Athen zurückzugeben. Es ist vielmehr klar, dass es hier nicht um das Geld geht, sondern um die politische Richtung. Darum, dass Wahlen nichts ändern dürfen, wie Schäuble so schön gesagt hat, an der Brüsseler Politik die Staaten finanziell klein zu machen, um sie einerseits zu Privatisierungen zu zwingen, andererseits sie fest ans rüsseler Gängelband der Zuschüsse zu legen.

Mit Irland wurde genauso verfahren. Weil die irische Regierung nach massiver Erpressung durch die europäische Zentralbank tat wie ihr geheißen und die dortigen Banken mit hohen Miliairdensummen rettete und zum Ausgleich die Löhne der Staatsbediensteten kürzte, Personal abbaute und staatliches Vermögen privatisierte, wurde sie belohnt, indem die EZB das Verbot monetärer Staatsfinanzierung einfach ignorierte und die Bank von Irland das Geld drucken ließ, um die Bankenrettung nachträglich mit dem Staat für eine Generation fast geschenktem, frischem Geld zu finanzieren.

Bisher betreffen solche eklatanten Missachtungen des Volkswillens durch eine Brüsseler Politik von Regel-Peitsche und Regel-Zuckerbrot nur kleine periphere Länder, die sich nicht wehren können. Doch die Richtung ist klar. Der nächste Schritt ist Junckers Programm zur Investitionsförderung, weitere Schritte zur direkten und indirekten Gängelung der nationalen Regierungen sind bereits in Arbeit. Die entsprechenden Pläne liegen vor, zuletzt inForm des sogenannten Fünfpräsidentenberichts. In ein paar Jahren, wenn diese Pläne umgesetzt sind, werden dann auch in Deutschland Wahlen nichts mehr ändern. (Wahlen zum Europaparlament natürlich auch nicht. Was hat das Europaparlament schon zu sagen, und was schert es schon die losgelösten Europaparlamentarier, was irgendwelche Wähler in ihren Heimatländern oder sonstwo wollen.)

 

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