Ryanair macht erneut Rückzieher beim Zwang zum Smartphone

1. 09. 2025 | Ursprünglich wollte der irische Billigflieger Ryanair im Mai 2025 nur noch elektronische Tickets auf der Smartphone-App von Ryanair am Gate akzeptieren. Aufgrund von Kundenprotesten wurde das auf November verschoben. Nachdem ein Magazin das irische Gleichstellungsministerium einschaltete, macht die Fluggesellschaft erneut einen Rückzieher.

„Nichts wird mehr auf dem Papier abgewickelt“ hatte Ryanair Chef Michael O’Leary im Oktober 2024 für Mai 2025 angekündigt. Neben den Check-in-Schaltern werde Ryanair ab 2025 auch ausgedruckte Bordkarten auf seinen Flügen eliminieren. „Wir wollen die Flughafenkontrollen abschaffen, so wie wir auch die Gepäckschalter abgeschafft haben. Wir arbeiten darauf hin, dass ab dem 1. Mai alles über die App geschieht und nichts mehr auf Papier abgewickelt wird“, sagte O‘Leary auf der Pressekonferenz.

Ich berichtete am 21. Februar darüber, verbunden mit einem Boykottaufruf, damit das nicht Schule macht. Anfang März kündigte Ryanair an, die Abschaffung der Papiertickets wegen Kundenprotesten auf November zu verschieben.

Das Magazin Ana Logo nahm sich nun, gut einen Monat vorher, des Themas an, und fragte bei Ryanair nach, ob man tatsächlich alte, behinderte und andere Menschen ohne Smartphone derart diskriminieren wolle und wie man das rechtfertige. Die possierliche Antwort lautete zuerst, Menschen ohne Smartphone könnten sich ja von Bekannten und Verwandten aushelfen lassen. So als ob jeder mal so eben sein Smartphone der Großmutter mit in den Urlaub geben würde, damit sie Zutritt zum Flugzeug bekommt.

Nachdem Ryanair aufgehört hatte, auf Nachfragen von Ana Logo zu antworten, wandte sich das Magazin am 28. August an das irische Ministerium für Kinder, Behinderung und Gleichberechtigung, um zu erfahren, was es von der diskriminierenden Neuerung bei Ryanair hält. Danach ging es schnell. O’Leary verkündete schon am nächsten Tag via die Zeitung Independent, dass man es mit der 100-Prozent-Papierlosigkeit nun doch nicht so rigoros handhaben werde, wie angekündigt:

„Wenn Sie Ihr Handy verlieren, ist das kein Problem. Solange Sie vor Ihrer Ankunft am Flughafen eingecheckt haben, stellen wir Ihnen am Flughafen kostenlos eine neue Bordkarte in Papierform aus. Sie müssen jedoch vor Ihrer Ankunft am Flughafen eingecheckt haben.“

Sogar die Gebühr für eine Neuausstellung der Bordkarte von bisher in Großbritannien 20 Pfund wird dafür gestrichen. Natürlich muss man damit rechnen, dass es sich nur um ein Manöver handelt, um die Neuerung ohne große Proteste umsetzen zu können. Später könnte dann die Nachricht kommen, aus Kostengründen werde der Service eingestellt, oder es gibt einfach keinen Schalter mehr, an den man sich wenden kann. Wachsamkeit bleibt gefragt.

Das schnelle Einlenken lässt vermuten, dass dem irischen Gleichstellungsministerium Diskriminierung Alter, Behinderter und anderer durch Smartphonezwang nicht so gleichgültig ist, wie der deutschen Familienministerin Lisa Paus und den Gleichstellungsbeauftragten der Ministerien, insbesondere des Verkehrsministeriums. Von diesen war noch nie etwas zu hören, wenn die Bahn und die Post Menschen ohne Smartphone diskriminieren.

Ana Logo hatte mich für den geplanten Bericht um eine Stellungnahme zu den Plänen von Ryanair gebeten. Diese fiel aufgrund der geänderten Sachlage unter den Tisch. Sie lautete folgendermaßen:

„Das Vorgehen von Ryanair diskriminiert alte und behinderte Menschen, die nicht mit Smartphones umgehen können, sowie Menschen, die kein Überwachungsgerät mit sich tragen wollen. Das Unternehmen nimmt dies für geringfügige Einsparungen billigend in Kauf, weil es sich ausrechnet, dass es dadurch nur wenig Geschäft verliert. Es wäre schön, wenn sich möglichst viele Menschen mit der diskriminierten Minderheit solidarisch zeigen würden, indem sie bei Ryanair protestieren, oder die Dienste dieser Gesellschaft mit ihrem skrupellosen Management nicht mehr in Anspruch nehmen.“

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