Die Ergebnisse der Ipsos-Umfrage bei über 14.000 Beschäftigten in 33 Ländern waren in den Worten des Weltwirtschaftsforums:
„Weltweit würden die meisten Arbeitnehmer eine Impfpflicht unterstützten und wären bereit, sich impfen zu lassen, um ihren Arbeitsplatz zu behalten. Die meisten denken, ihre Kollegen sollen verpflichtet sein, sich impfen zu lassen. Eine Minderheit würde versuchen, die Regeln zu umgehen oder würde kündigen, falls es zu einer Impfpflicht käme.“
Das deckt sich zwar mit der Überschrift des Beitrags: „Majority of workers worldwide back COVID-19 vaccine mandates for the workplace“. Es ist aber in keiner Weise durch die Umfrageergebnisse gedeckt. Gefragt wurde nämlich ganz anders.
Laut der Darstellung durch Ipsos selbst waren die Fragen und damit auch die Ergebnisse deutlich andere:
„Im Durchschnitt über alle Länder stimmen etwa drei von vier beschäftigten Erwachsenen zu, dass sie selbst und die Menschen in ihrem Betrieb vollständig geimpft gegen Covid-19 sein sollten (78%), häufig getestet werden sollten, wenn sie nicht geimpft sind (74%), und in Gemeinschaftsräumen Masken tragen sollten (81%).“
Hier scheint eher etwas wie die 3-G-Regel abgefragt worden zu sein als eine Impfpflicht, noch deutlicher in der Fortsetzung.
„Wenn Arbeitnehmer geimpft werden oder sich häufigen Tests unterziehen müssten, um ihren Arbeitsplatz zu behalten, würden sich etwa sechsmal so viele dafür entscheiden, sich impfen zu lassen, als sich häufig testen zu lassen (68% gegenüber 12% im weltweiten Durchschnitt). Weitere 9% geben an, dass sie versuchen würden, diese Anforderungen zu umgehen, aber dennoch ihren Arbeitsplatz behalten würden, und 5% sagen, dass sie ihren Arbeitsplatz aufgeben oder einen anderen finden würden.
Wenn an ihrem Arbeitsplatz keine Impf-, Test- oder Maskenpflicht bestünde, würde sich nur eine Minderheit der Arbeitnehmer in den meisten Ländern (im weltweiten Durchschnitt 38%) wohl fühlen, wenn sie dort zur Arbeit gehen würde. Wenn es den Arbeitnehmern erlaubt wäre, ohne Maske zu arbeiten, sich häufigen COVID-Tests zu unterziehen oder gegen COVID geimpft zu werden, würden im weltweiten Durchschnitt 31% sagen, dass sie sich unwohl fühlen, aber trotzdem arbeiten würden. 25% sagen, dass sie stattdessen an einem anderen Ort arbeiten würden, und 6% sagen, dass sie ihren Job aufgeben würden.“
So heißt es dann bei Ipsos auch nicht, dass es eine Mehrheit für eine Impfpflicht gebe, sondern nur eine „Große Mehrheit für Covid-19-Controllmaßnahmen“ am Arbeitsplatz.
Nun ist es für eine Unternehmenslobby nicht ungewöhnlich, herausfinden zu wollen, wie die Beschäftigten über verschiedene (mögliche) Covid-Kontrollmaßnahmen denken und wie sie darauf reagieren würden. Aber warum fühlt sich die einflussreichste Unternehmenslobby der Welt berufen, mit der grob verzerrenden Darstellung eines Umfrageergebnisses Propaganda für eine allgemeine Impfpflicht für Beschäftigte zu machen? Das ist keine ernstgemeinte Frage.
Die Bundesaußenministerin wurde übrigens als Auszubildende im Rahmen des Young Global Leaders Programms vom Weltwirtschaftsforum auf Führungsaufgaben vorbereitet.