Der 2. Corona-Untersuchungsausschuss des Brandenburger Landtags wurde auf Antrag der dortigen AfD-Fraktion eingesetzt, um das politische Handeln von Landesregierung und Behörden in (einem bestimmten Zeitabschnitt) der Corona-Krise kritisch zu beleuchten. Den Vorsitz hat ein Vertreter der CDU.
Über mehrere Sitzungen mit Zeugenbefragungen berichtete der Nordkurier, aber sonst abseits der neuen Medien kaum jemand. Diese Berichte stießen den Verantwortlichen in der Landtagsverwaltung sehr sauer auf. Ihr Pressesprecher schrieb einen großteils in Form rhetorischer Fragen gegossenen Protestbrief an den Chefredakteur des Nordkurier. Dieser veröffentlichte nun sowohl den Protestbrief als auch seine selbstbewusste Antwort darauf. Im Folgenden Highlights aus beiden Schriftstücken, die Sie zur Gänze im Bericht des Nordkuriers über die Kontroverse finden.
Ich persönlich finde, nur in Punkt 3 hat der Pressesprecher einen halbwegs validen Punkt. Das öffentliche Informationsinteresse an der durchaus interessanten Rolle und dem Hintergrund der Referentin des Ausschussvorsitzenden hätte man auch dann noch umfänglich befriedigen können, wenn man sie Dr. G. genannt hätte, statt ihren Namen auszuschreiben. Die in diesem Zusammenhang vom Pressesprecher angeführten Einschätzungen des Verfassungsschutzes sind aber irgend etwas zwischen albern und Einschüchterungsversuch.
Beschwerdebrief des Pressesprechers der Landtagsverwaltung (Auszug)
„1. Wie erklärt es sich, dass Herr Debionne berichtet, als habe er persönlich als Zuhörer/-schauer an den Sitzungen teilgenommen? Für beide genannten Sitzungstermine war er unter seinem Namen weder als Medienvertreter noch als Besucher angemeldet. (…) In diesem Zusammenhang stellt sich zudem die Frage, wie das vom „Nordkurier“ zum Bericht am 18.10.23 verwendete Foto entstanden sein kann. Als Quelle ist online ZVG angegeben, was auch „zur Verfügung gestellt“ bedeutet; von wem, das ist nicht ersichtlich oder nachvollziehbar. Offenbar stammt das Foto nicht von Herrn Debionne selbst.
2. Wie ist zu erklären, dass in der Überschrift des Artikels am 18.10.23 behauptet wird, es habe „Frage-Verbote“ gegeben? Das Brandenburger Untersuchungsausschussgesetz, das von den Vorsitzenden aller Untersuchungsausschüsse im Landtag anzuwenden ist und angewendet wird, sieht klare Regen für die Befragung von Zeuginnen und Zeugen vor. Von einem angeblichen „Frage-Verbot“ kann keine Rede sein. (…)
3. Was hat den Autor und den „Nordkurier“ bewogen, mehr als die Hälfte des Artikels am 18.10.23 der Person einer Ausschussreferentin zu widmen? Die mehrmals mit vollem Namen erwähnte Kollegin arbeitet dem Ausschuss zu und bereitet die Sitzungen vor; (…) Nach Auffassung sowohl des Bundesamtes für Verfassungsschutz als auch des Verfassungsschutzes Brandenburg gehen die von Einzelpersonen und Personenzusammenschlüssen in diesem Zusammenhang öffentlich geäußerten Meinungen und Aktionen in einigen Fällen über einen legitimen Protest hinaus und weisen tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen auf. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf ein sich daraus ergebendes mögliches Gefährdungspotential kommt dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Kollegin bei der nach dem Pressekodex erforderlichen Abwägung ein besonderes Gewicht zu. (…)
4. Aus welchem Grund wurde (…) aus vertraulichen Unterlagen des Ausschusses zitiert, obwohl dem Autor und der Zeitung nachweislich bekannt war, dass diese Unterlage nicht zur Veröffentlichung bestimmt war? (…)“
Antwort von Nordkurier-Chefredakteur Gabriel Kords (Auszüge)
„Ihr Schreiben vom 26. Oktober 2023 habe ich erhalten und bin über Form und Inhalt gleichermaßen befremdet. Mir stellen sich seit der Lektüre fundamentale Fragen zu Ihrem Amtsverständnis und Ihrem Verständnis von Pressefreiheit (…)
1. Dass Herr Debionne nicht als Pressevertreter angemeldet war, heißt nicht, dass er an der Sitzung nicht teilgenommen hat – es handelte sich um eine öffentliche Sitzung, die von Jedermann besucht werden konnte. Was ich mit Ihren Ausführungen zum Foto anfangen soll, erschließt sich mir auch unabhängig davon nicht.
2. Dass sich die von Ihnen skizzierten Regelungen und Abläufe durchaus unter der Formulierung „Frage-Verbot “subsumieren lassen, steht für mich außer Zweifel. (…)
3. Dass Sie die namentliche Nennung (…) für unangemessen halten, nehme ich zur Kenntnis. Ich will Ihren Ausführungen in aller Deutlichkeit entgegenhalten, dass weder Sie persönlich noch die Landtagsverwaltung zu entscheiden haben, was von öffentlichem Interesse ist (…).
4. Die Berichterstattung über vertrauliche Unterlagen gehört zu den Kernaufgaben der freien Presse und unterliegt, wie Ihnen bekannt sein müsste, sogar dem besonderen Schutz des Grundgesetzes und weiterer Normen. Insofern bin ich über Ihre Frage nachgerade entgeistert; eine Beantwortung verbietet sich. (…)“