Eine Schweizer Spitzenuniversität als Waffe im Propagandakrieg zwischen Nato und Russland

18. 10. 2024 | Die Universität Zürich veranstaltet eine Ringvorlesung über „Globale Narrative der Desinformation“, aber nur die russischen. Die Veranstaltungen richten sich ausdrücklich an Forscher in der ganzen Welt. Sie werden im Internet übertragen und live ins Russische übersetzt. Nichts in der Beschreibung, der Liste der Vortragenden und den Titeln der Vorträge deutet an, dass dabei etwas vorgetragen werden könnte, was nicht genauso gut den Textschmieden von Nato-Propagandainstituten entstammen könnte.

Die Dozenten der Vorlesungsreihe sind oppositionelle Journalisten aus Russland und Belarus, sowie Wissenschaftler mit Fokus auf Desinformation, Geheimdienste und Russland. Die bereits gehaltenen Vorträge werden auch als Youtube-Videos zum Abruf bereitgehalten, jeweils in russischer und in deutscher oder englischer Sprache. Eine Geheimdienst-Mitarbeit oder -Zuarbeit gibt keiner der Vortragenden in seinem Lebenslauf an, nur dass die eine oder andere in Russland als ausländische Agentin klassifiziert sei.

Ein Auszug aus der Beschreibung zeigt, dass die Hörer der noch bis 17.12. laufenden Vorlesungsreihe keine objektive Wissenschaft erwarten sollten:

„Während einige Narrative aus der literarischen Phantastik, der Science Fiction oder aus nationalen Mythen stammen könnten, wiederholen andere historische Erzählungen, die z. B. auf Antisemitismus oder politischem und kulturellem Othering gründen. Oft wird von Russland eine antiimperialistische, antifaschistische oder postkoloniale Absicht reklamiert, um den eigenen Imperialismus und Faschismus zu verdecken.“

So hat etwa im September laut Programm die im lettischen Exil arbeitende russische Journalistin Masha Borzunova analysiert, wie die russische „Propaganda“ von den Nazis in der ukrainischen Regierung, von denen man in den deutschen Medien bis vor zehn Jahren einiges lesen konnte, in Russland ankommt.

Beim Anschauen des Vortrags von Roman Horbyk von der Uni Zürich auf der Youtube-Seite der Vorlesungsreihe, dachte ich ganz kurz, ich müsse mein Urteil revidieren oder abschwächen, als er sagte, Propaganda und Desinformation seien kein rein russisches Metier, sondern ein globales Phänomen im Informationskrieg. Als er dann aber lediglich China und Indien als weitere Akteure auf diesem Feld erwähnte und die Nato komplett aussparte, war der Eindruck, den das Programm vermittelt hatte, stattdessen eindrucksvoll bestätigt. Offenbar ist nicht einmal eine kurze Feigenblatt-Einräumung im Rahmen dieser Veranstaltung möglich, dass auch die Nato, als Gegnerin Russlands im Informationskrieg, Propaganda betreibt. Wenn in der Vorlesungsreihe vergleichende Analyse der Propaganda betrieben wird, dann wird nur Sowjet-Propaganda mit russischer oder russische mit chinesischer verglichen.

Ein Highlight der Wissenschaftlichkeit wird sicher, wenn am 10.12. Viktor Marinov und Gabriele Scherndl vom Faktenchecker-Kollektiv Correctiv, das von der Bundesregierung und allerlei politisch aktiven US-Milliardärsstiftungen finanziert wird, über deutschsprachige russische Desinformation referieren dürfen. Beaufsichtigt von einer US-Militärberaterin und finanziert von der EU ist Correctiv als Teil der Organisation Gadmo bei der Abwehr von regierungskritischen Narrativen tätig, die russische Desinformation sein könnten oder sich als solche diskreditieren lassen.

Fazit

Egal ob es ein großer Coup der Nato-Kommunikationsstrategen ist, die wichtigste Universität der neutralen Schweiz für diese Vorlesungsreihe gewonnen zu haben, oder ob diese vom dortigen Slavischen Seminar in Eigenregie konzipiert wurde: Man darf wohl ein Versagen der zuständigen Instanzen der Universität bei der Sicherstellung von Wissenschaftlichkeit und Neutralität feststellen, wenn sich ein Institut derart einer Seite in einem geopolitischen Informationskrieg als Waffe zur Verfügung stellt.

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