Die Anklage von Magdeburg

22. 12. 2024 | Das grausame Attentat von Magdeburg ist eine Anklage: Eine Anklage gegen Staatsanwaltschaften, Verfassungsschutz, das Migrationsamt und die weisungsbefugten Minister und gegen den, der sie alle gewähren ließ. Wir dürfen nicht aus Pietät zulassen, dass die Mitverantwortlichen für dieses vermeidbare Massaker sich unter Zusammenhalte-Appellen wegducken und alles beim Alten bleibt.

Taleb al-Abdulmohsen, ein Saudi-Araber mit Asylrecht in Deutschland, der seinen Zehntausenden Followern auf der Plattform X.com mehrfach seine Absicht signalisiert hat, in Deutschland einen Terroranschlag zu begehen, und vor dem sein Heimatland die deutschen Behörden mehrfach gewarnt haben soll, ist am 20. Dezember mit einem Auto in den Magdeburger Weihnachtsmarkt gerast, hat mindestens fünf Menschen getötet und über 200 zum Teil schwer verletzt.

Das Landeskriminalamt in Magdeburg und das Bundeskriminalamt kamen 2023 in einer Gefährdungsbeurteilung unter Beteiligung des Landesamts für Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt zu dem falschen Ergebnis, dass von dem Mann „keine konkrete Gefahr“ ausgehe. Saudi-Arabien soll  die deutschen Behörden 2023 und 2024 mehrfach auf bedrohliche Äußerungen al-Abdulmohsens in den sozialen Medien aufmerksam gemacht haben. Diese hatten es in sich. Er postete unter anderem im Frühjahr (auf Englisch):

„Ich gehe fest davon aus, in diesem Jahr zu sterben. Der Grund: Ich werde für Gerechtigkeit sorgen, egal was es kostet. Und die deutschen Behörden blockieren alle friedlichen Wege zur Gerechtigkeit.“

Der Post wurde der Plattform X.com gemeldet und gelöscht, ebenso wie ein Post, in dem er die Veröffentlichung von Versen unmittelbar nach einer geplanten Aktion „Louder Voice“ angkündigte. Diese veröffentlichte er tatsächlich nach der Amokfahrt von Magdeburg.

Allein schon das Profilbild des Attentäters auf X.com, das ein großes Sturmgewehr ziert, wäre mehr als genug Grund mindestens für eine Gefährderansprache, wenn nicht für eine Hausdurchsuchung nach etwaigen Waffen gewesen:

Im englischen Profiltext heißt es: „Saudische Militäroppositon – Deutschland jagt weibliche saudische Asylbewerber, innerhalb und außerhalb Deutschlands, um ihre Leben zu zerstören – Deutschland will Europa islamisieren.“

Dieses schreckliche Verbrechen hätte verhindert werden können und müssen. Es gibt Verantwortliche dafür, dass das nicht geschah. Wir dürfen es nicht zulassen, dass sie nach Weihnachten zur Tagesordnung übergehen. Die Verantwortlichkeit muss aufgeklärt, die Verantwortung übernommen werden. Mit einem Ortsbesuch und einem Gedenkgottesdienst in Magdeburg darf es nicht getan sein.

Im folgenden gestatte ich mir den Tonfall der Anklage, weil es mir nötig erscheint, dass jemand es tut. Zu groß ist weithin die Sorge, der „politischen Instrumentalisierung“ der Tat beschuldigt zu werden, wenn man Verantwortliche bennent. Bis zum Nachweis ihrer Verantwortung müssen die genannten Institutionen und Amtsträger zwar als unschuldig gelten. Aber ihre Schuld oder Unschuld müssen aktiv untersucht werden. Magdeburg darf nicht als tragischer Unfall ohne Schuldige und ohne Konsequenzen abgehakt werden.

Verfassungsschutz schaut in falsche Richtung

Mitverantwortlich ist ein Verfassungsschutz in Bund und Land, der seine Energie darauf verwendet, Tausende Kritiker der Regierenden als „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierer des Staates“ auszuforschen, aber verurteilte Zuwanderer mit öffentlich geäußerten Gewaltphantasien ignoriert oder als harmlos einstuft. Am 29. April 2024 lautete eine Schlagzeile der Bild:

„Verfassungsschutz-Insider packt aus: Wir beobachten Leute, die Grünen-Witze machen – aber nicht Islamisten.“

Über die Prioritäten des Verfassungsschutzpräsidenten Thomas Haldenwang sagte der Insider: „Es gibt ein erklärtes Ziel der Amtsführung, besonders nach dem Regierungswechsel und der Coronakrise: Alle müssen nach rechts blicken. Im Visier sind Delegitimierer, Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker und Coronaleugner“ und „Wir sollen Leute beobachten, die schlechte Witze über Grünen-Politiker machen. Und für Islamisten fehlen dann die Mitarbeiter und die Zeit.“

Thomas Haldenwang hat den Delegitimierungstatbestand eingeführt und intensiv verfolgt, mit Billigung der zuständigen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Er hat sich beurlauben lassen, um bei der Bundestagswahl für die CDU zu kandidieren.

Dieser Inlandsgeheimdienst muss vom Kopf wieder auf die Füße gestellt werden, was bedeutet, dass das Spitzenpersonal, das für den Kopfstand verantwortlich ist, wegen erwiesener Unfähigkeit degradiert oder entlassen wird. Die direkte politische Verantwortung trägt Nancy Faeser. Die indirekte Verantwortung trägt Bundeskanzler Olaf Scholz, der Faeser zur Ministerin berufen hat und billigend zugeschaut hat, wie sie den Verfassungsschutz gegen die politischen Gegner der SPD instrumentalisiert hat.

Dasselbe gilt für das Landesamt für Verfassungsschutz von Sachsen-Anhalt und den für dieses verantwortlichen Minister. Geleitet wird das für Extremismusbekämpfung zuständige Landesamt von Jochen Holtmann. Innenministerin in Sachsen-Anhalt ist Tamara Zieschang (CDU). Deren Chef ist Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU).

Kriminalämter und Staatsanwälte finden Beleidigungen wichtiger

Das Bundeskriminalamt, das Landeskriminalamt, der Generalbundesanwalt und die zuständige Staatsanwaltschaft in Sachsen-Anhalt im Verantwortungsbereich von Nancy Faeser und Tamara Zieschang haben ebenfalls versagt. Präsident des BKA ist seit 2014 Holger Münch, Direktorin des Landeskriminalamts ist Birgit Specht. Wenn man bedenkt, dass Polizei und Staatsanwaltschaften ihre Zeit damit vergeuden, tausendfach harmlose Bürger wegen simpler Politiker-Beleidigung in Social-Media-Posts ohne nennenswerte Reichweite zu verfolgen (nicht unbedingt in Sachsen-Anhalt), dann ist es vielleicht kein Wunder, aber um so weniger zu fassen, dass sie öffentliche Gewaltdrohungen eines Menschen mit Zehntausenden Followern nicht zeitnah und ernsthaft verfolgen können. An der Spitze der Politiker, die ganze Staatsanwaltschaften mit vielen Hundert Beleidigungsklagen von ernsthafter Arbeit abgehalten haben, stehen Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Robert Habeck (Grüne) und Annalena Baerbock (Grüne).

Die Bundesanwaltschaft unter Jens Rommel ist die für Terrorismus zuständige Ermittlungsbehörde. Sie liegt im Zuständigkeitsbereich des Bundesjustizministeriums. Dieses wurde bis vor kurzem geleitet von Marco Buschmann (FDP), seit dem Ampel-Aus von Volker Wissing (vormals FDP, nun parteilos). Möglicherweise ist die Bundesanwaltschaft für ein Tätigwerden darauf angewiesen, dass zunächst die zuständigen Staatsanwaltschaften der Länder einen Verdacht auf terroristische Aktivitäten äußern, sodass die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernehmen kann. Wenn allerdings ein ausländischer Staat vor einem möglichen Terroristen warnt, sollte der Generalbundesanwalt sofort eingeschaltet werden.

Die Staatsanwaltschaft Halle dürfte zuständig für den Wohnort des Täters, Bernburg, sein. Sie ist, wie alle Staatsanwaltschaften in Deutschland, weisungsgebunden. Weisungsbefugt und damit politisch verantwortlich ist Justizministerin Franziska Weidinger (CDU).

Migrationsamt gewährt Straftätern Asyl

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat Taleb al-Abdulmohsen, der seit 2006 in Deutschland lebt, 2016 nach kurzer Prüfung seines Asylgesuchts Asylrecht gewährt. Es störte sich offenbar nicht daran, dass das Amtsgericht Rostock den Mann drei Jahre vorher zu einer Strafe von 90 Tagessätzen wegen einer „Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten“ verurteilt hatte. Hier ist im Zuge der Überprüfung der Asylentscheidung des BAMF auch die Rechtslage zu prüfen. Verurteilte Straftäter sollten in der Regel kein Asylrecht erhalten können. Dass dem Auslieferungsersuchen der Kopf-Ab-Diktatur Saudi-Arabien nicht entsprochen wurde, dürfte in Ordnung sein, da Abgeschobenen dort Folter und Todesstrafe drohen.

Politisch verantwortlich ist das Bundesinnenministerium unter den Ministern (seit 2014) Thomas de Maizière (DCU), Horst Seehofer (CSU) und Nancy Faeser.

Transparenzhinweis: Der Autor ist Mitglied der Partei BSW.

Print Friendly, PDF & Email