Das Ergebnis einer summarischen Prüfung des Revisionsantrags der Staatsanwälte durch das Bayerische Oberste Landesgericht könnte kaltes Wasser auf den inzwischen berüchtigten Verfolgungseifer der bayerischen Staatsanwälte gegenüber Kritikern der Regierung schütten. Für diese spielt es keine Rolle, ob jemand Maßnahmen der bayerischen oder der Bundesregierung kritisiert. Obrigkeit ist Obrigkeit. Selbst Kritiker von grünen Regierungspolitikern wurden von ihnen unnachgiebig verfolgt. Im Fall Rosenthal geht es um Kritik an den seinerzeitigen diskriminierenden Corona-Maßnahmen, mit denen Druck aufgebaut wurde, sich mRNA-Behandlungen unterziehen zu lassen. Der Künstler hatte das Bild eines Parfüm-Flackns kreiert und verbreitet, auf dem in Frakturschrift stand „0 Covid – Berlin – Impfen macht frei“.
Das Oberste Landesgericht schreibt in seiner Verfügung vom 4.9., dass für die Beurteilung nach dem hier einschlägigen Grundrecht der Kunstfreiheit die isolierte Betrachtung der Äußerung „Impfen macht frei!“ nicht genügt. Sprachlicher und sonstiger Kontext, einschließlich der Begleitumstände, seien mit einzubeziehen. Bei mehrdeutigen Äußerungen sei die günstigere Deutungsmöglichkeit anzunehmen. In diesem Fall könne die günstigste Auslegung darin bestehen, dass der Angeklagte nicht die Opfer des Nationalsozialismus mit ungeimpften Personen in der Pandemie auf eine Stufe stellen wollte, sondern dass er demokratiewidriges Handeln von Politikern, Medien und Pharmakonzernen kritisieren wollte. Der Angeklagte habe erkennbar auf eine formale, nicht eine inhaltliche Analogie zur NS-Herrschaft zum Ausdruck gebracht.
Vor dem Amtsgericht Bamberg hatte Rosenthal sich auf Hannah Arendt und ihre Forderung berufen, den Anfängen totalitärer Tendenzen zu begegnen. Er hatte außerdem als Anlass für sein Kunstwerk auf einen Tweet des CSU-Abgeordneten Thomas Huber verwiesen, der einen Impfaufruf auf der Plattform Twitter mit dem Hashtag (Betreff) #Impfenmachtfrei versehen hatte.
Ausstellung in Leipzig
Eine Ausstellung mit Arbeiten von Simon Rosenthal wird am 18. September in der Galerie Zentrale Randerscheinung in Leipzig eröffnet. Dort stehen seine politischen Arbeiten zu Corona und Bellizismus im Vordergrund. In der Zeitschrift Kulturpolitik 2/24 beschreibt Simon Rosenthal seinen künstlerischen Ansatz so:
„Dank meiner vielen Jahre des Studiums verschiedenster Fächer, habe ich einen ganz guten moralischen Kompass und einen recht großen geistigen Werkzeugkasten, um die täglich eintrommelnden Informationsprojektile noch im Flug zu entschärfen. Die Trümmer transformiere ich in Kunstwerke, die ich in einer Art öffentliche Therapiesituation der Gesellschaft zur Verfügung stelle. Meine Therapeutika sind Provokation, Konfrontation, Humor und Bildungsvermittlung“
Ob die bayerischen Staatsanwälte, wie vom Revisionsgericht nahegelegt, den Revisionsantrag zurückzieht, oder weiter auf eine Neuverhandlung bestehen, ist offen. Es gibt ungute Präzedenzfälle aus anderen Bundesländern. So hat die Staatsanwaltschaft in Baden-Württemberg Querdenken-Gründer Michael Ballweg über Jahre gerichtlich verfolgt und ihn neun Monate in Untersuchungshaft stecken lassen, bevor sie am Ende eine krachende Bauchlandung erlebte.
Die Berliner Staatsanwaltschaft ging gegen einen Freispruch des Schriftstellers und Dramatikers C.J. Hopkins in Berufung und hatte damit Erfolg. Er wurde in der Berufungsinstanz wegen Nazi-Verharmlosung verurteilt, weil er ein Foto des Covers seines Buches „The Rise of the New Normal Reich“ auf den digitalen Medien geteilt hatte. Auf einem darauf abgebildeten Mundschutz war bei genauem Hinsehen ein durchscheinendes Hakenkreuz zu erkennen.
Dabei kann er auf Titelbilder deutschet Illustrierter verweisen, die ein Hakenkreuz in ähnlichere Weise wie er verwendeten, um die Öffentlichkeit vor dem Aufstieg einer neuen Form des Totalitarismus zu warnen. Der Spiegel tat das sogar mit dem exakt gleichen künstlerischen Konzept wie er, mit einem (deutlicher erkennbaren) Hakenkreuz auf einer Deutschlandfahne.
Die Staatsanwaltschaften hatten nichts gegen das Cover des Spiegel und ähnliche von anderen Zeitschriften einzuwenden. Das ist auch kein Wunder, denn dabei ging es gegen die Oppostionspartei AfD. In Deutschland sind die Staatsanwaltschaften an Weisungen der Regierungen gebunden. Das schafft bei politischen Verfahren gewissen Interessenkonflikte. Aus diesem Grund werden von deutschen Staatsanwaltschaften ausgestellte Haftbefehle international nicht akzeptiert. Damit sie international akzeptiert werden, müssen sie von Richtern ausgestellt werden.
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