Ulm ist die Stadt, die während der Coronazeit Spaziergängern Waffengewalt androhte, wenn sie eine eigens für sie an bestimmten Tagen der Woche verhängte FFP2-Maskenpflicht in der Innenstadt missachteten.
Ulm ist die Stadt, deren Politprominenz widersinnigerweise das Grundrecht zum Widerstand gegen rechtswidrige Staatsgewalt für sich reklamierte und dafür mehrfach ein Zitat der Geschwister Scholz fälschte.
Ulm ist auch die Stadt, deren Oberbürgermeister sich und einige seiner Getreuen von einem US-Milliardär darin ausbilden lässt, wie sie „groß angelegte Veränderungen“ in ihrer Stadt (im Sinne ihres Ausbilders) anstoßen können.
Und nun ist Ulm auch noch die Stadt, deren Staatsanwaltschaft dafür gesorgt hat, dass ein Bürger, der einen kaum beachteten, geschmacklosen X-Post abgesetzt hat, in dem er Staatsbedienstete als Parasiten bezeichnete, morgens um sechs in seiner Wohnung von der Polizei aufgesucht wurde. Es ist die Stadt, deren Polizeipräsidium dafür verantwortlich ist, dass er nach der Hausdurchsuchung und Handy-Beschlagnahmung – nach Angaben des Betroffenen – mit auf die Wache genommen wurde, um erkennungsdienstlich behandelt und sogar nach „Blut für Ihre DNA“ gefragt wurde.
Obwohl es sich offenbar um einen noch krasseren Fall von staatsanwaltschaftlichem Machtmissbrauch zur Einschüchterung der Bevölkerung handelt, als den des berühmt gewordenen Rentners Niehoff mit seinem Schwachkopf-Meme, haben bisher als Medien mit Reichweite – soweit ich finden kann – nur Apollo News, die Welt und der Blog tkp.at darüber berichtet. Linke und sogenannte liberale Medien breiten gnädig den Mantel des Schweigens über den mutmaßlichen Justizskandal.
Laut Apollo News lautete der X-Post des Nutzers Sigartis bzw. @Wnschmstr, dessentwegen die Hausdurchsuchung und erkennungsdienstliche Behandlung stattfanden:
„Nein, jeder Mensch der vom Staat finanziert wird zahlt Netto keine Steuern, er lebt von Steuern. Jeder Beamte, jeder Politiker, jeder Angestellte in einem Staatsunternehmen, jeder der vom Staat subventioniert und finanziert wird. Kein einziger Parasit zahlt Netto irgendwelche Steuern.“
Eine reaktionär-libertäre Gesinnung ist nicht strafbar. Der Autor spricht mit dem Post keinen einzelnen Menschen an. Ähnlich wie der Ausspruch „Alle Soldaten sind Mörder“, den das Bundesverfassungsgericht als von der Meinungsfreiheit geschützt beurteilt hat, handelt es sich um eine polemische Auseinandersetzung mit dem Wirken einer größeren, nicht besonders geschützten Bevölkerungsgruppe. Man kann vielleicht – mit Mühe – wegen der Nutzung des abwertenden Begriffs Parasit durch die Nazis zu dem Urteil kommen, dass eventuell doch ein Vergehen vorliegen könnte. Der Kontext des X-Posts und das Profil des Autors machen jedoch leicht erkennbar, dass es sich nicht um einen Nazi, sondern um einen Libertären handelt. Der X-Post ist allerbestenfalls ein Grenzfall, keinesfalls ein besonders schweres und gefährliches Vergehen, das besonders drastisches Vorgehen zur Überführung des mutmaßlichen Autors rechtfertigt.
Nach Angaben des Beschuldigten hat er weder ein Vernehmungs-, noch ein Durchsuchungsprotokoll ausgehändigt bekommen. Nach Angaben seines Anwalts enthält der einseitige Durchsuchungsbeschluss keinen konkreten Tatvorwurf. „Kreise der Staatsanwaltschaft“ behaupteten gegenüber der Welt, der Beschluss habe zwei Seiten gehabt. Pressesprecher lassen sich gern als „Kreise“ anonym zitieren, wenn ihre Institution nicht für das einstehen will, was sie behaupten. Laut Welt ist der Beschluss auf der ersten und mutmaßlich einzigen Seite unterschrieben und beglaubigt.
Wir sind gespannt, wie sich dieser Fall entwickelt, und ob es Staatsanwaltschaft und Mainstream-Medien weiter gelingt, ihn klein und unbemerkt zu halten.
Ein informativer Artikel mit dem Titel „Wann sind Hausdurchsuchungen zulässig?“ ist auf Legal Tribune Online erschienen. Darin erfährt man auch, dass es das mildere Mittel der Durchsuchungsermächtigung mit „Abwendebefugnis“ gibt. Da es bei Durchsuchungen zu Äußerungsvergehen meist vor allem darum geht, die Täterschaft sicher festzustellen, müssten in solchen Fällen eigentlich regelmäßig die Beschuldigten Gelegenheit bekommen, zuzugeben, dass sie eine Äußerung selbst getan haben, und so die Durchsuchung und die Gerätebeschlagnahme abzuwenden.
Ich tue jedenfalls hier schon einmal kund, dass ich anstandslos bereit bin, die Autorenschaft der von mir verfassten Blogbeiträge und X-Beiträge zuzugeben, um eine etwaige Hausdurchsuchung und Gerätebeschlagnahmung abzuwenden.